Fieberhafte Erkrankungen (Fieber)

Krankheitsbild

Fieber ist eine durch das körpereigene Temperaturzentrum (Hypothalamus) gesteuerte Erhöhung der Körperkerntemperatur, meistens als Reaktion auf Infektionen oder entzündliche Prozesse. Ausgangspunkt ist oft die Freisetzung von entzündungsfördernden Botenstoffen (z. B. Interleukine, Prostaglandine), welche den Sollwert der „Körperheizung“ nach oben verschieben. Klinisch ist Fieber ein Zeichen für die Aktivierung des Immunsystems und tritt häufig bei viralen oder bakteriellen Infekten, aber auch bei Impfreaktionen, Autoimmunerkrankungen oder seltener bei Tumoren auf.

Leitsymptome von Fieber sind: - Erhöhte Körpertemperatur: Definitionsgemäß beginnt Fieber ab 38,0 °C (rektal gemessen), ab 38,5 °C gilt die Schwelle zur Behandlungsüberlegung. - Allgemeines Krankheitsgefühl, Schüttelfrost, Muskel- und Kopfschmerzen, Schwitzen oder Frieren.

Typische Ursachen: Atemwegs- und Harnwegsinfekte, Infekte im Kindesalter, Impfreaktionen. Seltener: rheumatische oder onkologische Erkrankungen.

Die Therapie in der Selbstmedikation richtet sich auf Symptomlinderung, z. B. Besserung von Unwohlsein oder Schlafstörungen, Vermeidung von Dehydratation oder Komplikationen. Ziel ist nicht zwingend das Erreichen normaler Temperatur, denn Fieber unterstützt oft die Abwehrarbeit des Körpers.

Grenzen der Selbstmedikation: - Behandlung richtet sich auf gut kontrollierte Begleitbeschwerden, eine umfassende Abklärung und kausale Behandlung z. B. bakterieller Infekte bleibt ärztlich. - Hyperthermie ist vom Fieber abzugrenzen (Temperaturanstieg ohne Sollwertanhebung, keine Wirkung von Antipyretika, z. B. Hitzschlag).

Pharmazeutische Anamnese

Vor einer Empfehlung zur Fiebersenkung in der Selbstmedikation ist eine gezielte pharmazeutische Anamnese unerlässlich:

  • Art und Beginn des Fiebers: Plötzlicher oder schleichender Verlauf? Wie wurde gemessen?
  • Dauer der Temperaturerhöhung: Seit wann besteht Fieber?
  • Höhe des Fiebers: Wie hoch ist die Temperatur (gemessen und wie)?
  • Begleitsymptome: Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, Atemnot, Hautausschlag, Bewusstseinsstörung, Krampfanfälle, Erbrechen, Durchfall etc.
  • Alter des Patienten: Besonderheiten bei Säuglingen, Kindern und älteren Menschen.
  • Schwangere/Stillende: Besonderer Beratungsbedarf.
  • Vorerkrankungen: Immunsuppression, Leber- oder Nierenerkrankungen, Blutungsanamnese, chronische Erkrankungen.
  • Bestehende Arzneimitteltherapie: Besonders NSAR, Paracetamol-haltige Kombipräparate, Antikoagulanzien.
  • Eigenbehandlung bisher: Welche Mittel, wie oft, welche Dosis bereits eingenommen?

Der Fokus liegt auf der Einschätzung, ob eine Selbstbehandlung sicher und vertretbar ist oder ob ein Arztbesuch nötig ist.

Nichtmedikamentöse Basismaßnahmen

Nichtmedikamentöse Maßnahmen zur Unterstützung während fieberhafter Erkrankungen:

  • Ausreichende Flüssigkeitszufuhr (präventiv gegen Dehydratation)
  • Körperliche Ruhe, Vermeidung von Anstrengung
  • Anpassung der Umgebung: Angenehme Raumtemperatur, leichte Kleidung
  • Körperliche Kühlung: Zusatzoption bei warmen (nicht kalten) Extremitäten, z. B. lauwarme Wadenwickel
  • Regelmäßige Kontrolle der Temperatur (idealerweise immer auf die gewählte Messmethode achten!)
  • Leichte, bekömmliche Kost, keine Essenszwänge

Diese Maßnahmen sind Begleitung, kein Ersatz für notwendige Arzneimittel oder Arztkontakte bei schwerem Verlauf!

Arzneimittel

Paracetamol

Wirkmechanismus

Paracetamol wirkt zentral im Gehirn, indem es die Prostaglandinsynthese im ZNS hemmt. Dieser Mechanismus setzt direkt am Temperatur-Set-Point im Hypothalamus an und führt zur Senkung des Fiebers (antipyretisch) sowie zur Linderung von Schmerzen (analgetisch), allerdings kaum antiinflammatorisch.

Paracetamol ist häufig Mittel der Wahl bei Fieber im Kindesalter und bei Schwangeren.

Arzneistoffe

  • Paracetamol (Tabletten, Saft, Zäpfchen, Pulver)
  • Gute Steuerbarkeit sowie kinderfreundliche Applikationsformen.

Besonderheiten: - Kein typisches Blutungs- oder Magenulcusrisiko - Vorsicht bei Lebererkrankungen und chronischem Alkoholmissbrauch

Beratung

  • Dosierung streng alters- und gewichtsspezifisch wählen (bei Kindern: 10–15 mg/kg pro Gabe, max. 60 mg/kg/Tag)
  • Mindestabstand zwischen den Einzeldosen: 4–6 Stunden
  • Tageshöchstdosis nicht überschreiten
  • Überdosierungen vermeiden: Warnhinweis auf Kombinationspräparate!
  • Wirkungseintritt nach ca. 30–60 Minuten, Wirkdauer 4–6 Stunden
  • Nebenwirkungen: Selten Hautreaktionen, Überdosierung führt zu akuter Lebertoxizität (Leberschädigung!)
  • Kontraindikationen: Schwere Leberfunktionsstörungen, akute Hepatitis
  • Wechselwirkungen: z. B. mit anderen hepatotoxischen Substanzen
  • Schwangerschaft: Bevorzugte Option, aber niedrigste wirksame Dosis und möglichst kurze Anwendung!
TipAchtung Leber!

Eine Überdosierung von Paracetamol kann zu schweren Leberschäden führen – gerade bei Kindern und Alkoholkranken höchste Vorsicht.

Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR, z. B. Ibuprofen)

Wirkmechanismus

NSAR hemmen die Cyclooxygenase (COX) und damit Enzym-gestützt die Prostaglandinsynthese. Sie wirken so: - Antipyretisch: Fiebersenkung über Herabsetzung des Sollwertes im Hypothalamus. - Analgetisch: Schmerzlinderung - Antiphlogistisch (entzündungshemmend).

NSAR sind Mittel der ersten Wahl bei gutem Allgemeinzustand und Abwesenheit von Risikofaktoren.

Arzneistoffe

  • Ibuprofen (Tabletten, Saft, Suspension, Zäpfchen)
  • Andere NSAR wie Diclofenac, Naproxen sind ebenfalls wirksam, werden bei Fieber in der Selbstmedikation jedoch seltener bevorzugt.

Besonderheiten: - Ibuprofen vor allem geeignet bei begleitenden Schmerzen/Entzündungsanzeichen - Nicht geeignet bei Vorerkrankungen von Magen, Niere oder Herz

Beratung

  • Dosierung: alters- und gewichtsbasiert (bei Kindern ca. 7–10 mg/kg pro Gabe, max. 30 mg/kg/Tag), Mindestabstand 6 Stunden zwischen den Einzeldosen
  • Einnahme zu oder nach einer Mahlzeit zur Magenentlastung
  • Nebenwirkungen: Magenbeschwerden, Blutungen, Nierenfunktionsstörungen, in seltenen Fällen allergische Reaktionen
  • Kontraindikationen: Magen-Darm-Ulcus, Niereninsuffizienz, vorbestehende Herzinsuffizienz, ausgeprägte Dehydratation, Asthma (Vorsicht), Thrombozytopenie
  • Schwangerschaft: Nicht im 3. Trimenon anwenden!
  • Wechselwirkungen: ACE-Hemmer, Diuretika, andere NSAR erhöhen Nebenwirkungsrisiko
  • Kinder <6 Monate dürfen kein Ibuprofen erhalten

Acetylsalicylsäure (ASS)

Wirkmechanismus

Wie klassische NSAR, COX-Hemmung, antipyretisch/analgetisch/antiphlogistisch. Wegen spezifischer Risiken in der Fieberbehandlung selten eingesetzt.

Arzneistoffe

  • Acetylsalicylsäure (Tabletten, Brausetabletten)
  • Nicht für Kinder/Jugendliche mit fieberhaften viralen Infekten!

Besonderheiten: - ASS kann bei Kindern (v.a. nach Virusinfekt) das seltene, aber lebensgefährliche Reye-Syndrom auslösen - Blutungsgefahr, Asthmarisiko, Magenreizungen/Magenblutungen

Beratung

  • Bei Fieber im Kindes- und Jugendalter streng kontraindiziert!
  • Erwachsene: Nicht bei Blutungsneigung, Ulcus, Asthma bronchiale
  • Wechselwirkungen: Antikoagulanzien, Methotrexat, Alkohol
  • Schwangerschaft/Stillzeit: kontraindiziert

Ab wann zum Arzt?

Unverzügliche ärztliche Abklärung ist geboten bei:

  • Säuglingen unter 3 Monaten mit Fieber (>38 °C)
  • Kleinkindern <2 Jahren mit Fieber über >24 h
  • Andauerndem Fieber (>3 Tage) oder Fieber >39,5 °C
  • Plötzlicher Bewusstseinsstörung, Desorientierung, Krampfanfällen
  • Nackensteifigkeit, starken Kopfschmerzen
  • Atemnot, Blässe/Blaufärbung, ausgeprägte Exsikkose
  • Petechialem Hautausschlag (klinischer Verdacht auf Sepsis/Meningitis)
  • Immunsuppression, schwere Grunderkrankungen
  • Fieber nach Fernreisen
  • Fehlen einer Besserung trotz Therapie oder Verschlimmerung unter Einnahme

Wichtig: Jede unsichere Situation, Zweifel am Allgemeinzustand oder der Anamnese lieber einmal zu oft als zu selten weiterverweisen!

TipSicherheit zuerst!

Fieber ist häufig harmlos – gefährlich sind Warnsignale, individuelle Risiken und unklare Verläufe. Besser früh handeln als Komplikationen riskieren!

Zusammenfassung

Leitsymptome Wirkstoffklassen Kernaussagen zur Beratung
- Erhöhte Temperatur (≥38 °C) Paracetamol - Symptome lindern, Dosierung alters-/gewichtsgerecht
- Lebertoxizität bei Überdosierung vermeiden
- Schwangere: bevorzugtes Mittel
- Kombipräparate checken
- Krankheitsgefühl, Abgeschlagenheit Ibuprofen (NSAR) - Einnahme zu/nach Essen, Nieren-/Magenrisiken beachten
- Nicht im 3. Trimenon, nicht bei Ulcus, Asthma, Dehydratation
- Dosierungsabstände streng einhalten
- Gliederschmerzen, Schüttelfrost Acetylsalicylsäure (ASS) - ASS bei Fieber für Kinder/Jugendliche kontraindiziert (Reye!)
- Blutungsrisiko berücksichtigen
- Begleitende Symptome (Schmerzen)
- Warnzeichen: Bewusstseinsstörung, Nackensteifigkeit, Exsikkose, Krämpfe, Petechien - Bei schweren Symptomen oder Risikogruppen immer Arztkontakt!

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