Maßnahmen der Ersten Hilfe

Grundprinzipien bei Erste-Hilfe-Maßnahmen

In der Offizin kannst du jederzeit auf medizinische Notfälle treffen. Zügiges, strukturiertes Handeln ist dann gefragt: Zentrale Priorität hat immer dein Eigenschutz – du kannst nur helfen, wenn du selbst nicht gefährdet bist. Bevor du eingreifst, verschaffe dir einen kurzen Überblick: Gibt es Gefahren wie Strom, Chemikalien, Blut, aggressives Verhalten? Erst wenn die Situation sicher ist, kannst du gezielt und effizient helfen.

Das weitere Vorgehen folgt einem klaren Schema: Betroffene betreuen, Notruf absetzen, Erste Hilfe nach Fähigkeiten leisten und auf professionelle Unterstützung warten. Die Aufgaben im Team gilt es vorab zu klären, damit wertvolle Zeit nicht verloren geht.

TipDer Rolle des Apothekers

Apotheker:innen sind Teil der Rettungskette. Es wird erwartet, dass du Notfälle korrekt erkennst, souverän einschätzt, selbstständig Erste Hilfe leistest und professionelle Hilfe nahtlos integrierst.

Die Rettungskette in der Apotheke

Die Rettungskette beschreibt die Abfolge der einzelnen Maßnahmen von der Erkennung des Notfalls bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes:

  1. Eigenschutz und Überblick gewinnen
  2. Notruf absetzen (112)
  3. Lebensrettende Sofortmaßnahmen (Atemweg – Atmung – Kreislauf)
  4. Weitere Erste Hilfe (z.B. Wundversorgung, Betreuung)
  5. Übergabe und Kommunikation mit Rettungsdienst

Der Notruf muss unbedingt vollständig und verständlich übermittelt werden:

  • Wer ruft an? (Name, Rückrufnummer)
  • Wo ist es passiert? (genaue Adresse, ggf. Besonderheiten wie Stockwerk)
  • Was ist passiert? (Art des Notfalls)
  • Wie viele sind betroffen?
  • Warten auf Rückfragen! (Nicht vorzeitig auflegen)

Erstbeurteilung des Betroffenen

Sobald du zur betroffenen Person gehst, läuft die Initialbeurteilung ab:

  • Ansprache: „Können Sie mich hören? Wie heißen Sie?“
  • Reaktion: Wenn keine Reaktion → Bewusstlosigkeit annehmen
  • Atmung prüfen: Kopf überstrecken, Atmung hören, fühlen, sehen

Maßnahmen je nach Befund:

  • Keine normale Atmung: Sofort Herzdruckmassage beginnen, AED organisieren, 112 verständigen (falls noch nicht erfolgt)
  • Bewusstlos, aber Atmung vorhanden: Stabile Seitenlage, Atemwege sichern, engmaschige Überwachung
  • Kreislauf stabil, aber Symptome (z.B. Schwindel, Schock): Flach lagern (Beine hoch), warmhalten, ruhig betreuen, keine Getränke geben bei Bewusstseinsstörung, Vitalzeichen beobachten
TipLebensbedrohliche Zustände erkennen

Priorität auf mögliche Störungen bei:

  • Atemweg- oder Atemnot
  • Kreislaufkollaps
  • Bewusstseinsstörungen

Bei Unsicherheit immer Notruf!

Typische Notfälle in der Apotheke: Richtige Reaktion

Allergische Reaktionen/Anaphylaxie

Rasche Identifikation (Atemnot, Hautausschlag, Schwellungen, Kreislaufprobleme), pharmazeutisch unterstützende Maßnahmen ggf. bereitstellen (Adrenalin-Autoinjektor, falls vorhanden), unverzüglich 112 verständigen.

Epileptischer Anfall

Betroffenen sichern (Gegenstände wegräumen, Kopf polstern) – keine Zwangsmaßnahmen! Nach Anfall Atmung prüfen. Bei anhaltender Bewusstlosigkeit oder Atemproblemen → Rettungsdienst rufen. Keine orale Arzneimittelgabe oder Flüssigkeit.

Schwindel, Synkope, Kreislaufversagen

Person flach lagern, Beine hoch (Schocklage, nur wenn keine Verletzungen dagegen sprechen), beengende Kleidung öffnen, engmaschig überwachen. Keine aktive Bewegung oder Flüssigkeiten bei Bewusstseinsstörung.

Schlaganfallverdacht

Plötzliche Lähmungen, Sprachstörungen, Sehstörungen, Bewusstseinsstörung → sofort handeln: Keine Beratung, sondern umgehend den Notruf absetzen.

Warnzeichen Notfallmaßnahme
Halbseitige Schwäche 112 verständigen, ruhig betreuen
Sprach-/Verständigungsstörung 112, Position sichern
Hängender Mundwinkel 112, weiter beobachten

Wunden und Blutungen

Unterscheide zwischen kleiner Alltagsverletzung (Selbstmedikation) und echter Notfallsituation:

  • Starke Blutung: Sofort direkte Blutstillung durch Druck, sterile Abdeckung, Hochlagerung wenn möglich. Bei starker, tiefer oder anhaltender Blutung unverzüglich Krankenhaus/112.
  • Oberflächliche Wunden: Steril abdecken, Tetanus-Status erfragen, ggf. Beratung zu Wundversorgung und Beobachtung.

Bei Wunden immer auch Infektionsrisiko beachten!

Fremdkörper im Auge

Nicht reiben! Möglichst mit steriler Kochsalzlösung spülen. Bei Verletzungsverdacht, Verätzungen oder anhaltendem Schmerz: sofort ärztlich abklären lassen.

Vergiftungen

Keine Experimente! Kein Erbrechen auslösen. Erst Vitalfunktionen sichern, dann Information einholen:

  • Art der Substanz
  • Menge, Zeitpunkt, Applikationsweg
  • Personendaten (Alter, Gewicht)
  • Symptome, Vorerkrankungen, aktuelle Arzneimittel

Kontaktaufnahme zur Giftnotrufzentrale (z.B. Universitätsklinikum Bonn: 0228 19240). Anweisungen abwarten.

Innerbetriebliche Erste Hilfe in der Apotheke

Bereitstellung von Verbandkasten, Notfallausstattung (z.B. Handschuhe, Beatmungsmaske, AED, Kühlakkus). Benannte und geschulte Ersthelfer sind Pflicht. Dokumentation jedes Vorfalls ist unerlässlich.

Regelmäßige Unterweisung und Auffrischung der Erste-Hilfe-Kenntnisse sichern deine Handlungskompetenz.

TipWichtig zu wissen

Deine Hilfsleistung muss sich auf das beschränken, was du fachlich sicher beherrscht. Bei Unsicherheit frühzeitig professionelle Hilfe anfordern!

Kommunikation, Betreuung und Teamarbeit

Neben den medizinischen Maßnahmen ist schnelle, ruhige, empathische Ansprache zentral. Gerade im Team sollten Aufgaben klar verteilt werden: Wer bleibt beim Betroffenen? Wer ruft 112? Wer führt Helfende ein und sorgt für freie Wege?

Sichere und einfühlsame Kommunikation stabilisiert Betroffene und Angehörige und verhindert das Eskalieren von Panik oder Unsicherheit.

Zusammenfassung

  • Immer zuerst Eigenschutz, dann Hilfeleistung
  • Schnelle, systematische Erkennung und Einschätzung; Notruf 112 absetzen bei allen vitalen Bedrohungen
  • Prioritäten: Atemwege sichern, Atmung prüfen, Kreislauf erhalten
  • Typische Notfälle: allergischer Schock, Krampfanfall, Schlaganfall, Kreislaufversagen, Vergiftung
  • Notfallmaßnahmen klar von Beratung und Selbstmedikation abgrenzen
  • Teamorganisation in der Apotheke, Notfallausrüstung bereithalten, Routinen regelmäßig üben
  • Kommunikation und Betreuung sind ein wichtiger Teil gelungener Erster Hilfe

Du bist als angehende:r Apotheker:in mehr als nur Berater – im Notfall kannst du ein entscheidendes Bindeglied in der Rettungskette sein.

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