Medikationsplan
Bedeutung und Zielsetzung
Der Medikationsplan ist ein zentrales Instrument, das Patient:innen und allen an der Versorgung beteiligten Berufsgruppen einen klaren Überblick über die gesamte Arzneimitteltherapie ermöglicht. Ziel ist die Förderung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS), die Reduktion von Anwendungsfehlern und die Unterstützung bei der Erkennung von Risiken wie Doppelverordnungen und Arzneimittelinteraktionen. Für dich als angehende:r Apotheker:in ist der Plan Grundlage für zahlreiche pharmazeutische Kernaufgaben.
Aufbau und Inhalt des bundeseinheitlichen Medikationsplans
Ein effizienter Medikationsplan ist immer:
- einheitlich strukturiert
- patientenbezogen
- aktuell und sektorenübergreifend nutzbar (Arztpraxen, Apotheken, Kliniken)
Er dokumentiert sämtliche verordneten und möglichst auch in Selbstmedikation eingenommenen Arzneimittel. Folgende Angaben sind darin zu jedem Arzneimittel mindestens enthalten:
| Pflichtangabe | Bedeutung/Beispiel |
|---|---|
| Wirkstoff | z.B. Metoprolol |
| Handelsname | z.B. Beloc Zok |
| Stärke | z.B. 47,5 mg |
| Darreichungsform | z.B. Tabletten, Kapseln, Lösungen |
| Dosierung | z.B. 1-0-0 (= 1x morgens) |
| Einheit | Stück, Tropfen, ml etc. |
| Anwendungshinweise | z.B. vor dem Essen, mit ausreichend Flüssigkeit |
| Anwendungsgrund | z.B. Bluthochdruck |
Darüber hinaus können zusätzliche Hinweise (z.B. Hinweise bei besonderen Risikokonstellationen) aufgenommen werden.
- Übersicht für Patient:innen, wie und wann welche Arzneimittel anzuwenden sind
- Verbesserte Kommunikation zwischen Ärzten, Apotheken und weiteren Behandelnden
- Grundlage für die Plausibilitäts- und Interaktionsprüfung
- Dient als Dokumentation für Beratung und Anpassungen in der Arzneimitteltherapie
Anspruch auf den Medikationsplan
Gesetzlich Versicherte haben Anspruch auf einen Medikationsplan, sofern sie
- mindestens drei gleichzeitig anzuwendende, systemisch wirkende verordnete Arzneimittel einnehmen
- diese für eine angenommene Therapiedauer von mindestens 28 Tagen benötigen
Für weniger oder ausschließlich lokal wirkende Arzneimittel besteht formal kein Anspruch, es spricht jedoch nichts dagegen, in der Praxis auch andere Patientengruppen mit einem Plan auszustatten, wenn dies der Übersicht dient.
Praktisches Vorgehen: Erstellung, Aktualisierung und Nutzung
Erstellung: Die Ersterstellung erfolgt in der Regel durch die koordinierende ärztliche Praxis (meist Hausarzt/-ärztin), da dort die Übersicht über die gesamte Medikation vorliegt. Der Plan kann bei Änderungen auch von Fachärzten, Krankenhäusern oder Apotheken aktualisiert werden.
Aktualisierung: Jede relevante Änderung – z.B. neue Verordnung, Umstellung oder Absetzen eines Arzneimittels, aber auch Ergänzung der Selbstmedikation – muss zeitnah eingetragen und mit Patient:in besprochen werden.
Gemeinsames Durchgehen: Bei der Aushändigung gehst du als Apotheker:in mit der Patientin oder dem Patienten Schritt für Schritt den Plan durch:
- Stimmen alle Arzneimittel und Dosierungen noch?
- Werden Selbstmedikamente und Nahrungsergänzungsmittel erfasst?
- Gibt es offene Fragen zur Anwendung, Einnahmezeitpunkten, Wechselwirkungen?
Aushändigung und Dokumentation: Der aktuelle Plan wird Patient:innen ausgehändigt und als Ergebnis des Beratungsgesprächs dokumentiert. Die Aktualität ist entscheidend – ein veralteter Plan steigert das Risiko von Fehlern und Schäden.
- Plausibilitätsprüfung sowie Beratung zu Interaktionen und Anwendung
- Ergänzung des Plans um OTC-Arzneimittel, sofern bekannt
- Identifikation und Ansprache arzneimittelbezogener Probleme (z.B. Adhärenzprobleme, Fehlanwendungen)
- Dokumentation aller Änderungen, Rücksprache mit verordnenden Ärzt:innen
Technische Umsetzung: Papier- und elektronische Version
Anfänglich gab es den Plan papierbasiert. Er enthält einen Code (Bar- oder QR-Code), mit dessen Hilfe Arztpraxis oder Apotheke die Daten einscannen und elektronisch weiterverarbeiten können.
Seit 2020 steht der elektronische Medikationsplan (eMP) zur Verfügung:
- Speicherung auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK)
- Zugriff, Auslesen und Aktualisieren nur mit PIN der versicherten Person möglich
- Nutzung in digitaler und weiterhin auch als Papier-Ausdruck möglich
- Perspektivisch Integration in die elektronische Patientenakte (ePA)
Für die digitale Nutzung der eMP-Funktion benötigen Apotheken und Praxen eine Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI), einen speziellen Konnektor, einen elektronischen Heilberufsausweis und ein entsprechendes Softwaresystem. Die Finanzierung erfolgt über gezielte Pauschalen.
Rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen
- Verordnende Ärzt:innen tragen die Verantwortung für die Arzneimittelauswahl und -verordnung.
- Apotheken sind für die Vollständigkeit, Plausibilität und Aktualität (z.B. Einbezug der Selbstmedikation) bei jedem direkten Kontakt mit verantwortlich.
- Änderungen an der Medikation sollen verantwortungsvoll, interprofessionell und nachvollziehbar dokumentiert werden.
- Datenschutz: Zugriff, Speicherung und Änderungen am elektronischen Plan sind nur mit Zustimmung des Patienten möglich (PIN).
- Die Vergütung für das Erstellen und Aktualisieren des Plans ist für die ärztliche Seite gesondert geregelt.
Beratungsbezug und typische Fehlerquellen
Im pharmazeutischen Beratungsgespräch ist der Medikationsplan wichtig, um:
- Doppelte Wirkstoffe/Doppelverordnungen zu erkennen (z.B. generischer vs. Original-Name)
- Mögliches Interaktionspotenzial systematisch und vollständig einzuschätzen
- Einnahmezeiten, Anwendungsreihenfolgen und Einnahmebesonderheiten anschaulich zu vermitteln (z.B.: PPIs nüchtern vor dem Frühstück, Schilddrüsenhormon mit Abstand zu Calcium)
- Neben- und Wechselwirkungen im Gesamtüberblick zu erfassen
- Durch die Aktualisierung versäumte Änderungen oder Absetzungen nachzuhalten
Typische Fehlerquellen in der Praxis:
- Nicht-Aktualisierung des Plans bei Änderungen durch Selbstmedikation oder nach Klinikaufenthalt
- Unvollständige Erfassung (z.B. kein OTC-Produkt aufgeführt)
- Veraltete Dosierungsangaben
- Übersehen von Interaktionen/Kontraindikationen durch fehlende Gesamtdarstellung
Zusammenfassung
- Der bundeseinheitliche Medikationsplan bietet eine strukturierte, nachprüfbare Übersicht der Gesamtmedikation und ist für die sichere Arzneimitteltherapie unerlässlich.
- Aktuelle Inhalte und gemeinsames Gespräch mit Patient:innen sowie die Berücksichtigung der Selbstmedikation sind zwingend notwendig.
- Der Plan dient als Ausgangspunkt für die pharmazeutische Überprüfung, Beratung und das weitere Medikationsmanagement.
- Der elektronische Medikationsplan erweitert die sektorenübergreifende Nutzung und sorgt für bessere Aktualität und Verfügbarkeit.
- Für dich als Apotheker:in ist neben der reinen Dokumentation vor allem die Plausibilitätsprüfung und Beratung zu Anwendung, Risiken und Interaktionen essenziell.
Ein vollständiger, aktueller Medikationsplan ist Basis jeder wirkungsvollen Arzneimitteltherapie und gehört zum festen Handwerkszeug in der Apotheke.
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