Raucherentwöhnung / Nikotinersatztherapie
Krankheitsbild
Nikotinabhängigkeit ist eine chronische Suchterkrankung, die sich durch eine körperliche und psychische Abhängigkeit von Nikotin auszeichnet. Tabakrauchen aktiviert das sympathische Nervensystem, mit kurzfristigem Blutdruck- und Pulsanstieg sowie insgesamt gefäßverengenden Effekten. Langfristig erhöht das Rauchen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen und verschiedene Krebsarten.
Leitsymptome beim Rauchstopp sind Entzugssymptome wie starkes Rauchverlangen (Craving), Unruhe, Reizbarkeit, Konzentrationsstörungen, Appetitsteigerung und depressive Verstimmung. Diese Symptome sind bei intensiver Nikotinabhängigkeit mitverantwortlich für häufige Rückfälle.
Häufige Auslöser des Rauchverlangens sind Alltagsroutinen, emotionale Ausnahmesituationen, Stress und gesellschaftlicher Druck.
Ziel der Selbstmedikation ist es, Entzugssymptome zu lindern, das Rauchverlangen kontrollierbar zu machen und Patienten im selbstbestimmten Rauchstopp zu unterstützen. Komplette Abstinenz ist dabei das Ziel, wobei die Selbstmedikation insbesondere bei leicht- bis mittelgradiger Nikotinabhängigkeit und im Rahmen einer freiwilligen Rauchstopp-Motivation sinnvoll ist. Komplizierte Entwöhnungsfälle oder ausgeprägte psychische Komorbidität gehören in ärztliche Behandlung.
Pharmazeutische Anamnese
Eine strukturierte Anamnese bildet die Basis für die Auswahl und Anwendung der Nikotinersatztherapie. Folgende Punkte sind wichtig zu klären:
- Art und Verlauf: Seit wann besteht der Wunsch, mit dem Rauchen aufzuhören? Sind bereits frühere Versuche erfolgt?
- Konsumverhalten: Wie viele Zigaretten werden täglich geraucht? Wann nach dem Aufstehen wird die erste Zigarette konsumiert?
- Schweregrad der Abhängigkeit: Besteht morgendliches Drangrauchen? Gibt es ein starkes Verlangen in bestimmten Situationen?
- Subjektive Beeinträchtigung: Wie stark sind das Rauchverlangen und potenzielle Entzugssymptome?
- Begleiterkrankungen: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, psychiatrische Vorerkrankungen, Hyperthyreose, Ulzera, Haut- oder Zahnprobleme
- Besondere Lebenslagen: Schwangerschaft, Stillzeit, Kinder im Haushalt
- Medikation und Selbstmedikation: Welche weiteren Arzneimittel werden eingenommen? Bestehen potenzielle Wechselwirkungen?
Die Anamnese entscheidet über die Auswahl der geeigneten Arzneimittelform, Dosis und die Notwendigkeit ärztlicher Mitbehandlung.
Nichtmedikamentöse Basismaßnahmen
Begleitend zur Arzneimitteltherapie sind lebensnahe, nichtmedikamentöse Strategien wichtig:
- Beobachtung und Dokumentation des eigenen Rauchverhaltens (z. B. Rauchtagebuch)
- Identifikation und Vermeidung typischer Auslösesituationen, feste Ausstiegspläne und Zielvereinbarungen
- Entwicklung von Stressbewältigungsstrategien (z. B. Ablenkung, Entspannungsübungen, Bewegung)
- Teilnahme an Beratungsprogrammen, Unterstützung durch Familie und soziales Umfeld
- Hinweise zu gesunder Ernährung und Bewegung, um Gewichtszunahme vorzubeugen
- Rückfallprävention: Umgang mit Rückschlägen, Motivation zur sofortigen Wiederaufnahme des Rauchstopps
Arzneimittel
Wirkmechanismus
Nikotin, der Hauptauslöser der Sucht, wirkt am nikotinergen Acetylcholinrezeptor im zentralen Nervensystem. Die kontrollierte Zufuhr von Nikotin über Arzneimittelprodukte (Nikotinersatztherapie) beugt Entzugssymptomen vor, indem ein stabiler Nikotinspiegel ohne Schwankungen und ohne Schadstoffe des Tabakrauchs aufrechterhalten wird.
Pflaster sorgen für eine kontinuierliche Basisversorgung mit Nikotin über 16-24 Stunden, während Kaugummis, Lutschtabletten, Mundsprays und Inhaler eine raschere Wirkung bei akuten Craving-Situationen bieten. Die Kombination aus Pflaster plus Bedarfstherapie ist insbesondere bei starker Abhängigkeit sinnvoll. Ziel ist es außerdem, die Dosis schrittweise zu reduzieren und schließlich einen nikotinfreien Zustand zu erreichen.
Arzneistoffe
Geeignete Wirkstoffe und Darreichungsformen zur Nikotinersatztherapie sind:
- Nikotin-Pflaster: Transdermal, langwirksam für den Grundbedarf (meist 16- oder 24-Stunden-Pflaster)
- Nikotinkaugummis: Meist 2 mg oder 4 mg, für akuten Bedarf
- Nikotintabletten/Lutschtabletten: 1 mg oder 2 mg, ebenfalls für das akute Rauchverlangen
- Nikotininhaler: Imitiert das Rauchritual, schnelle Bedarfswirkung
- Nikotin-Mundspray: Sehr schneller Wirkungseintritt, gezielt gegen starkes Craving
Relevante Besonderheiten:
- Die Dosisauswahl richtet sich nach der täglichen Zigarettenmenge (meist >20 Zigaretten/Tag → hohe Dosis; <10 Zigaretten/Tag → niedrige Dosis); bei Unsicherheiten eher höher beginnen und rasch anpassen.
- Kaugummis und Lutschtabletten sind auch für einzelne Situationen flexibel einsetzbar.
- Inhaler bieten eine psychologisch unterstützende Hand-zu-Mund-Bewegung.
Beratung
Optimale Beratung umfasst:
- Anwendung/Dosierung: Dosierung orientiert sich am bisherigen Zigarettenkonsum; korrekte Handhabung ist entscheidend (z. B. Kauen-und-Pausieren-Technik bei Kaugummis: langsam kauen, dann im Mund „parken“).
- Einnahmezeitpunkt: Pflaster morgens aufkleben, täglich wechseln; Bedarfkspräparate nach Craving.
- Wirkungseintritt: Pflaster - Wirkungseintritt innerhalb von 1-2 Stunden; Kaugummis, Lutschtabletten, Inhaler, Sprays - Wirkung innerhalb von Minuten.
- Anwendungsdauer: Empfohlene Gesamtdauer ca. 8-12 Wochen, danach stufenweise Reduktion der Dosis.
- Nebenwirkungen:
- Pflaster: Hautreizungen, Schlafstörungen (besonders bei 24-Stunden-Pflastern)
- Kaugummis: Mundschleimhautreizungen, Schluckauf
- Inhaler/Spray: Halsschmerzen, Hustenreiz
- Kontraindikationen: Frischer Myokardinfarkt, instabile Angina pectoris, akute Arrhythmien, schwere Hyperthyreose, unbehandelte Magen-/Darm-Ulzera; bei Schwangerschaft/Stillzeit und ausgeprägten Herz-Kreislauf-Erkrankungen nur nach Rücksprache mit dem Arzt.
- Wechselwirkungen: Nikotininduzierte Enzymaktivität kann den Stoffwechsel anderer Arzneistoffe beeinflussen; Absinken dieser Aktivität bei Rauchstopp erhöht u. U. Wirkspiegel von z. B. Theophyllin, Clozapin, Insulin.
- Besondere Hinweise für Risikogruppen:
- Kinder (versehentliche Aufnahme): Strikte sichere Aufbewahrung!
- Schwangere/Stillende: Anwendung nur in ärztlicher Rücksprache.
- Bei Hauterkrankungen (bei Pflaster), Zahnproblemen (bei Kaugummis), Asthma/COPD (bei Inhaler) individuelle Beratung zu Arzneiform.
Außerdem: Patienten auf den Nutzen der Betreuung durch Selbsthilfegruppen und strukturierte Entwöhnungsprogramme hinweisen. Offene Rücksprache über Motivationsschwankungen und Rückfälle!
Wähle die Nikotinmenge der Ersatzpräparate passend zum bisherigen Konsum aus (Orientierung: Zigarettenanzahl/Tag). Ermutige zum Kombinieren von Pflaster für den Grundbedarf mit Bedarfstherapie gegen akute Rauchlust. Erläutere die richtige Anwendung (z. B. Kauen-Parken bei Kaugummi), gib klare Hinweise zu Dauer und Ausweichen auf andere Nikotinersatzpräparate bei Nebenwirkungen.
Ab wann zum Arzt?
Folgende Situationen machen eine ärztliche Abklärung zwingend erforderlich:
- Warnsymptome wie Brustschmerzen, Herzrhythmusstörungen, Atemnot, Schwindel
- Patienten mit frischem Herzinfarkt, kürzlich durchgemachtem Schlaganfall oder instabiler Angina pectoris
- Ausgeprägte psychische Begleiterkrankungen oder schwere Entzugssymptome, die nicht beherrschbar sind
- Fehlende Besserung der Symptome bzw. wiederholte Rückfälle trotz korrekter Anwendung
- Schwangerschaft, Stillzeit, Kinder oder Jugendliche
- Komplexe Begleiterkrankungen (z. B. schwere Leber-, Nierenerkrankungen)
- Verdacht auf Nikotinüberdosierung (Übelkeit, Erbrechen, Schweißausbruch, tachykarde Herzfrequenz)
- Hautprobleme bei Anwendung von transdermalen Pflastern; schwere Zahn-/Mundprobleme bei oralen Nikotinpräparaten
Die Entscheidung für verschreibungspflichtige Entwöhnungsarzneimittel wie Bupropion oder Vareniclin bleibt ärztlich.
Zusammenfassung
| Zentrale Symptome | Wichtige Wirkstoffklassen | Kernaussagen zur Beratung |
|---|---|---|
| Rauchverlangen, Unruhe, Reizbarkeit, Konzentrationsprobleme, depressive Verstimmung | Nikotin (Pflaster, Kaugummi, Lutschtablette, Inhaler, Mundspray) | Dosis nach Konsum wählen, Kombi aus Pflaster + Bedarf sinnvoll, Anwendungstechnik (z. B. Kauen-Parken), Kontraindikationen beachten, schrittweise Dosisreduktion, Rückfälle offen ansprechen, ärztliche Abklärung bei Warnzeichen, Schwangerschaft/Stillzeit und komplexen Vorerkrankungen. |
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