Wechseljahresbeschwerden (Klimakterium)

Krankheitsbild

Das Klimakterium (Wechseljahre) bezeichnet eine mehrjährige Phase hormoneller Umstellung bei Frauen, die sich um die letzte Monatsblutung (Menopause) herum vollzieht. Die Eierstöcke produzieren zunehmend weniger Östrogene, was den Hormonhaushalt stark beeinflusst. Dadurch entstehen typische Symptome:

  • Leitsymptome: Hitzewallungen, plötzliche Schweißausbrüche, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, depressive Verstimmungen und Konzentrationsprobleme.
  • Spätere Manifestationen: Scheidentrockenheit, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, vermehrte Blasenbeschwerden wie Drang oder leichte Inkontinenz.
  • Langfristige Veränderungen: Erhöhtes Risiko für Osteoporose und Knochendichteverlust durch den Östrogenmangel.

Die Beschwerden sind individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt. Manche Frauen haben kaum Symptome, andere fühlen sich stark beeinträchtigt. Urogenitale Veränderungen bleiben meist länger bestehen, wenn keine Therapie erfolgt.

Therapieziele der Selbstmedikation sind vor allem die Linderung typischer leichter bis mittelschwerer Symptome (insbesondere Hitzewallungen und Schlafstörungen) sowie die Unterstützung des Wohlbefindens im Alltag. Nicht behandelbar sind in der Selbstmedikation schwere oder ungewöhnliche Beschwerden, ausgeprägte psychische Störungen, sowie eine effektive Prävention von Langzeitfolgen wie Osteoporose.

Pharmazeutische Anamnese

Die zuverlässige Auswahl rezeptfreier Arzneimittel erfordert eine gezielte Abklärung folgender Aspekte im Gespräch:

  • Art, Dauer und Verlauf der Beschwerden: Welche Symptome treten auf (z. B. überwiegend Hitzewallungen, Schlafstörungen, depressive Verstimmung etc.)? Seit wann und in welchem Muster? Eher neuer Beginn oder schon länger bestehend?
  • Schweregrad und Beeinträchtigung: Wie stark wird der Alltag beeinträchtigt? Liegen erhebliche Stimmungsschwankungen oder Schlaflosigkeit vor?
  • Begleitsymptome: Blutungsstörungen, ungewöhnliche Unterleibsschmerzen, auffällige vaginale Beschwerden, auffällige Brustveränderungen.
  • Vorerkrankungen und Risikokonstellationen: Bestehen (frühere) hormonabhängige Tumorerkrankungen (z. B. Brustkrebs, Endometriumkarzinom)? Lebererkrankung? Schilddrüsenprobleme?
  • Alter, Schwangerschaft, Stillzeit: Ist eine Schwangerschaft noch möglich/nicht ausgeschlossen?
  • Aktuelle Medikation: Auch selbst gekaufte Präparate, insbesondere gegen depressive Verstimmung, Schlafprobleme oder zur Osteoporoseprophylaxe.

Bei erstmaligem Auftreten, untypischen Symptomen oder schwerer Beeinträchtigung: ärztliche Abklärung vor Therapiebeginn – dies gilt es im Gespräch aktiv zu thematisieren.

Nichtmedikamentöse Basismaßnahmen

Nichtmedikamentöse Optionen sind immer erste Maßnahmen und können die Beschwerden oft spürbar lindern:

  • Regelmäßige körperliche Aktivität (auch moderat!), ggf. Gewichtsoptimierung bei Übergewicht
  • Schlafhygiene (z. B. feste Schlafzeiten, ruhige Umgebung, abendliche Rituale)
  • Stressmanagement, achtsamkeitsbasierte Verfahren oder kognitive Verhaltenstechniken
  • Auswahl bequemer, luftiger Kleidung, Raumtemperatur regulieren
  • Bei Scheidentrockenheit: Vermeidung reizender Substanzen (z. B. parfümierte Intimpflegeprodukte), pflegende Gleitgele
  • Beckenbodentraining und gezielte Übungen zur Stärkung des Urogenitaltrakts

Bei wiederkehrenden Harnwegsinfekten: auf ausreichend Flüssigkeitszufuhr und angemessene Genitalhygiene achten.

Arzneimittel

Phytoöstrogene

Wirkmechanismus

Isoflavone (z. B. aus Soja oder Rotklee) ähneln als pflanzliche Substanzen strukturell dem körpereigenen Östradiol und können an Östrogenrezeptoren binden, mit deutlich schwächerer Wirkung. Sie wirken primär antiöstrogen bei hoher endogener Östrogenkonzentration (prämenopausal), schwach östrogen bei niedrigem Spiegel (postmenopausal). Potenziell lindernd auf Hitzewallungen und vasomotorische Symptome. Die Evidenz ist jedoch sehr begrenzt und teilweise widersprüchlich.

Arzneistoffe

Geeignete Präparate enthalten standardisierte Isoflavon-Extrakte (Soja-Isoflavone, Rotklee-Isoflavone), teils auch als Kombinationspräparat. Darreichungsformen: Tabletten, Kapseln.

Besonderheiten: Bei Allergie gegen Hülsenfrüchte oder Soja nicht anwenden. Bei bekannter oder vermuteter Jodmangelversorgung kann die Schilddrüsenfunktion beeinträchtigt werden.

Beratung

  • Einnahme täglich, am besten zur gleichen Tageszeit, Anwendung meist über mehrere Wochen
  • Wirkungseintritt frühestens nach 2–4 Wochen
  • Nebenwirkungen: selten gastrointestinale Beschwerden, gelegentlich allergische Reaktionen
  • Nicht geeignet bei bestehender oder früher hormonabhängiger Tumorerkrankung (Brust, Uterus, Ovar)!
  • Kontrolle bei anhaltenden oder neuen Beschwerden, insbesondere ungewöhnlichen Blutungen
  • Kinder, Schwangere und Stillende: keine Anwendung
  • Schilddrüsenerkrankungen: Wechselbeziehungen beachten; ggf. Rücksprache mit Arzt empfohlen

Cimicifuga (Traubensilberkerze)

Wirkmechanismus

Standardisierte Extrakte aus den Wurzeln der Traubensilberkerze besitzen vermutlich antigonadotrope/neuromodulierende Effekte: verminderte Ausschüttung von luteinisierenden Hormonen, Beeinflussung von Dopamin/Serotonin im ZNS. Es entsteht eine milde Linderung vasomotorischer und psychischer Symptome, wobei der Hormonstatus nicht direkt verändert wird. Achtung: keine echte „Östrogenwirkung“ (relevant bei onkologischer Vorgeschichte).

Arzneistoffe

  • Extrakte aus Cimicifuga racemosa, meist als Tabletten oder Filmtabletten (standardisiert auf bestimmte Wirkstoffgehalte)

Wirkstoffe sind rezeptfrei, stellen bei leichteren Beschwerden eine Option dar.

Beratung

  • Einnahme täglich über längeren Zeitraum (mindestens einige Wochen)
  • Wirkungseintritt nach ca. 2–4 Wochen, Linderung vasomotorischer Beschwerden möglich
  • Nebenwirkungen: gelegentlich Magenbeschwerden, Hautausschläge. Sehr selten (diskutiert): schwere Leberschädigung
  • Warnzeichen wie dunkler Urin, Gelbfärbung der Haut, ausgeprägte Müdigkeit sofort ärztlich abklären lassen!
  • Nicht anwenden bei Lebererkrankung oder hormonabhängigen Malignomen
  • Keine Anwendung in Schwangerschaft/Stillzeit, Kinder ausgeschlossen

Rhapontik Rhabarber

Wirkmechanismus

Extrakte aus dem Rhapontik-Rhabarberwurzelstock enthalten Stilbene, die an Östrogenrezeptoren binden. Es findet eine gewisse agonistische Wirkung an den β-Östrogenrezeptoren statt, so dass leichte Besserungen vasomotorischer Symptome beobachtet werden. Die Studienlage ist jedoch weiterhin limitiert.

Arzneistoffe

  • Trockenextrakt aus Rhapontik-Rhabarberwurzel – als Tabletten/Dragees.

Standardisierung und Dosierung auf den Wirkstoffgehalt beachten.

Beratung

  • Einnahme gemäß Packungsbeilage, nicht länger als einige Monate ohne ärztliche Kontrolle
  • Zu Beginn mindestens 4–6 Wochen zur Wirkbewertung einplanen
  • Nebenwirkungen: selten Magen-Darm-Beschwerden, allergische Reaktionen
  • Nicht anwenden bei hormonabhängigen Tumoren oder ungeklärten Blutungen
  • Kinder, Schwangere, Stillende: nicht geeignet

Johanniskraut (bei psychovegetativen Beschwerden)

Wirkmechanismus

Johanniskraut stabilisiert vermutlich die Neurotransmitter-Balance (Serotonin, Noradrenalin, Dopamin) im Gehirn und wird bei leichten depressiven Verstimmungen eingesetzt; kann auch positiv auf Schlafstörungen wirken.

Arzneistoffe

  • Standardisierte Johanniskraut-Trockenextrakte (z. B. Kapseln, Tabletten)

Beratung

  • Anwendung bei leichten, vorübergehenden Verstimmungen, keine Selbstmedikation bei schwerer Depression!
  • Wirkungseintritt nach 2–4 Wochen
  • Typische Nebenwirkungen: Hautreaktionen (erhöhte Lichtempfindlichkeit), gelegentlich Magen-Darm-Beschwerden
  • Interaktionsrisiko!! Induktion von CYP3A4, Abschwächung von Wirkstoffen wie Antikoagulantien, Kontrazeptiva, Immunsuppressiva etc.
  • Schwangerschaft, Stillzeit, Kinder: kontraindiziert oder nur nach Rücksprache

Sedierende Antihistaminika und pflanzliche Sedativa (bei Schlafstörungen)

Wirkmechanismus

Niedrig dosierte sedierende Antihistaminika (z. B. Diphenhydramin) blockieren H1-Rezeptoren im ZNS, fördern Einschlafen. Pflanzliche Präparate wie Baldrian, Hopfen oder Melisse haben sanft schlaffördernde und beruhigende Effekte.

Arzneistoffe

  • Diphenhydramin (als Dragee oder Tropfen)
  • Baldrianwurzel, Hopfenblumen (Monopräparate oder Kombinationen), meist als Tabletten, Dragees, Tees

Beratung

  • Einnahme kurz vor dem Zubettgehen, nicht länger als 1–2 Wochen in Eigenregie
  • Vorsicht: Tagesmüdigkeit, erhöhtes Sturzrisiko bei älteren Patientinnen!
  • Nicht mit Alkohol/anderen sedierenden Arzneimitteln kombinieren
  • Bei längerem Bedarf oder fehlender Wirkung: ärztliche Abklärung

Produkte zur lokalen Befeuchtung und Pflege

Wirkmechanismus

Lokale Gels, Cremes oder Zäpfchen befeuchten die Vaginalschleimhaut unmittelbar und lindern Trockenheitsgefühl sowie Schmerzen beim Geschlechtsverkehr.

Arzneistoffe

  • Wasserbasierte Gele, pflegende Cremes auf Lipid- oder Silikonbasis

Ergänzend: Milchsäure-Präparate zur Stabilisierung des Scheidenmilieus.

Beratung

  • Anwendung je nach Bedarf, regelmäßig für anhaltende Befeuchtung
  • Kein Einfluss auf den Hormonhaushalt, daher sicher bei onkologischer Vorgeschichte
  • Produkte dienen nur der symptomatischen Linderung, meist solange wie angewendet

Ab wann zum Arzt?

  • Plötzlicher Beginn oder erstmanifestierende Hitzewallungen, starke Schweißausbrüche
  • Ungeklärte, anhaltende Blutungsstörungen oder Zwischenblutungen außerhalb der letzten Monatsblutung
  • Neu auftretende oder sich verschlechternde depressive Verstimmung, Suizidgedanken, ausgeprägte Angstzustände
  • Auffällige Brustveränderungen: Knoten, Schmerzen, Sekretion
  • Anhaltende oder unklare Unterleibsbeschwerden
  • Symptome einer Leberfunktionsstörung (z. B. Gelbverfärbung, dunkler Urin, starke Müdigkeit)
  • Rezidivierende Harnwegsinfekte, sichtbares Blut im Urin oder ausgeprägte Blasenschwäche
  • Fehlen einer Besserung nach 4–8 Wochen Selbstbehandlung
  • Schwangerschaftsverdacht

Risikogruppen: Hormonabhängige Vorerkrankungen, jüngere Patientinnen (<40 Jahre, primäre Ovarialinsuffizienz?), Frauen mit starker Einschränkung der Lebensqualität.

Zusammenfassung

Zentrale Symptome Wichtige Wirkstoffklassen Kernaussagen zur Beratung
Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, depressive Verstimmung, Scheidentrockenheit, Blasenprobleme - Phytoöstrogene (Isoflavone)
- Cimicifuga
- Rhapontik Rhabarber
- Johanniskraut
- Sedierende Antihistaminika/Pflanzliche Sedativa
- Lokale Befeuchtungsprodukte
Ausschluss ernster Ursachen bei ersten/untypischen Beschwerden, Anwendungsdauer und Erwartungen klar besprechen, Nutzen-Risiko individuell bewerten, Kontraindikationen und Wechselwirkungen müssen beachtet werden; Nach 4–8 Wochen ohne Besserung Arztkontakt, Warnzeichen sofort.

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