Impfungen
Rechtlicher Rahmen und Zuständigkeiten
Impfungen gehören heute zu den pharmazeutischen Dienstleistungen in öffentlichen Apotheken. Diese Dienstleistung ist gesetzlich geregelt: Nur Apotheker:innen mit spezieller, ärztlich zertifizierter Schulung dürfen die Impfung selbst durchführen. Zu den aktuell zulässigen Impfungen in der Apotheke zählen vor allem die Influenzaimpfung (ab 18 Jahren) sowie die SARS-CoV-2-Impfung (ab 12 Jahren), jeweils im Einklang mit den aktuellen Fachinformationen und ständigen Impfempfehlungen.
Nicht delegierbar sind Aufklärung, Anamnese, Einwilligung und die eigentliche Impfung. Hilfstätigkeiten – etwa Organisation, Dokumentation oder logistische Vorbereitung – sind qualifiziertem pharmazeutischen Personal vorbehalten. Verantwortung, Haftung und die Qualifikation des impfenden Apothekers stehen immer im Vordergrund. Die Durchführung muss der Behörde angezeigt werden, geeignete Räume und eine spezifische Betriebshaftpflicht sind verpflichtend.
Voraussetzungen und Organisation in der Apotheke
Für die Durchführung von Impfungen in der Apotheke sind klare Rahmenbedingungen einzuhalten:
- Qualifizierung des impfenden Apothekers nach gesetzlicher Vorgabe (inkl. ärztlicher Schulung, praktischer Übung und Erste-Hilfe-Kompetenz)
- Geeignete Raumstruktur mit Privatsphäre, Warte- und Beobachtungsbereich
- Sachgerechte Ausstattung inklusive Notfallausrüstung (z. B. Adrenalin für Notfälle)
- Integration ins interne Qualitätsmanagementsystem: Alles muss in standardisierten Arbeitsanweisungen (SOPs) festgehalten sein – von der Aufklärung bis hin zur Abfallentsorgung
Hygiene und Arbeitsschutz
Der Impfbereich ist als besondere Hygienezone definiert. Das heißt:
- Händedesinfektion vor und nach Kontakt mit Patient:in und Impfstoff
- Flächendesinfektion, geeignete Arbeitskleidung, bei Bedarf Handschuhe und Atemschutz
- Abwurfsichere Entsorgung von Kanülen, kein Recapping (Aufsetzen von Kanülenschutz nach Gebrauch)
- Gefährdungsbeurteilung nach Biostoffverordnung, Schutzimpfungsangebot (z. B. Hepatitis B) für impfendes Personal
- Spezielle Vorsichtsmaßnahmen für Schwangere und stillende Apothekerinnen
Impfprozess in der Apotheke
Der Prozess folgt einem klaren, standardisierten Ablauf und orientiert sich am Prinzip der Arzneimitteltherapiesicherheit.
1. Patienteneignung und Terminmanagement
Vorab werden Anspruch und Eignung geprüft: Alter, Indikation, Impf- und Genesungshistorie sowie aktuelle Beschwerden und Kontraindikationen (z. B. akute Erkrankung, Allergien, schwere Überempfindlichkeit gegen Bestandteile des Impfstoffs). Bei Auffälligkeiten: Entscheidung über „Nicht-Impfen“, evtl. Verweisung in die Arztpraxis.
2. Aufklärung und Einwilligung
Das Aufklärungsgespräch ist Voraussetzung für eine wirksame Einwilligung und umfasst:
- Zielsetzung und Nutzen der Impfung
- Art des Wirkstoffs und Impfstofftyps (z. B. Tot- oder Lebendimpfstoff)
- Ablauf und mögliche Nebenwirkungen
- Gegenanzeigen
- Verhalten nach der Impfung, Informationen zu Auffrischungen und Impfabständen
Unterlagen (Aufklärungsbögen, Einwilligungsformulare) müssen dem aktuellen Stand entsprechen, gern auch multilingual. Die Einwilligung wird schriftlich dokumentiert, zehn Jahre aufbewahrt und als Kopie ausgehändigt.
3. Vorbereitung und Lagerung des Impfstoffs
Impfstoffe werden im Arzneimittelkühlschrank (2–8°C) gelagert und erst kurz vor der Verabreichung entnommen. Vor der Anwendung erfolgt stets eine Sichtkontrolle, bei Qualitätsmängeln wird nicht geimpft. Eine durchdachte Terminplanung verhindert das Verwerfen von Mehrdosenbehältnissen.
4. Durchführung der Impfung
Der Standardweg ist eine intramuskuläre Injektion in den Deltamuskel des Oberarms. Die Haut wird mit geeignetem Desinfektionsmittel gereinigt. Die Wahl des Arms erfolgt nach Nutzung (z. B. nicht-dominanter Arm) und Patientenvorliebe. Bei bekannten Ohnmachtsneigungen: Impfung im Liegen erwägen.
Nach der Applikation erfolgt Wundversorgung nur bei tatsächlicher Blutung.
5. Nachbeobachtung
Patient:innen bleiben mindestens 15 Minuten unter Aufsicht in der Apotheke, um seltene, aber mögliche akute Impfreaktionen wie Anaphylaxien direkt behandeln zu können.
6. Entsorgung
Spritzen und Kanülen sofort in durchstichsichere Behälter entsorgen, keine Neubenutzung, Mülltrennung umsetzen.
Dokumentation, Meldung, Abrechnung
Pflicht ist eine präzise Dokumentation:
- Eintrag im Impfausweis oder Ausstellung eines Impfbescheids (mit Datum, Impfstoff, Charge, Indikation, Ort, Unterschrift)
- Interne Dokumentation: alle relevanten Daten zur Anamnese, Einwilligung, Impfung, Produktdaten – Aufbewahrungspflicht: zehn Jahre
- Digitale Meldung der durchgeführten Impfungen zeitnah an das Robert Koch-Institut (z. B. via DEMIS)
- Pflege der Impfsurveillance (Monitoring unerwünschter Ereignisse und Impfquoten)
- Abrechnung nach Vorgabe der Kassen(-ärztlichen) Vereinigungen / SGB V
Notfallmanagement und Meldepflichten
Für schwerwiegende Impfreaktionen besteht Meldepflicht gegenüber Gesundheitsamt und Arzneimittelkommission. Ein schriftlicher Notfallplan ist vorzuhalten, Adrenalin-Injektion für Anaphylaxie (inkl. praktische Schulung) muss bereitstehen; während der Impfungen steht immer ein Ersthelfer zur Verfügung.
Typische Beratungssituationen
- Frage gezielt nach Allergien, chronischen Erkrankungen und der Impfhistorie
- Kläre Unsicherheiten zu Impfabständen und Kombinierbarkeit verschiedener Impfstoffe
- Weise auf typische Impfreaktionen hin (z. B. Rötung, Schwellung, Fieber)
- Besprich besondere Situationen wie Schwangerschaft, Stillzeit oder Reiseimpfungen stets aktuell und klar abgegrenzt
- Ermutige zur Vervollständigung des Impfkalenders – jede Impfung zählt!
Arzneistoffgruppen und Besonderheiten
Der Grundmechanismus moderner Impfstoffe ist die Aktivierung des Immunsystems gegen spezifische Erregerteile (Antigene). Die wichtigsten Impfstofftypen unterscheiden sich wie folgt:
- Totimpfstoffe: Enthalten inaktivierte Erreger oder Teile davon (z. B. Influenza- und COVID-19-Impfstoffe wie Comirnaty® mit modRNA-Mechanismus). Sie können meist gleichzeitig mit anderen Totimpfstoffen oder zeitgleich mit Lebendimpfstoffen gegeben werden.
- Lebendimpfstoffe: Enthalten abgeschwächte, aber vermehrungsfähige Erreger (z. B. Masern-Mumps-Röteln). In der Apotheke nicht für Erwachsenenimpfungen relevant, aber wichtig bei Impfstatusberatung.
Praxisrelevante Impfanlässe
- Standardimpfungen: Für Erwachsene sind Influenza und COVID-19 die wichtigsten. Impfungen gegen Pneumokokken oder Herpes zoster sind ärztlicherseits zu prüfen – Beratung in der Apotheke ist hier aber zentral.
- Indikationsimpfungen: Je nach individueller Risikosituation (z. B. chronische Erkrankungen, Immunsuppression, berufliche Exposition).
- Reiseimpfungen: Hier steht die Beratung zur Aktualität, Länderspezifik und zu schnellen Impfschemata im Vordergrund.
Nachhaltigkeit und Sicherheit
Impfstoffe wirtschaftlich planen (Vermeidung von Verwurf), Aufklärung und Dokumentation digitalisieren, Handschuhe sparsam nutzen, Abfall trennen.
Zusammenfassung
- Impfungen in der Apotheke sind ein geregelter, qualitätsgesicherter und hochverantwortlicher Prozess.
- Nur speziell geschulte Apotheker:innen dürfen impfen. Durchführung und Räume müssen angezeigt und regelmäßig überwacht werden.
- Klare Abläufe von Terminierung, Anamnese, Aufklärung, Einwilligung, Impfung, Nachbeobachtung bis Dokumentation und Meldung sind verpflichtend.
- Arbeitsschutz, Hygiene und Notfallbereitschaft stehen im Vordergrund.
- Eine pharmazeutische Beratung umfasst immer Impfhistorie, Kontraindikationen, Nebenwirkungen, Aufklärung zu Impfreaktionen und individuelle Besonderheiten (wie Schwangerschaft, Risikogruppen, Reisen).
- Digitale Meldung der Impfdaten und konsequente Dokumentation sichern die Qualität.
- Nachhaltigkeit beginnt bei der Planung und reicht bis zur Abfallentsorgung und Digitalisierung von Informationsmaterial.
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