Trockene Augen (Sicca-Syndrom)

Krankheitsbild

Das trockene Auge (Sicca-Syndrom) beschreibt einen chronischen Reizzustand von Bindehaut und Hornhaut des Auges. Ursache ist eine unzureichende Benetzung der Augenoberfläche durch eine zu geringe Tränenmenge oder eine Störung der Zusammensetzung und Stabilität des Tränenfilms.

Typische Leitsymptome sind: - Brennen, Juckreiz - Fremdkörper- oder Sandkorngefühl - Trockenheit und rasche Ermüdbarkeit der Augen - Rötung, zeitweise verschwommenes Sehen - Lichtempfindlichkeit

Begünstigt wird das Syndrom oft durch äußere Faktoren wie trockene Raumluft, Klimaanlagen, Wind, Rauch oder langes Arbeiten am Bildschirm (verminderte Blinzelfrequenz). Auch Kontaktlinsentragen und bestimmte Medikamente (z. B. Diuretika, Betablocker, trizyklische Antidepressiva) können das trockene Auge auslösen oder verstärken. Selten sind systemische Erkrankungen wie das Sjögren-Syndrom ursächlich.

Das Ziel der Selbstmedikation besteht in der Linderung der Symptome, Schutz und Unterstützung des Tränenfilms sowie der Vorbeugung von Reizzuständen. Eine schwerwiegendere Störung, z. B. mit Schmerzen oder Sehbeeinträchtigung, muss ärztlich abgeklärt werden, da die Selbstmedikation hier an ihre Grenzen stößt.

Pharmazeutische Anamnese

Für eine gezielte Auswahl der Therapiemaßnahmen ist eine strukturierte Erhebung folgender Punkte entscheidend:

  • Art, Verlauf und Dauer der Beschwerden (seit wann, chronisch oder episodisch)
  • Schweregrad: Wie stark ist das subjektive Leiden (z. B. Beeinträchtigung beim Lesen, Autofahren)?
  • Bestehen Begleitsymptome wie Schmerzen, ausgeprägte Rötung, Sehstörung, Lichtscheu, eitriges Sekret?
  • Vorerkrankungen (inkl. bekannte Augen- oder Autoimmunerkrankungen, z. B. Sjögren-Syndrom)
  • Tragen von Kontaktlinsen
  • Alter, Schwangerschaft, Stillzeit
  • Aktuelle Medikation, insbesondere neue oder kürzlich gestartete Arzneimittel

Hierdurch wird überprüft, ob die Beschwerden selbst behandelbar sind oder eine Überweisung zum Augenarzt notwendig ist.

Nichtmedikamentöse Basismaßnahmen

Unterstützend zur Arzneimitteltherapie werden folgende Empfehlungen ausgesprochen:

  • Bewusstes und häufigeres Blinzeln, besonders bei Bildschirm- oder Naharbeit
  • Regelmäßige Pausen am Bildschirm
  • Für ausreichende Raumluftfeuchtigkeit sorgen, häufig lüften
  • Kontaktlinsen tragende Personen sollten die Tragedauer reduzieren, ggf. auf Brille umsteigen
  • Zugluft und Gebläse meiden; Schutzbrille bei Wind oder starker Sonneneinstrahlung verwenden
  • Ausreichende Trinkmenge und ausgewogene Ernährung
  • Bei Lidranddysfunktion: Warme Kompressen, sanfte Lidrandmassage und konsequente Lidrandhygiene

Arzneimittel

Wirkmechanismus

Im Mittelpunkt der Selbstmedikation stehen Tränenersatzmittel, die den natürlichen Tränenfilm nachahmen, die Augenoberfläche befeuchten, benetzen und schützen. Sie fördern die Symptomkontrolle durch Erhöhung der Feuchtigkeit, Viskosität oder Lipidkomponente des Tränenfilms und verbessern so dessen Stabilität.

Daneben gibt es spezifische Ansätze:

  • Benetzende und viskositätserhöhende Polymere: Verlängern die Verweildauer an der Augenoberfläche und mildern Beschwerden.
  • Lipidhaltige Präparate: Stabilisieren die Lipidschicht des Tränenfilms, reduzieren die Verdunstung – insbesondere bei Lidrand- oder Drüsenerkrankungen.
  • Dexpanthenol: Fördert die Regeneration bei oberflächlich geschädigter Hornhaut.
  • Vitamin-A-haltige Präparate: Kommen bei ausgeprägten Störungen, insb. bei Nachtblindheit oder Anhalt für Mangel, zum Einsatz.

Konservierungsmittelfreie Präparate werden bevorzugt, v. a. bei häufiger oder langfristiger Anwendung, um das Risiko zusätzlicher Reizungen zu minimieren.

Arzneistoffe

  • Hyaluronsäure: Hohe Wasserbindefähigkeit, fördert stabile Benetzung; meist als Tropfen
  • Cellulosederivate (Hypromellose, Carboxymethylcellulose): Bilden einen schützenden Film, verschiedene Viskositäten verfügbar, Tropfen oder Gel
  • Povidon: Synthetisches Polymer mit guter Bindung, Tropfen
  • Carbomer: Hochviskose Zubereitungen mit langer Verweildauer, vor allem als Gel oder Salbe für die Nacht
  • Lipidhaltige Emulsionen/Lecithin-basierte Präparate: Zur Unterstützung der Lipidschicht, meist als Tropfen oder Spray
  • Dexpanthenol: Oft kombiniert mit Benetzungsmitteln, Tropfen oder Gel
  • Vitamin-A-Präparate: Z. B. als Augensalbe

Dicke, gelartige Präparate eignen sich besonders für die Nacht, können jedoch kurzfristig die Sehschärfe beeinträchtigen.

Beratung

  • Anwendung: Mehrmals täglich möglich, individuell nach Bedarf und Beschwerdeintensität. Auf Hygiene und keimfreie Anwendung achten.
  • Dosierung: 1 Tropfen pro Auge, bei Gele oder Salben häufig 1x vor dem Schlafengehen.
  • Wirkungseintritt: Linderung meist unmittelbar nach Anwendung.
  • Nebenwirkungen: Kurzfristiges verschwommenes Sehen, selten lokale Irritation. Bei Präparaten mit Konservierungsmitteln Risiko einer zusätzlichen Reizung, v. a. bei häufiger Anwendung.
  • Kontraindikationen: Überempfindlichkeit gegen Inhaltsstoffe, bei manchen Präparaten Kontaktlinsentragen direkt nach Anwendung (Weichlinsen: mind. 15 Min. Abstand).
  • Wechselwirkungen: Keine relevanten Interaktionen bei topischer Anwendung. Bei gleichzeitiger Anwendung anderer Augentropfen (z. B. gegen Glaukom) ist ein zeitlicher Abstand (mind. 15 Min.) einzuhalten.
  • Hinweise für Risikogruppen: Kinder, Schwangere und Stillende können die meisten Wirkstoffe verwenden; bei Unsicherheiten Rücksprache mit Arzt. Besonders bei älteren Patient:innen oder Patient:innen mit Systemerkrankungen differenziertes Beratungsgespräch führen.

Abschwellende, gefäßverengende Augentropfen sind ungeeignet, da sie die Beschwerden verschleiern und zur Chronifizierung beitragen können.

Hygienischer Umgang mit Augentropfen

  • Kein direkter Kontakt von Tropferspitze zum Auge!
  • Nach Anbruch nur begrenzt haltbar (meist 4 Wochen, Ausnahmen beachten)
  • Bei mehreren Anwendern Verwendung von Einzeldosen
  • Bei häufiger Anwendung besser konservierungsmittelfreie Präparate wählen

Ab wann zum Arzt?

  • Starke oder zunehmende Schmerzen, deutliche Sehverschlechterung, ausgeprägte Rötung
  • Auftreten von eitrigem Sekret, Lichtscheu, einseitige Beschwerden
  • Plötzliche Verschlechterung, Verdacht auf Hornhautschädigung
  • Fremdkörper- oder Verletzungsverdacht, Verätzung
  • Fehlen einer Besserung nach 3–5 Tagen Selbstmedikation
  • Tragen von Kontaktlinsen mit neuen oder verstärkten Beschwerden
  • Begleitende Beschwerden wie Mundtrockenheit, Gelenkbeschwerden (Verdacht auf Systemerkrankung)
  • Risikogruppen (Kinder <8 J., bekannte Augenerkrankungen, Operationen)
  • Unsicherheit bezüglich der Ursache

Zusammenfassung

Zentrale Symptome Wichtige Wirkstoffklassen Kernaussagen zur Beratung
Brennen, Juckreiz, Rötung, Fremdkörpergefühl, Trockenheitsgefühl, oft verschlechtert durch Umweltfaktoren - Hyaluronsäure
- Cellulosederivate (Hypromellose)
- Povidon
- Carbomer
- Lipidhaltige Präparate
- Dexpanthenol
- Vitamin A
- Geeignet sind Tränenersatzmittel, möglichst ohne Konservierungsmittel, individuell nach Bedarf
- Je nach Beschwerdbild Viskosität und Lipidanteil anpassen
- Vor dem Tropfen Anwendung von Hygieneregeln beachten
- Langzeitnutzung bevorzugt konservierungsmittelfrei
- Bei Warnzeichen oder fehlender Besserung an die Augenärztin/den Augenarzt verweisen

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