Gastroösophageale Refluxbeschwerden (Sodbrennen)
Krankheitsbild
Gastroösophageale Refluxbeschwerden (umgangssprachlich: Sodbrennen) entstehen durch den Rückfluss von saurem Mageninhalt in die Speiseröhre. Ursache ist meist eine Schwäche des unteren Ösophagussphinkters, der wie ein Ventil zwischen Speiseröhre und Magen funktioniert. Wenn dieser nicht richtig schließt, kann Magensäure die empfindliche Schleimhaut der Speiseröhre reizen.
Typische Symptome sind ein brennendes Gefühl hinter dem Brustbein (retrosternales Brennen), saures Aufstoßen, ein Druck- oder Völlegefühl im Oberbauch, gelegentlich auch Heiserkeit, Hustenreiz oder Übelkeit. Einzelne Episoden sind häufig harmlos, wiederholte oder anhaltende Beschwerden können jedoch zu Schleimhautreizungen, Entzündungen (Refluxösophagitis) und langfristig zu Komplikationen wie Geschwüren führen.
Auslöser sind üppige oder fettreiche Mahlzeiten, Alkohol, kohlensäurehaltige Getränke, Kaffee, Schokolade, Pfefferminze, spätes Essen, Übergewicht, Rauchen, Schwangerschaft und Medikamente, die den Ösophagussphinkter schwächen oder die Schleimhaut reizen (z. B. NSAR, einige Kardiaka, Bisphosphonate).
Ziel der Selbstmedikation ist eine rasche Linderung akuter Beschwerden sowie das Verhindern von Rückfällen und Komplikationen – jedoch nur solange keine Warnzeichen oder komplizierenden Faktoren vorliegen. Die ursächliche Therapie einer behandlungsbedürftigen Refluxkrankheit gelingt in der Selbstmedikation nicht; diese muss stets ärztlich erfolgen.
Pharmazeutische Anamnese
Bevor eine Empfehlung für ein Arzneimittel erfolgt, sind folgende arzneimittelrelevante Punkte zu klären:
- Wie lange und wie häufig bestehen die Beschwerden (akut/chronisch, episodisch/kontinuierlich)?
- Wie stark ist das Sodbrennen – wie stark ist die subjektive Beeinträchtigung?
- Gibt es begleitende oder ungewöhnliche Symptome wie Schluckstörungen, blutiges Erbrechen, Gewichtsverlust, anhaltendes Erbrechen, starke Schmerzen, nächtliche Beschwerden?
- Bekannte Vorerkrankungen (z. B. Magenbeschwerden, Ulkus, Tumorerkrankungen, chronische Nierenerkrankung)?
- Dauerhafte oder aktuelle Einnahme von Arzneimitteln (z. B. NSAR, Bisphosphonate, kardiovaskuläre Medikamente)?
- Schwangerschaft oder Stillzeit, Alter (Kinder, ältere Menschen)?
- Besteht bereits eine ärztliche Diagnose oder laufende ärztliche Therapie?
Ziel ist es, Patient:innen mit Warnhinweisen zu identifizieren (siehe unten), eine sinnvolle Behandlung in der Selbstmedikation einzuleiten und Risiken bei der Auswahl des richtigen Präparats zu berücksichtigen.
Nichtmedikamentöse Basismaßnahmen
Begleitend zur Arzneimitteltherapie sind folgende Maßnahmen empfohlen:
- Meiden individueller Auslöser (fettreiche oder große Mahlzeiten, Alkohol, Kaffee, Schokolade, Pfefferminze)
- Keine Mahlzeiten kurz vor dem Schlafen
- Kleinere, häufiger verteilte Mahlzeiten
- Kopfteil des Bettes erhöhen
- Enge Kleidung vermeiden
- Gewichtsreduktion bei Übergewicht
- Rauchstopp, reduzierter Alkoholkonsum
Solche Änderungen können den Medikamentenbedarf dauerhaft senken und Rückfällen vorbeugen.
Arzneimittel
Im Zentrum der Selbstmedikation stehen lokal oder systemisch wirkende Arzneimittel, mit denen Symptome gelindert werden. Die Auswahl orientiert sich an Häufigkeit, Intensität und Dauer der Beschwerden sowie der individuellen Situation (z. B. Schwangerschaft, Komorbiditäten).
Antazida und Alginate
Wirkmechanismus
Antazida neutralisieren rasch die vorhandene Magensäure durch chemische Reaktion – sie wirken lokal in Magen und Speiseröhre und ermöglichen eine schnelle Linderung des Brennens, beheben jedoch nicht die Ursache des Refluxes. Alginate bilden nach Kontakt mit Säure eine schützende, aufschwimmende Gelbarriere, die als “Floß” die Säure mechanisch am Rückfluss hindert.
Arzneistoffe
- Antazida: Aluminiumhydroxid, Magnesiumhydroxid/-carbonat, Calciumcarbonat – oft auch Kombinationen (Schichtgitterantazida)
- Alginate: Natriumalginat (oft in Kombination mit Antazida)
- Typische Darreichungsformen: Kautabletten, Suspensionen, Flüssigkeiten
Individuelle Besonderheiten: Aluminiumhaltige Präparate können obstipierend wirken, magnesiumhaltige eher abführend; die Kombination gleicht dies teilweise aus. Calciumhaltige Antazida können zu vermehrter Säureproduktion (Rebound) führen.
Beratung
- Anwendung: Akut bei Beschwerden, ggf. mehrmals täglich; ideale Einnahme 1-2 Stunden nach dem Essen oder bei Bedarf
- Wirkungseintritt: Minuten
- Nebenwirkungen: Stuhlveränderungen (Obstipation bei Aluminium, Durchfall bei Magnesium), selten Hypermagnesiämie/Hypokalziämie bei Niereninsuffizienz
- Kontraindikationen: schwere Niereninsuffizienz, Hyperkalzämie
- Wechselwirkungen: Antazida können die Resorption anderer Arzneistoffe (z. B. Tetrazykline, Eisen, Schilddrüsenhormone, einige Herzmedikamente) hemmen – Abstand von mind. 2 Stunden einhalten
- Hinweis: Nicht zur langfristigen Selbstmedikation empfohlen!
- Besonderheiten: Alginate gelten als Option in der Schwangerschaft und bei Kindern, da sie nahezu rein mechanisch wirken
Protonenpumpeninhibitoren (PPI)
Wirkmechanismus
PPI (z. B. Omeprazol, Pantoprazol) hemmen irreversibel die H⁺/K⁺-ATPase in den Belegzellen des Magens – der letzte Schritt der Magensäureproduktion wird blockiert. Die Säuresekretion wird deutlich und lange unterdrückt, was die Schleimhaut entlastet.
Arzneistoffe
- Omeprazol, Pantoprazol (rezeptfrei als 20 mg)
- Darreichungsformen: magensaftresistente Tabletten/Kapseln
Eingesetzt bei häufigeren oder stärkeren Symptomen, sofern keine Warnhinweise bestehen.
Beratung
- Einnahme: Einmal täglich, morgens vor dem Frühstück, über maximal 14 Tage ohne ärztlichen Rat
- Wirkungseintritt: Wirkung baut sich über 1-3 Tage auf, kein Soforteffekt!
- Nebenwirkungen: Kopfschmerzen, Durchfall/Obstipation, selten Hautreaktionen, bei Langzeitgebrauch erhöhtes Infektions- und Frakturrisiko, Störungen des Elektrolythaushalts
- Kontraindikationen: gleichzeitige Anwendung starker Inhibitoren/Induktoren des CYP-Systems, nicht für Kinder oder Schwangere ohne ärztlichen Rat
- Wechselwirkungen: PPI können die Aufnahme anderer Arzneistoffe beeinflussen (u. a. Azole, Schilddrüsenhormone), teils Veränderung des Leberenzymsystems (v. a. Omeprazol)
- Besonderheit: Nicht über längere Zeit anwenden – Risiken wie Vitamin-B₁₂-Mangel, Nierenprobleme, Infektionen können bei Langzeitgebrauch entstehen
H₂-Rezeptorantagonisten
Wirkmechanismus
Diese Substanzen (z. B. Famotidin) blockieren H₂-Rezeptoren der Belegzellen im Magen, wodurch die Säurebildung vermindert wird. Sie wirken schneller als PPI, aber schwächer in der Hemmung der Säuresekretion und sind bei leichteren Beschwerden eine Option.
Arzneistoffe
- Famotidin – derzeit für die Selbstmedikation verfügbar
- Darreichung als Tabletten
Beratung
- Anwendung: Nach Bedarf, bis zu zweimal täglich; nicht zur längerfristigen Anwendung ohne ärztlichen Rat
- Nebenwirkungen: Kopfschmerzen, selten gastrointestinale Beschwerden, Müdigkeit
- Kontraindikationen: Überempfindlichkeit, schwere Niereninsuffizienz
- Wechselwirkungen: Weniger als bei PPI/Antazida, aber Überprüfung der Gesamtsituation immer sinnvoll
- Hinweis: Aufgrund früherer Sicherheits- und Qualitätsprobleme bestimmter H₂-Blocker sollte immer die aktuelle Verfügbarkeit und Empfehlung geprüft werden
Bei allen Arzneimitteln zur Selbstmedikation von Sodbrennen gilt: Achte auf einen konsequenten Einnahmeabstand zu anderen Arzneistoffen, um gegenseitige Resorptionshemmung zu vermeiden (insbesondere bei Antazida). PPI und H₂-Blocker sollten nicht beliebig lange ohne ärztliche Kontrolle eingenommen werden!
Ab wann zum Arzt?
Eine Abklärung durch den Arzt ist zwingend erforderlich bei:
- Erstmalig sehr heftigen Beschwerden oder ungewohntem Beschwerdebild
- Beschwerden, die länger als 14 Tage trotz korrekter Anwendung der Selbstmedikation andauern
- Nächtlichem Sodbrennen, starken oder häufigen Rückfällen
- Schluckbeschwerden, (Blut-)Erbrechen oder Bluthusten
- Unerklärtem Gewichtsverlust, anhaltender Übelkeit/Erbrechen
- Vorerkrankungen wie bekannte Ulkuskrankheit, Tumorleiden, chronische Nierenerkrankungen
- Risikopatient:innen (z. B. Schwangere, über 50-Jährige mit neu aufgetretenen Symptomen, Kinder)
- Zugleich dauerhaft notwendiger Einnahme von NSAR, Bisphosphonaten, Steroiden oder anderen potenziell schleimhautreizenden Arzneimitteln
- Verdacht auf kardiale Genese der Beschwerden (insbesondere stechender, drückender Schmerz im Brustkorb)
Auch bei Unverträglichkeit, allergischen Reaktionen oder Verdacht auf Komplikationen wie Blutungen ist ein sofortiges Arztgespräch angezeigt.
Zusammenfassung
| Zentrale Symptome | Wichtige Wirkstoffklassen | Kernaussagen zur Beratung |
|---|---|---|
| Brennen hinter dem Brustbein | Antazida (z. B. Aluminium-, | Arzneimittel individuell nach Beschwerdeintensität und Begleitumständen wählen. |
| Saures Aufstoßen | Magnesium- und Calciumverbind. | Anwendungshinweise und Dosierungsabstände (v. a. Resorptionsinteraktion) beachten. |
| Druckgefühl, Völlegefühl, Übelkeit | Alginate | Bei Schwangerschaft/kindlichem Reflux Alginate wegen mechanischer Wirkung bevorzugen. |
| Heiserkeit, Reizhusten | Protonenpumpenhemmer (PPI) | PPI niemals dauerhaft ohne ärztliche Kontrolle, Vorsicht bei polypharmazeutischen Pat. |
| - | H₂-Rezeptorantagonisten | Warnzeichen kennen: Schluckstörung, Blutbeimengung, keine Besserung >14 Tage → Arzt! |
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