Freigabeprüfung und Abgabe

Grundlagen der Freigabeprüfung

Bevor ein in der Apotheke hergestelltes Rezeptur- oder Defekturarzneimittel an die Patientin oder den Patienten abgegeben werden darf, ist die Freigabeprüfung der zentrale und letzte Qualitätsschritt. Ziel ist es, die Unbedenklichkeit, Identität und Qualität der Arzneimittelzubereitung sicherzustellen – und das immer unter pharmazeutischer Verantwortung.

Die Freigabeprüfung darf erst dann durchgeführt werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Herstellung und Abfüllung sind abgeschlossen
  • Kennzeichnung wurde korrekt angebracht
  • Alle vorgesehenen Inprozesskontrollen wurden durchgeführt und dokumentiert

Elemente der Freigabeprüfung

Die eigentliche Freigabe erfolgt immer durch eine approbierte Person (Apothekerin oder Apotheker) und umfasst mindestens:

  • Abgleich mit Verordnung bzw. Rezepturanforderung (Identität, Dosierung, Darreichungsform)
  • Vollständigkeit und Plausibilität der Herstellungsdokumentation (z. B. Einwaagen, Prozessparameter)
  • Ergebnis der Inprozesskontrollen (Dokumentation, Einhaltung von Soll-Bedingungen)
  • Sensorische Endprüfung (Aussehen, Konsistenz, Geruch, Farbe, eindeutige Homogenität, Freiheit von Fremdpartikeln)
  • Kontrolle der Kennzeichnung (Inhalt, Dosierung, Anwendung, Haltbarkeit, Warn-/Hinweise)
  • Prüfen, ob ggf. alle wichtigen Applikationshilfen beigelegt wurden

Bei Defekturen ist die Prüfung strukturierter – hier sind Probenahme, Prüfmethoden, Prüfarten und Akzeptanzkriterien schriftlich festzulegen.

TipWichtige Regel

Die Freigabe ist stets vor der Abgabe schriftlich zu dokumentieren – mit Datum und Namenszeichen im jeweils passenden Protokoll.

Nur abgeben nach Freigabe

Eine Abgabe an die/den Patient:in oder ein Krankenhaus darf ausschließlich nach positiv durchgeführter und dokumentierter Freigabe erfolgen.

Sollten bei der Freigabeprüfung Mängel oder Abweichungen festgestellt werden, entscheidet die Apothekerin oder der Apotheker:

  • Ist eine Nachbesserung möglich? Dann erfolgt die Beseitigung des Mangels mit erneuter Prüfung.
  • Ist eine Nachbesserung nicht möglich? Ansatz muss verworfen, das Arzneimittel vernichtet werden!

Prüftiefe: Risikoorientierung im Apothekenalltag

Die Tiefe der Freigabeprüfung muss sich stets am Risiko der Zubereitung orientieren. Folgende Faktoren bestimmen die Prüfstrategie:

  • Applikationsweg (z. B. Dermal, oral, parenteral)
  • Darreichungsform (Lösung, Salbe, Kapsel etc.)
  • Eigenschaften des Arzneistoffs (z. B. Wirkstärke, therapeutische Breite, Toxizität)
  • Komplexität und Routine der Herstellung
  • Chargengröße (Einzelrezeptur/Defektur)
  • Vorschriften und anerkannte pharmazeutische Regeln (z. B. Apothekenbetriebsordnung, DAC/NRF)

Im Alltag sind die Prüfungen bei Einzelrezepturen meist pragmatisch und schnell durchführbar, bei Defekturen und höherem Risiko ist ein strukturiertes, schriftliches Prüfkonzept unerlässlich.

Risikostufe Typische Prüfungen Beispiel
Niedrig (einfache nicht-sterile Zubereitung) Organoleptische Prüfung (Aussehen, Geruch, Homogenität), Plausibilitätsprüfung Einfache Creme für topische Anwendung
Mittel (z. B. Lösungen mit Wirkstoffkombination) + Physikalische Prüfungen (pH, Masse, Tropfenzahl, Teilvolumen), ggf. mikrobiologisch Suspension zum Einnehmen
Hoch (toxische, niedrig dosierte oder komplizierte Arzneistoffe) + Quantitative Prüfungen (Gehaltsbestimmung, Gleichförmigkeit, strenge Inprozesskontrolle) Kapseln mit Zytostatika
Sehr hoch (sterile Zubereitung/Infusionslösungen) + Prüfungen auf Sterilität, Endotoxine, engmaschige Prozesshygiene Parenterale Zubereitung

Was wird genau geprüft?

  • Herstellungsprotokoll und Dokumentation: Alle Arbeitsschritte, verwendeten Substanzen, Berechnungen, Ergebnisse der Inprozesskontrollen – vollständig und plausibel festgehalten.
  • Packmittel und Verschlüsse: Passende und geprüfte Primärbehältnisse verhindern Wechselwirkungen und Qualitätsverluste beim Kontakt, während Lagerung und Anwendung.
  • Endprodukt: Sensorik (Aussehen, Geruch, Konsistenz), bei Bedarf pH-Wert, Masse, Gehalt oder gleichförmige Abmessung, Fremdpartikelfreiheit, gegebenenfalls mikrobiologisch (z. B. Keimzahl).
  • Kennzeichnung: Name des Arzneimittels, Stärkenangabe, Haltbarkeitsdatum, Verwendbarkeits- bzw. Aufbrauchfrist, Lagerhinweise (z. B. „Kühl lagern“), Warnhinweise (z. B. „Vor Kindern geschützt aufbewahren“), Anwendungshinweise.
  • Beiliegende Hilfsmittel: Löffel, Spritze usw., falls zur sicheren Anwendung benötigt.
TipTypische Fragen im Beratungsgespräch
  • „Gab es Auffälligkeiten bei der sensorischen Prüfung?“ (Fremdpartikel, Geruch, Fällung?)
  • „Passen Herstellungsdokumentation und Inprozesskontrollen zur geplanten Zubereitung?“
  • „Ist die Kennzeichnung vollständig und spricht sie alle relevanten Warnhinweise an?“
  • „Wurde ein passendes Abgabebehältnis gewählt?“

Abgabe: Was ist zu beachten?

Nach erfolgter Freigabe erfolgt die Abgabe unter Sicherstellung folgender Punkte:

  • Arzneimittelbehältnis und ggf. alle Applikationshilfen werden korrekt übergeben
  • Alle Warnhinweise und Anwendungshinweise befinden sich gut sichtbar auf der Verpackung
  • Eine Beratung des Patienten zur sicheren Handhabung, Dosierung und Lagerung des Arzneimittels erfolgt
  • Die Dokumentation der Abgabe rundet den Herstellungsprozess ab, auch für evtl. Rückfragen, Reklamationen oder Nebenwirkungsmeldungen

Gerade im Bereich Rezeptur und Defektur ist es zentral, auf die individuellen Risiken einzugehen – von niedrigen sensorischen Anforderungen bis hin zu umfangreichen Prüfungen bei sensiblen, sterilen oder toxischen Zubereitungen.

Zusammenfassung

  • Die Freigabeprüfung ist der letzte verpflichtende Qualitätsschritt vor der Abgabe und erfolgt stets durch eine approbierte Person.
  • Die Prüftiefe richtet sich nach Risikoaspekten wie Zubereitungsart, Wirkstoff, Applikationsweg und Chargengröße.
  • Elemente der Freigabeprüfung umfassen Herstellungsprotokoll, Inprozesskontrollen, sensorische Endkontrolle, Packmittelkontrolle sowie Kennzeichnung.
  • Nur nach dokumentierter Freigabe darf die Abgabe erfolgen – inklusive aller Hinweise für eine sichere Anwendung!
  • Rückfragen zur Freigabeprüfung im Beratungsgespräch oder in der eigenen Prüfungspraxis/Apotheke gehören zum pharmazeutischen Alltag. Hier ist ein systematisches, risikoadaptiertes Vorgehen Pflicht.

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