Aufbau des deutschen Rechtssystems

Einstieg und Bedeutung

Wer als Apothekerin oder Apotheker in Deutschland tätig ist, begegnet einer Vielzahl an Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien. Um sich sicher im Berufsalltag zu bewegen, ist es unerlässlich, das deutsche Rechtssystem in seinen Grundzügen zu verstehen. Nur so lassen sich rechtliche Vorgaben richtig einordnen, Verantwortlichkeiten erkennen und eigene Handlungsspielräume sicher nutzen.

Das deutsche Rechtssystem ist dabei streng hierarchisch und unterscheidet unterschiedliche Rechtsbereiche. Dies ist sowohl im Berufsalltag als auch im Examen ständig relevant – etwa, wenn zu klären ist, ob eine Regelung in der Apotheke auf einem Gesetz, einer Verordnung oder einer Satzung basiert.

Grundlegender Aufbau und Ordnungsprinzipien

Im Zentrum des deutschen Rechtssystems steht das Grundgesetz, die Verfassung Deutschlands. Sämtliche Gesetze und andere Rechtsvorschriften müssen mit dem Grundgesetz vereinbar sein. Dieses Prinzip bezeichnet man als Normenhierarchie oder auch als “Rangfolge der Rechtsnormen”.

Wichtig:
Einen ausführlichen Überblick über die genaue Rangfolge der Rechtsnormen („Normenpyramide“) und deren Auswirkungen in der Praxis behandeln wir im nächsten Kapitel.

Direkt unter dem Grundgesetz folgen Bundesgesetze, weitere Vorschriften wie Rechtsverordnungen und Satzungen. Welcher Art eine Regelung ist, hat Auswirkungen auf deren Reichweite und rechtliche Verbindlichkeit – ein Aspekt, der im Folgenden noch vertieft wird.

Warum ist die Unterscheidung für die Apotheke entscheidend?
Im Apothekenalltag begegnen Ihnen rechtliche Vorgaben unterschiedlicher „Schwere“. Während Verstöße gegen Bundesgesetze wie das Arzneimittelgesetz strafrechtliche Konsequenzen haben können, führen Verstöße gegen Satzungen in der Regel zu berufsrechtlichen Maßnahmen. Das Verständnis, welche Regelung „schwerer wiegt“, schützt Sie vor Fehlern und unnötigen Risiken.

Öffentliche und private Rechtsbereiche – Bedeutung für die Berufspraxis

Das Recht wird in Deutschland vor allem danach unterschieden, zwischen welchen Beteiligten die Regelungen wirken:

  • Öffentliches Recht: Regelt das Verhältnis zwischen Staat und Bürger, etwa Verwaltungsrecht (wie Aufsicht über Apotheken) oder Strafrecht.
  • Privatrecht (Zivilrecht): Betrifft die Rechtsbeziehungen zwischen gleichberechtigten Personen, z. B. Verträge mit Kunden oder Lieferanten (BGB).

Für Apotheken ist diese Unterscheidung zentral: Je nach Rechtsbereich gelten unterschiedliche Verfahrensregeln, Klagemöglichkeiten und Konsequenzen.

Die Rolle von EU-Recht im deutschen System

Durch die EU-Mitgliedschaft unterliegen wichtige Bereiche des Apothekerrechts europäischen Vorgaben. EU-Recht nimmt in vielen Fällen Vorrang vor nationalem Recht – etwa bei Berufsqualifikationen oder Arzneimittelzulassung. Die meisten EU-Vorgaben benötigen jedoch eine Umsetzung in nationales Recht und müssen mit dem Grundgesetz vereinbar sein.

Wer setzt das Recht durch? – Gewaltenteilung

Das deutsche Rechtssystem basiert auf dem Prinzip der Gewaltenteilung:

  • Legislative (gesetzgebende Gewalt): Erlässt Gesetze (z. B. Bundestag/Bundesrat).
  • Exekutive (ausführende Gewalt): Führt Gesetze aus (Ministerien, Apothekenaufsicht).
  • Judikative (rechtsprechende Gewalt): Entscheidet bei Streitfällen oder Verstößen (Gerichte).

Für angehende Apotheker:innen ist es wichtig zu wissen, an welche Instanzen man sich bei Unsicherheiten oder Problemen wenden kann.

Unterschiedliche Rechtsakte: Gesetze, Verordnungen, Satzungen, Verwaltungsvorschriften

In der Apothekenpraxis begegnen Ihnen verschiedene Arten von Rechtsvorschriften:

  • Gesetze: Vom Parlament verabschiedet, regeln grundlegende Anforderungen (z. B. Arzneimittelgesetz).
  • Rechtsverordnungen: Von der Exekutive auf Grundlage eines Gesetzes erlassen, konkretisieren Details (z. B. Apothekenbetriebsordnung).
  • Satzungen: Von Körperschaften wie Kammern oder Gemeinden erlassen, regeln spezielle Fragen vor Ort.
  • Verwaltungsvorschriften: Interne Regeln für Behörden; binden primär das Verwaltungshandeln, aber selten unmittelbar den Bürger.

Die Unterscheidung ist essenziell, da Verstöße gegen unterschiedliche Rechtsakten verschiedene Folgen haben.

Zusammenfassung

Das deutsche Rechtssystem bildet das Fundament, auf dem alle pharmazeutischen Tätigkeiten basieren. Wer die grundlegenden Strukturen, die Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Vorschriften sowie die verschiedenen Arten von Rechtsakten kennt, kann rechtliche Vorgaben sicher zuordnen und sich geschützt im Berufsalltag bewegen.

Hinweis:
Die genaue Rangfolge der Rechtsnormen und deren praktische Bedeutung werden im nächsten Kapitel ausführlich erläutert.

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