Blutuntersuchungen

Grundlagen und Einordnung

Blutuntersuchungen in der Apotheke sind patientennahe Vorsorgedienste, die insbesondere für die Früherkennung von Risiken genutzt werden. Es handelt sich dabei um Screeninguntersuchungen, bei denen Messwerte aus Kapillarblut (meist von der Fingerbeere) ermittelt und dem Patienten mitgeteilt werden. Diagnosen und therapeutische Maßnahmen sind ausschließlich dem ärztlichen Bereich vorbehalten.

Typische Bestimmungen umfassen:

  • Glucose – zur Risikoeinschätzung bei Diabetes mellitus
  • Lipidwerte (Gesamtcholesterin, HDL, LDL, Triglyzeride) – zur Beurteilung kardiovaskulärer Risiken

Weitere Parameter wie Hämoglobin oder CRP können je nach Gerätesystem ebenfalls bestimmt werden. In Apotheken kommen meist reflektionsphotometrische und teststreifenbasierte Schnelltests zum Einsatz.

Die Durchführung dieser Untersuchungen ist an enge rechtliche, organisatorische und hygienische Vorgaben gebunden. Verantwortlich für die geregelte Umsetzung bleibt immer die Apothekenleitung.

Rechtlicher Rahmen und Zuständigkeiten

Blutuntersuchungen zählen zu den apothekenüblichen Dienstleistungen und sind als Anwendung von Medizinprodukten im Apothekenbetrieb einzuordnen.

Wesentliche Anforderungen: - Die Testung muss im Qualitätsmanagement der Apotheke verankert sein. - Es gilt das Medizinproduktegesetz sowie die Vorgaben für In-vitro-Diagnostika. - Die Untersuchungen dürfen nur von entsprechend geschulten Fachkräften durchgeführt werden. Wer noch in Ausbildung ist, braucht eine sorgfältige Unterweisung und laufende Aufsicht.

Einsatzbeschränkungen bestehen zusätzlich für Schwangere, Stillende und minderjährige Beschäftigte.

Die Leitung der Apotheke ist für die Einhaltung aller Vorgaben verantwortlich – von der Organisation über die technische Ausstattung bis zur Dokumentation.

Arbeitsschutz, Hygiene und Arbeitsumgebung

Blutuntersuchungen gelten aufgrund des Umgangs mit potentiell infektiösem Material als Tätigkeiten mit Biostoffen:

  • Sie sind der Risikogruppe 3 zugeordnet und müssen unter Schutzstufe 2 vorgenommen werden.
  • Für den Arbeitsplatz ist eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen, regelmäßig zu prüfen und die Mitarbeiter zu unterweisen.

Wesentliche Maßnahmen:

  • konsequente Händehygiene und zuverlässig getragene Einmalhandschuhe
  • sichere Nutzung von Einmallanzetten und Stichschutz für gebrauchte Materialien
  • Flächen- und Händedesinfektion stets nach aktuellen Standards
  • stichsichere, gekennzeichnete Behältnisse für Abfälle
  • Arbeitsplatz mit leicht zu reinigenden Oberflächen, Waschgelegenheit, guter Belüftung, Diskretionsmöglichkeiten und ohne direkte Sonneneinstrahlung

Mutterschutz und Jugendarbeitsschutz sind einzuhalten; werdende oder stillende Mütter sollten möglichst nicht für Blutuntersuchungen eingeplant werden, um mögliche Risiken auszuschließen.

Qualitätssicherung: Interne und Externe Kontrollen

Um verlässliche Messwerte zu gewährleisten, ist die Einhaltung maßgeschneiderter Kontroll- und Dokumentationsprozesse zwingend.

Interne Qualitätskontrolle:

  • Gerätekontrolle nach Herstellerangaben, mindestens einmal täglich vor Erstgebrauch
  • Systemkontrollen regelmäßig je nach Messhäufigkeit (z. B. wöchentlich bis mehrmals täglich)
  • Kontrollmaterialien für jeden gemessenen Analyt – Beurteilung nach zulässigem Fehlerbereich (z. B. Glucose ±5 %, Cholesterin ±7 %)
  • Fehlerhafte Ergebnisse → sofortige Gerätesperrung, Ursachenklärung, erneute Kontrolle, lückenlose Dokumentation

Externe Qualitätskontrolle:

  • Teilnahme an amtlichen Ringversuchen mindestens einmal pro Jahr
  • Auswertung unter Routinebedingungen
  • Bei Ausfall: Ursachenanalyse, Fehlerbehebung, Nachweis über Wiederherstellung der Messqualität

Alle Kontrollen, Ergebnisse, Abweichungen und Korrekturmaßnahmen sind nachvollziehbar zu dokumentieren und mindestens 5 Jahre aufzubewahren.

Praktische Durchführung: Standardablauf

Der Ablauf jeder Blutuntersuchung folgt einer Standardarbeitsanweisung (SOP) und umfasst:

  1. Vorbereitung
    • Reinigung und Desinfektion des Arbeitsplatzes
    • Kontrolle auf Freigabe des Geräts, Testmaterial auf Temperatur, Verfallsdatum und Sauberkeit prüfen
    • Bereitstellung aller benötigter Materialien (SOP, Schutzhandschuhe, Einmallanzetten, Teststreifen o. Ä., sterile Tupfer, Pflaster, stichfeste Abfallboxen, Ergebnisformulare usw.)
  2. Probenentnahme
    • gründliche Händedesinfektion, Anlegen von Handschuhen
    • Auswahl einer gut durchbluteten, sauberen Einstichstelle (nach Desinfektion vollständige Abtrocknung abwarten!)
    • Punktion mit Einmallanzette, sanftes Massieren zur Förderung der Durchblutung
    • Entnahme eines Tropfens Blut ohne starkes Auspressen, erste Tropfen ggf. verwerfen (je nach Testsystem)
    • Auftragung der Probe auf das Testsystem
  3. Messung und Ergebnisverarbeitung
    • Starten der Messung, Versorgung der Einstichstelle (Tupfer/Pflaster)
    • Überprüfung der Plausibilität: Bei auffälligen oder unplausiblen Werten ggf. Wiederholmessung
    • Dokumentation des Ergebnisses und schriftliche Mitteilung an den Patienten (klare Kennzeichnung als Screeningwert!)
  4. Nachbereitung
    • sachgerechte Entsorgung von Verbrauchsmaterialien in stichfesten, gekennzeichneten Behältern
    • abschließende Reinigung und Desinfektion
    • Wiederherstellung der hygienischen Ordnung am Arbeitsplatz
TipWichtiger Hinweis

Alle Schritte, von der Vorbereitung bis zur Entsorgung, müssen lückenlos und reproduzierbar dokumentiert sein. Eine klar erkennbare Verantwortlichkeit, sowie die Einhaltung aller Hygiene- und Arbeitsschutzvorgaben sind jederzeit nachzuweisen.

Beratung und Kommunikation im Patientenkontakt

Die Beratung zu Blutuntersuchungen muss neben der Durchführung insbesondere diese Aspekte vermitteln:

  • Ergebnisse dienen zur Früherkennung (Screening), ersetzen keine ärztliche Diagnose oder Therapie.
  • Es gibt zahlreiche Einflussfaktoren (z. B. letzte Mahlzeit, eingenommene Arzneimittel, Stress, Infekte), die berücksichtigt werden sollten.
  • Bei auffälligen oder grenzwertigen Ergebnissen: gezielte Empfehlung zur ärztlichen Abklärung, Dringlichkeit individuell beurteilen!

Du solltest außerdem erläutern, wie verschiedene Arzneistoffe Einfluss auf Messergebnisse haben können (z. B. Glucoseerhöhung unter Kortison, Cholesterinerhöhung bei bestimmten Diuretika). Genauso können Erkrankungen (wie Infektionen oder Stoffwechselstörungen) die Ergebnisse entscheidend beeinflussen.

Wichtig ist auch die Einordnung ins individuelle Risikoprofil: Im Beratungsgespräch kannst du sinnvolle Zusammenhänge zu Lebensstil, Ernährung oder körperlicher Aktivität herstellen, ohne diagnostische Sicherheit zu suggerieren. Die Dokumentation erfolgt stets getrennt von Rezeptdaten (Datenschutz!).

Nachhaltigkeit und Geräteentsorgung

Nach Ablauf der Gerätelebensdauer müssen Analysegeräte sachgerecht als Elektrogeräte entsorgt werden. Bei Kunststoffarbeitsmitteln sollte eine licht- und wärmegeschützte Lagerung erfolgen, um Materialalterung vorzubeugen.

Regelmäßige Wartung und professionelle Entsorgung schützen Umwelt und Betrieb.

Praktische Arbeitshilfen

Zur Unterstützung im Alltag dienen:

  • Standardarbeitsanweisung (SOP) für alle Arbeitsschritte
  • Hygieneplan und Checklisten für Arbeitsplatz und persönliche Ausstattung
  • Dokumentationshilfen zur Erfassung aller Kontrollergebnisse und Abweichungen
  • Kennzeichnungsmaterialien für Abfallbehälter und Geräte
  • Patienteninformationsbögen für Screeningwerte und Hinweise zur weiteren Vorgehensweise

Zusammenfassung

  • Blutuntersuchungen in der Apotheke dienen dem Screening und sind keine diagnostischen Verfahren.
  • Die Durchführung unterliegt strengen rechtlichen, hygienischen und organisatorischen Vorgaben.
  • Nur qualifiziertes Personal darf testen, Gefährdungsbeurteilungen und Arbeitsschutzmaßnahmen sind zwingend.
  • Der gesamte Ablauf – von der Probenentnahme bis zur Entsorgung – ist klar zu dokumentieren.
  • Interne wie externe Qualitätskontrolle sichern die Aussagekraft der Ergebnisse.
  • Patienten erhalten Messwerte mit transparenter Beratung zu Aussagekraft und Grenzen – und, falls nötig, eine Empfehlung zur ärztlichen Abklärung.
  • Nachhaltigkeit und Ressourcenmanagement runden die Verantwortlichkeiten im Apothekenalltag ab.

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