Prüfung

Frage 1

Prüferin: Woran würden Sie in der Apotheke im Rahmen der Plausibilitätsprüfung erkennen, dass bei einer Rezeptur eine Inkompatibilität vorliegen könnte, auch wenn äußerlich zunächst alles unauffällig wirkt?

Im Rahmen der Plausibilitätsprüfung wird eine mögliche Inkompatibilität nicht nur an sichtbaren Effekten festgemacht, sondern vor allem an Risikokonstellationen in Zusammensetzung und Rahmenbedingungen.

Typische Warnsignale sind:

  • pH-kritische Wirkstoffe oder Wirkstoffe mit engem Stabilitätsfenster: Wenn eine Rezeptur Säuren/Basen, Puffer oder pH-ändernde Hilfsstoffe enthält, kann das zu Hydrolyse, Oxidation oder Ausfällung führen, auch ohne sofort sichtbare Veränderung.
  • Kombinationen, die zu Salzbildung führen können (Kation/Anion): Risiko von Fällung oder Wirkverlust.
  • Einsatz von Tensiden/Emulgatoren zusammen mit empfindlichen Wirkstoffen: z. B. können bestimmte phenolische Wirkstoffe in ihrer Wirksamkeit bis zur Inaktivierung beeinflusst werden.
  • Grundlagen-/Emulsionstyp passt nicht zur Art des Wirkstoffs bzw. zur Ausgangszubereitung (z. B. wässrige Lösung in lipophile Grundlage): Risiko einer nicht reproduzierbaren Wirkstoffverteilung und Freisetzung.
  • Mikrobiologisches Risiko: Wenn unklar ist, ob das Konservierungssystem in der konkreten Grundlage und bei den verwendeten Hilfsstoffen noch wirksam ist, kann die hygienische Sicherheit leiden – das ist oft unsichtbar.
  • Unklare oder kritische Packmittel-Konstellationen (Licht, Sorption, Flüchtigkeit, Korrosion): Wirkverlust kann auftreten, ohne dass die Rezeptur optisch auffällig ist.

Praktisch wird das über Abgleich mit DAC/NRF, Stoffdaten (Stabilität, pH, Inkompatibilitäten), Erfahrung und ggf. Herstellerangaben erkannt. Wenn Stabilität oder Sicherheit nicht beherrschbar beurteilbar ist, ist Rücksprache mit dem Arzt erforderlich und ggf. keine Herstellung möglich.

Examens-Tipp: Antworte strukturiert: erst „sichtbar vs. unsichtbar“, dann nenne 3–4 typische Trigger (pH, Salzbildung, Tenside, Grundlage/Emulsion, Konservierung, Packmittel). Damit zeigst du, dass du Inkompatibilitäten nicht nur an Ausfällungen erkennst, sondern vorausschauend prüfst.

Frage 2

Prüferin: Welche Art von Inkompatibilität liegt vor, wenn sich nach dem Anrühren einer Lösung eine Trübung oder ein Bodensatz bildet, und wie ordnen Sie das pharmazeutisch ein?

Eine Trübung oder ein Bodensatz nach dem Anrühren spricht primär für eine physikalische Inkompatibilität, typischerweise durch Ausfällung oder Phasentrennung.

Pharmazeutische Einordnung:

  • Bei einer Ausfällung ist häufig die Löslichkeit des Wirkstoffs/Salzes überschritten oder es kommt durch pH-Verschiebung bzw. Gegenionen zu einem schwerlöslichen Salz. Das kann zu Unterdosierung (Wirkstoff nicht mehr gelöst/gleichmäßig verteilt) und zu Inhomogenität führen.
  • Bei Phasentrennung/Entmischung (z. B. Emulsion instabil) ist die Gleichförmigkeit der Dosis gefährdet; zudem ist die Wirkstofffreisetzung nicht mehr zuverlässig.

Wichtig: Eine sichtbare Veränderung ist ein starkes Qualitätswarnsignal. In der Praxis muss dann geklärt werden, ob eine zulässige, beherrschbare Ursache vorliegt (z. B. durch zulässige pH-Einstellung oder Grundlagenwechsel nach Regelwerk). Ist das nicht sicher beherrschbar oder entspricht die Zubereitung nicht mehr der geforderten Qualität, darf die Rezeptur so nicht abgegeben werden; weitere Schritte erfolgen nach pharmazeutischer Bewertung und ggf. Rücksprache mit dem Arzt.

Examens-Tipp: Sag in der Prüfung zuerst die Kategorie (physikalisch) und leite daraus die Kernfolgen ab: Inhomogenität, Dosierungsunsicherheit, potenzieller Wirkverlust. Danach erst mögliche Ursachen wie pH/Salzbildung/Grundlageninstabilität.

Frage 3

Prüferin: Wie erklären Sie den Zusammenhang zwischen pH-Wert und Stabilität eines Wirkstoffs in der Rezeptur, sodass Sie daraus eine sinnvolle Rezepturentscheidung ableiten können?

Der pH-Wert beeinflusst in Rezepturen zwei zentrale Dinge: chemische Stabilität und Löslichkeit.

  • Chemische Stabilität: Viele Wirkstoffe sind nur in einem bestimmten pH-Bereich stabil. Außerhalb dieses Bereichs können Abbauprozesse wie Hydrolyse stark beschleunigt werden. Praktisch relevant ist das z. B. bei hydrolyseempfindlichen Wirkstoffen (klassisch: bestimmte Antibiotika) oder anderen pH-sensiblen Substanzen.
  • Löslichkeit/Ionisationsgrad: Der pH bestimmt den Ionisationszustand schwacher Säuren/Basen. Verschiebt sich der pH ungünstig, kann die Löslichkeit sinken und der Wirkstoff als schwerlösliches Salz ausfallen. Das führt zu Ausfällung, ungleichmäßiger Verteilung und möglichem Wirkverlust.

Rezepturentscheidung:

  • pH-Risiken werden durch geeignete Grundlagenwahl und ggf. Puffersysteme adressiert, um den pH im stabilen Bereich zu halten.
  • Wenn pH-Einstellung nötig ist, muss sie so gewählt werden, dass Stabilität und Verträglichkeit (z. B. bei dermaler Anwendung) berücksichtigt werden.
  • Wenn die erforderliche pH-Umgebung nicht sicher erreichbar oder kompatibel ist, ist die Rezeptur so nicht plausibel; dann folgt Rücksprache mit dem Arzt bzw. Auswahl einer anderen, regelwerkskonformen Variante (DAC/NRF).

Examens-Tipp: Baue die Antwort als „Stabilität + Löslichkeit“ auf. Wenn du dann noch erwähnst, dass Puffer/Grundlage Werkzeuge zur pH-Steuerung sind und man sich an DAC/NRF orientiert, wirkt das sehr praxisnah.

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