Produkte zur enteralen und parenteralen Ernährung

Grundlagen: Wann und warum medizinische Ernährung?

Produkte zur enteralen und parenteralen Ernährung werden gezielt eingesetzt, wenn die normale Nahrungsaufnahme nicht mehr möglich oder nicht ausreichend ist. Das Ziel ist, Patienten vor Mangelernährung und deren Folgen wie Gewichtsverlust, Muskelschwund, Infektanfälligkeit oder Wundheilungsstörungen zu schützen. Man unterscheidet dabei grundsätzlich zwischen der Nutzung des Verdauungstrakts (enteral) und der Nährstoffzufuhr direkt ins Blut (parenteral).

Enterale Ernährung steht, sofern möglich, immer an erster Stelle, da sie den natürlichen Weg des Körpers nutzt, den Darm schützt und Komplikationen einer parenteralen Ernährung vermeidet.

Enterale Ernährung: Übersicht und Produkte

Anwendung und Indikationen

Enterale Ernährung kommt infrage, wenn der Magen-Darm-Trakt funktionstüchtig ist, aber die Aufnahme fester Nahrung erschwert, eingeschränkt oder unmöglich ist. Typische Situationen sind:

  • Schluckstörungen (z.B. nach Schlaganfall, bei neurologischen Erkrankungen)
  • Tumore im Kopf-, Hals- oder Verdauungstrakt
  • ausgeprägte Appetitlosigkeit, Bewusstseinsstörungen
  • fortgeschrittene Demenz, starke körperliche Schwäche

Applikationsarten

  • Trinknahrung: Ergänzend oder als alleinige Nahrungsquelle, oral eingenommen.
  • Sondenernährung: Über Nasensonde (kurzfristig) oder durch die Bauchdecke (PEG, längerfristig), direkt in Magen/Dünndarm.

Die Art der Sondenzufuhr hängt vom Patientenstatus, dem Risiko für eine Aspiration, Verträglichkeit und geplanten Zeitraum ab.

Produkte: Arten und Zusammensetzung

Die Auswahl erfolgt patientenindividuell. Wesentliche Unterschiede bestehen in:

  • Energiedichte (normokalorisch/hochkalorisch)
  • Proteingehalt (Standard, eiweißreich für erhöhten Bedarf)
  • Proteinquelle (intakt, enzymatisch vorverdaut bei Verdauungsproblemen)
  • Fett- und Kohlenhydratprofil (je nach Stoffwechselerkrankung, z.B. Diabetes)
  • Ballaststoffe (je nach Verdauungssituation – mit/ohne)
  • Speziell zusammengesetzte Formeln (z.B. für Diabetiker, Niereninsuffizienz, Allergiker, Kinder)
Produktkategorie Typisches Einsatzgebiet Besonderheiten Beispiel-Produktname
Standard-Trinknahrung Zusatzernährung, Gewichtsstabilisierung Normokalorisch, meist mit Ballaststoffen Fresubin original
Hochkalorische Formeln Erhöhter Energiebedarf, Appetitlosigkeit >1,5 kcal/ml, geringeres Volumen Resource energy
Eiweißreiche Produkte Muskelabbau, Wundheilung Erhöhter Proteingehalt Nutricia protein plus
Faserfreie Formeln Durchfälle, gestörte Verdauung Ohne Ballaststoffe Nutrison fibre free
Spezielle Diätetika Diabetes, Allergien, Niereninsuffizienz Anpassung ans Krankheitsbild Diason, Nepro

Praktisches Vorgehen

Beim Start einer enteralen Ernährung empfiehlt sich ein strukturiertes Einschleichen (kleine Mengen, langsam steigern). Immer auf ausreichende Spülmengen achten, um Sondenverstopfung zu vermeiden. Neben der Ernährungsform muss auch die Pflege der Zugänge und die Hygiene gewährleistet sein.

Typische Probleme/Nebenwirkungen

Übelkeit, Durchfall, Verstopfung, Bauchschmerzen, Reflux, Aspiration – frühzeitig erkennen und gegensteuern! Notwendig ist auch die regelmäßige Kontrolle von Elektrolyten, Blutzucker, Flüssigkeitshaushalt und Gewicht.

Beratung in der Apotheke: Deine Aufgaben

  • Aufklärung zu Produkten, Dosierung, Lagerung, Anwendung
  • Hilfestellung bei Verträglichkeit, Geschmack, Alltagstauglichkeit
  • Zusammenarbeit mit Pflege, Ärzten, Ernährungsberatung
  • Abklären besonderer Diätanforderungen (z.B. Allergien, Diabetiker, Kinder)
TipTypische Fragen im Beratungsgespräch
  • Ist der Stuhlgang verändert?
  • Gibt es Probleme bei der Verträglichkeit (z.B. Übelkeit)?
  • Werden alle Medikamente weiterhin genommen?
  • Wie sieht das tägliche Trinkverhalten und die Flüssigkeitsbilanz aus?
  • Gibt es Reflux, Hustenanfälle oder Fieber (Gefahr der Aspiration)?

Parenterale Ernährung: Wann und wie?

Parenterale Ernährung wird gewählt, wenn der Verdauungstrakt nicht funktioniert oder nicht nutzbar ist. Indikationen umfassen:

  • schwere Resorptionsstörungen
  • Darmversagen, Fisteln, Darmverschluss
  • ausgeprägte Unverträglichkeit enteraler Ernährung
  • nach großen Operationen, bei schweren Entzündungen

Produkte zur parenteralen Ernährung

Die Nährstoffzufuhr erfolgt über Infusionslösungen, die individuell angepasst werden. Die Produkte enthalten:

  • Aminosäurenlösungen: zur Eiweißversorgung
  • Glukoselösungen: als Energiequelle
  • Fettemulsionen: liefern essentielle Fettsäuren & zusätzliche Energie
  • Elektrolyte, Vitamine, Spurenelemente: Bedarfsangepasst suppletiert

Einzelsubstanzen werden entweder separat oder als sogenannte All-in-One-Lösungen (z.B. Dreikammerbeutel) angeboten. Die Dosis richtet sich nach Alter, Gewicht, Organfunktion, Flüssigkeitsbedarf und Laborkontrollen.

Praktische Aspekte

Parenterale Ernährung ist anspruchsvoll in der Handhabung. Eine sorgfältige aseptische Technik und ein engmaschiges Monitoring sind unerlässlich – Komplikationen wie Infektionen, Katheterprobleme, Stoffwechselentgleisungen oder das gefürchtete Refeeding-Syndrom müssen im Auge behalten werden.

In der öffentlichen Apotheke stehst du primär beratend zur Verfügung (z.B. bei Heimversorgung), unterstützt beim Umgang mit Produkten, erklärst die Lagerung und das Mischen und kümmerst dich um möglichen zusätzlichen Bedarf an Hautschutz, Hygiene- oder Pflegeprodukten.

Wichtige Aspekte der Beratung und Koordination

  • Produkte zur enteralen und parenteralen Ernährung unterliegen spezifischen rechtlichen Regelungen (v.a. Arzneimittelrecht, Diätverordnung).
  • Auswahl und Versorgung erfolgt meist ärztlich angeordnet und ist Teil eines therapeutischen Gesamtkonzepts.
  • Stets realistische Erwartungen formulieren, Grenzen aufzeigen: Ernährungstherapie dient der Unterstützung und Komplikationsprophylaxe, ersetzt aber keine kausale Behandlung.
  • Beim Erkennen von Warnzeichen oder Komplikationen (z.B. Fieber bei Katheterpatienten, plötzliche Verschlechterung, schwere Nebenwirkungen) immer Rücksprache mit dem ärztlichen Team halten oder zur weiteren Abklärung an die behandelnde Ärztin/den behandelnden Arzt verweisen.

Zusammenfassung

  • Enterale Ernährung: bevorzugt, wenn der Verdauungstrakt intakt ist; umfasst Trinknahrung und Sondenernährung mit zahlreichen Formeln für unterschiedliche Bedürfnisse.
  • Parenterale Ernährung: notwendig bei nicht-funktionierendem Darm, individuell zusammengesetzte Infusionslösungen, aseptische Arbeitsweise unerlässlich.
  • In der Apotheke steht die Beratung zur Auswahl, Handhabung und Verträglichkeit enteraler Produkte im Vordergrund, parenterale Ernährung wird meist über Spezialversorger koordiniert – dennoch ist dein Wissen zur Einordnung, Kommunikation und Identifikation von Problemen gefragt.
  • Kontinuierliche Begleitung, Dokumentation und interprofessionelle Zusammenarbeit sind Schlüssel für eine sichere und effektive Ernährungstherapie.

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