§ 13
- Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Die in Anlagen I und II bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden.
(1a) Zur Deckung des nicht aufschiebbaren Betäubungsmittelbedarfs eines ambulant versorgten Palliativpatienten darf der Arzt diesem die hierfür erforderlichen, in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel in Form von Fertigarzneimitteln nur dann überlassen, soweit und solange der Bedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden kann; die Höchstüberlassungsmenge darf den Dreitagesbedarf nicht überschreiten. Der Bedarf des Patienten kann durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden, wenn das erforderliche Betäubungsmittel 1. bei einer dienstbereiten Apotheke innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten nicht vorrätig ist oder nicht rechtzeitig zur Abgabe bereitsteht oder 2. obwohl es in einer Apotheke nach Nummer 1 vorrätig ist oder rechtzeitig zur Abgabe bereitstünde, von dem Patienten oder den Patienten versorgenden Personen nicht rechtzeitig beschafft werden kann, weil a) diese Personen den Patienten vor Ort versorgen müssen oder auf Grund ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht in der Lage sind, das Betäubungsmittel zu beschaffen, oder b) der Patient auf Grund der Art und des Ausmaßes seiner Erkrankung dazu nicht selbst in der Lage ist und keine Personen vorhanden sind, die den Patienten versorgen. Der Arzt muss unter Hinweis darauf, dass eine Situation nach Satz 1 vorliegt, bei einer dienstbereiten Apotheke nach Satz 2 Nummer 1 vor Überlassung anfragen, ob das erforderliche Betäubungsmittel dort vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht. Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 und die Anfrage nach Satz 3 muss der Arzt mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Überlassen der Betäubungsmittel an gerechnet, aufbewahren: 1. den Namen des Patienten sowie den Ort, das Datum und die Uhrzeit der Behandlung, 2. den Namen der Apotheke und des kontaktierten Apothekers oder der zu seiner Vertretung berechtigten Person, 3. die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels, 4. die Angabe der Apotheke, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht, 5. die Angaben über diejenigen Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 ergibt. Über die Anfrage eines nach Satz 1 behandelnden Arztes, ob ein bestimmtes Betäubungsmittel vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht, muss der Apotheker oder die zu seiner Vertretung berechtigte Person mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Tag der Anfrage an gerechnet, aufbewahren: 1. das Datum und die Uhrzeit der Anfrage, 2. den Namen des Arztes, 3. die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels, 4. die Angabe gegenüber dem Arzt, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht. Im Falle des Überlassens nach Satz 1 hat der Arzt den ambulant versorgten Palliativpatienten oder zu dessen Pflege anwesende Dritte über die ordnungsgemäße Anwendung der überlassenen Betäubungsmittel aufzuklären und eine schriftliche Gebrauchsanweisung mit Angaben zur Einzel- und Tagesgabe auszuhändigen.
(1b) Abweichend von Absatz 1 dürfen die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel durch Notfallsanitäter im Sinne des Notfallsanitätergesetzes ohne vorherige ärztliche Anordnung im Rahmen einer heilkundlichen Maßnahme verabreicht werden, wenn diese nach standardisierten ärztlichen Vorgaben handeln, ein Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann und die Verabreichung zur Abwendung von Gefahren für die Gesundheit oder zur Beseitigung oder Linderung erheblicher Beschwerden erforderlich ist. Die standardisierten ärztlichen Vorgaben müssen 1. den handelnden Notfallsanitätern in Textform vorliegen, 2. Regelungen zu Art und Weise der Verabreichung enthalten und 3. Festlegungen darüber treffen, in welchen Fällen das Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann.
Die nach Absatz 1 verschriebenen Betäubungsmittel dürfen nur im Rahmen des Betriebs einer Apotheke und gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Diamorphin darf nur vom pharmazeutischen Unternehmer und nur an anerkannte Einrichtungen nach Absatz 3 Satz 2 Nummer 2a gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke dürfen nur die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel und nur zur Anwendung bei einem vom Betreiber der Hausapotheke behandelten Tier abgegeben werden.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Verschreiben von den in Anlage III bezeichneten Betäubungsmitteln, ihre Abgabe auf Grund einer Verschreibung und das Aufzeichnen ihres Verbleibs und des Bestandes bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, in Apotheken, tierärztlichen Hausapotheken, Krankenhäusern, Tierkliniken, Alten- und Pflegeheimen, Hospizen, Einrichtungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, Einrichtungen der Rettungsdienste, Einrichtungen, in denen eine Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, und auf Kauffahrteischiffen zu regeln, soweit es zur Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs erforderlich ist. Insbesondere können
- das Verschreiben auf bestimmte Zubereitungen, Bestimmungszwecke oder Mengen beschränkt,
- das Verschreiben von Substitutionsmitteln für Drogenabhängige von der Erfüllung von Mindestanforderungen an die Qualifikation der verschreibenden Ärzte abhängig gemacht und die Festlegung der Mindestanforderungen den Ärztekammern übertragen, 2a. das Verschreiben von Diamorphin nur in Einrichtungen, denen eine Erlaubnis von der zuständigen Landesbehörde erteilt wurde, zugelassen, 2b. die Mindestanforderungen an die Ausstattung der Einrichtungen, in denen die Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, festgelegt,
- Meldungen a) der verschreibenden Ärzte an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über das Verschreiben eines Substitutionsmittels für einen Patienten in anonymisierter Form, b) der Ärztekammern an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen und Mitteilungen c) des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden und an die verschreibenden Ärzte über die Patienten, denen bereits ein anderer Arzt ein Substitutionsmittel verschrieben hat, in anonymisierter Form, d) des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen, e) des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die obersten Landesgesundheitsbehörden über die Anzahl der Patienten, denen ein Substitutionsmittel verschrieben wurde, die Anzahl der Ärzte, die zum Verschreiben eines Substitutionsmittels berechtigt sind, die Anzahl der Ärzte, die ein Substitutionsmittel verschrieben haben, die verschriebenen Substitutionsmittel und die Art der Verschreibung sowie Art der Anonymisierung, Form und Inhalt der Meldungen und Mitteilungen vorgeschrieben,
- Form, Inhalt, Anfertigung, Ausgabe, Aufbewahrung und Rückgabe des zu verwendenden amtlichen Formblattes für die Verschreibung, das Verfahren für die Verschreibung in elektronischer Form sowie Form und Inhalt der Aufzeichnungen über den Verbleib und den Bestand der Betäubungsmittel festgelegt und
- Ausnahmen von § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c für die Ausrüstung von Kauffahrteischiffen erlassen werden. Für das Verfahren zur Erteilung einer Erlaubnis nach Satz 2 Nummer 2a gelten § 7 Satz 2 Nummer 1 bis 4, § 8 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3 Satz 1 bis 3, § 9 Absatz 2 und § 10 entsprechend. Dabei tritt an die Stelle des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte jeweils die zuständige Landesbehörde, an die Stelle der zuständigen obersten Landesbehörde jeweils das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Empfänger nach Satz 2 Nr. 3 dürfen die übermittelten Daten nicht für einen anderen als den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte handelt bei der Wahrnehmung der ihm durch Rechtsverordnung nach Satz 2 zugewiesenen Aufgaben als vom Bund entliehenes Organ des jeweils zuständigen Landes; Einzelheiten einschließlich der Kostenerstattung an den Bund werden durch Vereinbarung geregelt.
Überblick und Geltungsbereich
§13 BtMG legt die zentralen Regelungen zur Verschreibung, Abgabe und Verwendung von Betäubungsmitteln, insbesondere aus Anlage III, fest. Der Paragraph sichert dabei einen verantwortungsvollen, eng reglementierten Umgang für verschreibungsberechtigte Berufsgruppen – zum Schutz von Patienten und zur Bekämpfung von Missbrauch.
Verschreibungsbefugnis und Anwendungsbereich
Betäubungsmittel der Anlage III dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten im Rahmen einer begründeten Behandlung verschrieben oder verabreicht werden.
Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann.
Heißt: Einsatz ist nur dann zulässig, wenn es keine gleichwertige, risikoärmere Alternative gibt. Eine bloße Wunschverschreibung ist ausgeschlossen.
Anlage I und II-Betäubungsmittel dürfen grundsätzlich nicht zu therapeutischen Zwecken verschrieben oder abgegeben werden. Diese Stoffe sind für den Verkehr außerhalb eng gefasster Ausnahmefälle (z.B. Forschung) tabu.
Sonderfall: Nicht aufschiebbarer Palliativbedarf (§13 Abs. 1a)
In Ausnahmesituationen („nicht aufschiebbarer Bedarf“) darf ein Arzt ambulant versorgten Palliativpatienten Betäubungsmittel aus Anlage III als Fertigarzneimittel direkt überlassen, wenn eine rechtzeitige Versorgung durch Verschreibung nicht möglich ist.
Die maximal gestattete Menge entspricht dem Bedarf für drei Tage. Die Gründe für die Unmöglichkeit der regulären Versorgung sind eng gefasst – zum Beispiel, wenn
- das benötigte BtM in der zuständigen Apotheke nicht vorrätig ist oder
- die Beschaffung für Patient oder Pflegepersonal aus medizinischen oder praktischen Gründen nicht zumutbar oder machbar ist.
Der Arzt muss vorab bei einer dienstbereiten Apotheke anfragen, ob das Arzneimittel vorrätig ist, und darüber exakt dokumentieren.
Dokumentationspflichten für Ärzt:innen:
Folgende Angaben sind mindestens drei Jahre aufzubewahren (ab Überlassung):
- Name des Patienten, Ort, Datum & Uhrzeit der Behandlung
- Name der Apotheke und Kontaktperson
- Bezeichnung des angefragten BtM
- Vorrätigkeit/Auslieferzeitpunkt des BtM in der Apotheke
- Tatsächliche Gründe für das Vorliegen der Ausnahmesituation
Dokumentationspflichten für Apotheken:
Analog dazu müssen Apotheken ihrerseits Name, Zeit, angefragtes BtM und ihre Antwort dokumentieren (drei Jahre Aufbewahrung).
Bei Überlassung muss der Arzt den Patienten oder Betreuer zudem schriftlich zur Anwendung (Einzel- und Tagesgabe) anleiten.
Sonderregel: Notfallsanitäter (§13 Abs. 1b)
Notfallsanitäter dürfen im medizinischen Notfall Anlage III-BtM ohne ärztliche Anordnung verabreichen, wenn:
- sie nach festgelegten ärztlichen Standards handeln (diese müssen schriftlich vorliegen),
- das Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann und
- die Verabreichung lebenswichtig oder zur Linderung erheblicher Beschwerden nötig ist.
Abgabe in Apotheken (§13 Abs. 2)
Die nach Absatz 1 verschriebenen Betäubungsmittel dürfen nur im Rahmen des Betriebs einer Apotheke und gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden.
- Abgabe ist ausschließlich autorisierten Apotheken vorbehalten; Ausnahme: Tierärztliche Hausapotheken mit strikter Zweckbindung auf behandeltes (!) Tier.
- Für Diamorphin gelten besonders strenge Vorschriften: Abgabe nur durch pharmazeutische Unternehmer an zugelassene Einrichtungen.
Verordnungsermächtigungen und Sonderregelungen (§13 Abs. 3)
Die Bundesregierung darf Details zur Verschreibung und Abgabe von Anlage III-BtM durch Rechtsverordnung festlegen (z. B. Mengenbeschränkungen, spezielle Anforderungen an die ärztliche Qualifikation für Substitution). Ebenso geregelt werden kann:
- Meldungen und Kontrollen (z. B. anonymisierte Patienten- und Arztmeldungen ans BfArM)
- Festlegung und Verwaltung der BtM-Rezepte und der Dokumentationspflichten
- Ausnahme- und Sonderregelungen für Kauffahrteischiffe
Nur im Rahmen klar definierter Standards – sowohl bei Verschreibung als auch Abgabe – dürfen Betäubungsmittel in der Versorgung eingesetzt werden. Für Palliativpatienten und Notfallsituationen gelten sorgfältig kontrollierte Ausnahmen, mit spezifischen Dokumentations- und Aufklärungspflichten sowie strenger Überwachung und Auswertung durch Bund und Länder.
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