Vaginale Candidose (Vaginalmykose)
Krankheitsbild
Die vaginale Candidose, oft auch als Vaginalmykose bezeichnet, ist eine der häufigsten nichtsexuell übertragbaren Infektionen des Genitaltrakts bei Frauen. Typische Symptome sind ausgeprägter Juckreiz, Brennen, Rötung und Schwellung der Vulva sowie ein weißlicher, meist krümeliger und wenig riechender Ausfluss. Die Beschwerden können stark variieren – von leichter Irritation bis hin zu deutlichen Entzündungszeichen. Im Gegensatz zu bakteriellen Vaginosen fehlt in der Regel der fischartige Geruch.
Auslöser ist fast immer ein Hefepilz der Gattung Candida, überwiegend Candida albicans, der aus der körpereigenen Schleimhautflora stammt (häufig auch aus dem Darmbereich). Zu einer Erkrankung kommt es meist, wenn das vaginale Milieu durch verschiedene Faktoren aus dem Gleichgewicht gerät. Fördernde Bedingungen sind u.a. Schwangerschaft, Diabetes mellitus, eine Antibiotika- oder Cortisontherapie, Mikroverletzungen, eine ungewöhnlich feuchte Umgebung im Intimbereich oder eine geschwächte Immunlage. Eine besondere Rolle kommt dem Wechselspiel zwischen Scheidenflora, pH-Wert und den körpereigenen Abwehrfunktionen zu.
Ziel der Selbstmedikation ist in erster Linie die rasche Linderung der Beschwerden, die Wiederherstellung des Scheidenmilieus sowie die Vermeidung von Komplikationen (z. B. Ausbreitung oder Chronifizierung). Eine Selbstmedikation ist aber auf unkomplizierte, wiedererkennbare Episoden bei nicht-schwangeren Frauen beschränkt und nur sinnvoll, wenn die Frau das Krankheitsbild bereits sicher kennt. Erstinfektionen, häufige Rückfälle oder Schwangerschaft erfordern grundsätzlich eine ärztliche Begleitung, da hier oft differenzialdiagnostische oder therapeutische Besonderheiten bestehen.
Pharmazeutische Anamnese
Um eine zielgerichtete und sichere Behandlung einzuleiten, werden folgende arzneimittelrelevante Aspekte professionell abgeklärt:
- Wie lange bestehen die Beschwerden bereits?
- Handelt es sich um einen erstmaligen oder einen bekannten, wiedererkannten Verlauf?
- Wie stark sind Juckreiz, Brennen, Rötung und Ausfluss ausgeprägt? Gibt es zusätzliche Begleitsymptome wie Schmerzen, Fieber, Blutungen oder übelriechenden Ausfluss?
- Liegt eine Schwangerschaft oder Stillzeit vor?
- Bestehen Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus, eine bekannte Immundefizienz oder werden aktuell Medikamente eingenommen (v. a. Immunsuppressiva, Cortison, Antiinfektiva)?
- Welche anderen Arzneimittel werden derzeit eingenommen (inklusive Selbstmedikation)?
- Gab es in letzter Zeit Antibiotikatherapien, eine vaginale Spülung oder lokale Irritationen?
- Ist die Patientin unter 18 Jahre alt?
- Sind (häufige) Rückfälle bekannt bzw. tritt die Infektion regelmäßig (mehr als 3–4x/Jahr) auf?
Die Beantwortung dieser Fragen steuert unmittelbar die Entscheidung, ob eine Selbstmedikation möglich ist – oder ein Arztbesuch erforderlich wird.
Nichtmedikamentöse Basismaßnahmen
- Atmungsaktive, nicht zu enge Baumwollunterwäsche bevorzugen, um ein feucht-warmes Klima zu vermeiden.
- Intimbereich nur mit lauwarmem Wasser und ggf. milden, parfumfreien Reinigern säubern; aggressive Waschsubstanzen und häufige Spülungen meiden.
- Nach dem Toilettengang von vorne nach hinten wischen.
- Feuchte Badekleidung baldmöglichst wechseln, keine okklusiven Slipeinlagen ständig tragen.
- Intimbereich nach dem Waschen sanft trocknen und nicht rubbeln.
- Vaginalspülungen werden nicht empfohlen, da sie die normale Flora stören können.
Ergänzend diskutiert werden Probiotika oder Milchsäurepräparate zur pH-Stabilisierung – diese sind jedoch für die Akuttherapie nicht als Standard anzusehen.
Arzneimittel
Wirkmechanismus
Azol-Antimykotika (z. B. Imidazole – Clotrimazol, Miconazol, Fenticonazol)
Azole hemmen die Biosynthese von Ergosterol, einem essenziellen Bestandteil der Pilzzellmembran. Diese Störung der Membranstruktur führt zum Tod der Pilzzellen. Sie wirken fungistatisch bis fungizid und sind das Mittel der ersten Wahl bei unkomplizierter Vaginalcandidose.
Polyen-Antimykotika (Nystatin)
Polyen-Antimykotika lagern sich an Sterole in der Pilzzellmembran, insbesondere Ergosterol, an und erzeugen Poren, wodurch Zellbestandteile ausströmen. Dies führt zur Zerstörung der Pilzzelle (fungizide Wirkung). Nystatin ist besonders bei Candida-albicans-Infektionen wirksam, aber weniger breit als Azole.
Weitere Ansätze (z. B. Laktobazillen, Milchsäurepräparate)
Zur Unterstützung oder Prävention können Präparate zur Stabilisierung des vaginalen pH-Werts und zur Förderung der gesunden Scheidenflora ergänzend eingesetzt werden. Sie sind kein Ersatz für eine antimykotische Therapie.
Arzneistoffe
Die wichtigsten im Rahmen der Selbstmedikation eingesetzten Wirkstoffe sind:
- Clotrimazol (Vaginaltabletten, Vaginalcreme, Kombipackungen mit Creme für die Vulva)
- Miconazol (Vaginalcreme, Zäpfchen)
- Fenticonazol (Vaginalcreme, Kapseln – rezeptpflichtig!)
- Nystatin (bei rezidivierenden Candida-infektionen, insbesondere bei Schwangerschaft)
Die Applikation erfolgt meist lokal als Vaginaltablette, -zäpfchen oder -creme, teils als Einmal- oder Mehrtagestherapie. Häufig wird zusätzlich eine Creme zur Behandlung des äußeren Genitalbereichs beigelegt.
Beratung
Für eine effektive und sichere Anwendung der verfügbaren Präparate solltest du folgende Punkte vermitteln:
- Anwendung und Dosierung: Tabletten/Ovula werden abends vor dem Schlafengehen möglichst tief in die Scheide eingeführt. Bei Ein-Tages-Therapien erfolgt die Anwendung einmalig, bei Mehrtagestherapien über 3–6 Tage entsprechend Packungsangabe. Parallel wird eine Creme im äußeren Intimbereich aufgetragen.
- Einnahmezeitpunkt und -dauer: Durchhalten der vollen Therapiedauer ist entscheidend, auch bei schneller Besserung. Während der Menstruation sollte nicht vaginal behandelt werden, da die Wirkung beeinträchtigt werden kann.
- Wirkungseintritt: Symptome bessern sich meist innerhalb weniger Tage. Bei Komplettpartikeln im Ausfluss oder stärkeren Beschwerden kann es kurzzeitig zu lokaler Reizung kommen.
- Nebenwirkungen: Lokale Reizungen, Brennen oder Juckreiz können vorkommen, insbesondere bei entzündeter Schleimhaut.
- Kontraindikationen: Keine Anwendung bei Überempfindlichkeit gegen einen Inhaltsstoff; Azole nicht im ersten Trimenon der Schwangerschaft ohne ärztliche Rücksprache.
- Wechselwirkungen: Azole können Latexprodukte wie Kondome und Diaphragmata beschädigen – während und bis 5 Tage nach der Anwendung alternative Verhütungsmethoden nutzen.
- Risikogruppen: Schwangere, Stillende, Kinder und Jugendliche <18 Jahre sollten keine Selbstmedikation durchführen, sondern einen Arzt konsultieren. Bei Diabetes mellitus oder Immunsuppression ist Vorsicht geboten.
- Partnerbehandlung: Eine Mitbehandlung des Partners ist bei unkomplizierten Verlaufsformen in der Regel nicht erforderlich; bei wiederkehrenden Infektionen kann dies ärztlich geprüft werden.
Hinweis: Präparate mit Teebaumöl, Antiseptika oder pH-senkenden Substanzen sind kein Standard der Akutbehandlung, können die Schleimhaut reizen und werden nicht empfohlen.
Ab wann zum Arzt?
- Erstinfektion: Wenn die Patientin die Symptome erstmals erlebt oder unsicher ist, ob es sich um eine Pilzinfektion handelt.
- Schwangerschaft: Grundsätzlich sollten Schwangere bei Symptomen einen Arzt aufsuchen.
- Alter: Unter 18 Jahren – ärztliche Abklärung empfohlen.
- Häufige Rückfälle: Mehr als 3–4 Infektionen pro Jahr erfordern weiterführende Diagnostik.
- Schwere oder atypische Verläufe: Bei starkem Schmerzen, Fieber, blutigem, braunem oder übelriechendem Ausfluss, oder bei vermuteter Mischinfektion (z.B. Herpes genitalis, bakterielle Vaginose, sexuell übertragbare Infektionen).
- Therapieversagen: Wenn nach 3 Tagen keine Besserung oder nach 7 Tagen keine Beschwerdefreiheit erreicht ist.
- Abbruchkriterien: Bei Nebenwirkungen wie ausgeprägter Schleimhautreizung, allergischer Reaktion oder Verschlimmerung der Symptome sofort Arztkontakt.
Zusammenfassung
| Zentrale Symptome | Wichtige Wirkstoffklassen | Kernaussagen zur Beratung |
|---|---|---|
| Juckreiz, Brennen | Azol-Antimykotika (Imidazole: | Anwendungsdauer und korrekte Applikation sind entscheidend für Therapieerfolg. |
| Rötung, Schwellung | Clotrimazol, Miconazol) | Kondomsicherheit durch Azole eingeschränkt; bei Unsicherheit zum Arzt. |
| Weißlich-krümeliger | Polyen-Antimykotika (Nystatin) | Nicht während Menstruation anwenden; sorgfältige Intimhygiene unterstützen. |
| Ausfluss | [ggf. Probiotika/Milchsäure zur | Keine routinemäßige Partnerbehandlung; Risikogruppen nur ärztlich behandeln. |
| Unterstützung der Flora] | Warnzeichen und chronische bzw. schwere Verläufe bedürfen ärztlicher Abklärung. |
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