Sportverletzungen (Prellungen, Zerrungen, Verstauchungen)
Krankheitsbild
Akute Sportverletzungen wie Prellungen, Zerrungen und Verstauchungen (Distorsionen) entstehen meist durch plötzlich einwirkende Kräfte, beispielsweise beim Sturz, beim Umknicken oder durch Überdehnung.
Typisch sind:
- Prellung: Stumpfe Gewalteinwirkung (z. B. Sturz gegen einen harten Gegenstand), es kommt zu Blutergüssen, Schwellung und Schmerzen, aber ohne offene Wunde oder Knochenbruch.
- Zerrung: Überdehnung von Muskeln oder Sehnen, häufig bei abrupten Bewegungen. Schmerzen, Muskelhartspann und Funktionsverlust.
- Verstauchung: Überdehnung eines Gelenks (oft Sprunggelenk), dabei werden Bänder gezerrt oder angerissen. Schwellung, Schmerzen, oft Hämatombildung.
Die Beschwerden äußern sich meist durch Schmerzen, Schwellung, eingeschränkte Beweglichkeit und manchmal durch Blutergüsse.
Ursachen sind in der Regel akute Überbelastung, mangelndes Aufwärmen, Fehltritte oder direkte Traumata im Sport.
Das Ziel der Selbstmedikation ist die rasche Linderung von Schmerzen und Schwellung, Unterstützung der Heilung und die Vermeidung von Folgeschäden. Die Selbstmedikation kann die Erstversorgung und die Symptomkontrolle leisten, sollte aber keine schwerwiegenden Verletzungen (z. B. Frakturen, komplette Bänderrisse) behandeln.
Pharmazeutische Anamnese
Vor der Empfehlung eines Arzneimittels sind folgende Punkte gezielt zu klären:
- Art der Beschwerden: Wo genau sitzt der Schmerz, wie stark ist er, gibt es Bewegungseinschränkungen?
- Dauer und Verlauf: Wann ist die Verletzung aufgetreten? Wurde sie seitdem schlimmer oder besser?
- Begleitsymptome: Liegt eine Schwellung, Hämatom oder Fehlstellung vor? Ist das betroffene Gebiet instabil?
- Vorerkrankungen: Blutgerinnungsstörungen, chronische Erkrankungen oder bekannte Band- oder Gelenkschäden?
- Risikokonstellationen: Alter, Schwangerschaft, Stillzeit, Kinder?
- Vorherige Maßnahmen: Wurde schon gekühlt, geschont, ein Verband angelegt?
- Medikation: Aktuelle Arzneimittel, insbesondere Antikoagulanzien (Wechselwirkungen/Blutungsneigung), chronische Analgetika.
Ein zielgerichtetes Anamnesegespräch hilft, gefährlichere Verletzungen oder Risikofaktoren zu erkennen und die passende Empfehlung auszusprechen.
Nichtmedikamentöse Basismaßnahmen
Im Vordergrund stehen Sofortmaßnahmen nach dem PECH-Schema:
- Pause: Sofortige Belastung stoppen, Ruhigstellung.
- Eis: Kühlen mit Eispackung (in Tuch einschlagen!) für jeweils 15-20 Minuten, mehrmals täglich.
- Compression: Anlegen eines mäßig festen Kompressionsverbandes.
- Hochlagern: Das betroffene Körperteil möglichst über Herzhöhe lagern.
Ergänzend unterstützen:
- Schonung des verletzten Areals, aber keine vollständige Immobilisation über längere Zeit.
- Nach der Akutphase langsamer, schmerzadaptierter Belastungsaufbau.
- Bei Schwellung und Hämatom: Körperliche Belastung/Erschütterung vermeiden.
- Hygiene bei eventuellen Hautverletzungen beachten.
Arzneimittel
Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)
Wirkmechanismus
NSAR wie Diclofenac und Ibuprofen hemmen selektiv die Cyclooxygenase (COX), wodurch die Produktion von Prostaglandinen (Entzündungsmediatoren) unterdrückt wird: Das führt zu Schmerzlinderung, Entzündungshemmung und Abschwellung – alles zentrale Therapieziele bei Sportverletzungen. Topisch sind NSAR besonders geeignet, um lokal zu wirken und systemische Nebenwirkungen zu minimieren.
Arzneistoffe
- Diclofenac (z. B. als Gel 1–2 %)
- Ibuprofen (z. B. als Gel 5 %)
Topische Anwendung geeignet bei Prellungen, Zerrungen und Verstauchungen. Orale NSAR wie Ibuprofen Tabletten kommen nur bei stärkeren Schmerzen in Frage und sollten kurzzeitig (max. einige Tage) eingesetzt werden.
Beratung
- Gel/Salbe 2–4x täglich dünn auftragen, leicht einmassieren (Hände danach waschen)
- Nicht auf offene Wunden oder Schleimhäute
- Anwendungsdauer: i.d.R. bis zu 7 Tage, wenn keine Besserung → ärztliche Abklärung
- Wirkungseintritt: Innerhalb von 30–60 Minuten zu erwarten
- Nebenwirkungen (topisch): Gelegentlich Hautreizungen, selten allergische Reaktionen. Systemische Nebenwirkungen sind bei topischer Anwendung selten.
- Kontraindikationen: Allergie gegen NSAR, offene Verletzungen
- Interaktionen: Topische Anwendung ist meist unproblematisch. Oral: Vorsicht bei gleichzeitiger Einnahme von Antikoagulanzien, kardiovaskulären Risikopatienten, Ulkusanamnese
- Schwangerschaft: Diclofenac/Ibuprofen topisch im 1. und 2. Trimenon möglich, nicht im 3. Trimenon. Stillzeit: Kurzfristige topische Anwendung möglich, aber großflächige Anwendungen vermeiden.
- Kinder: Anwendung ab jungem Kindesalter möglich, Dosierung altersspezifisch beachten.
Heparinpräparate
Wirkmechanismus
Heparin fördert lokal den Abbau von Blutergüssen (Hämatomen) und wirkt antithrombotisch. Dadurch kann die Rückbildung von Schwellungen und Blutergüssen beschleunigt werden.
Arzneistoffe
- Heparin-Natrium (in Gelen/Salben, z. B. 300–1.000 I.E./g)
Wird unterstützend bei ausgeprägteren Blutergüssen eingesetzt.
Beratung
- 2–3x täglich dünn auf die betroffene Hautpartie auftragen und einmassieren
- Nicht auf offene Wunden anwenden
- Maximal 10 Tage, bei persistierender Schwellung/Schmerz ärztliche Abklärung
- Nebenwirkungen: Gelegentlich Hautreizungen, selten Überempfindlichkeitsreaktionen
- Kontraindikationen: Heparin-Überempfindlichkeit, Blutgerinnungsstörungen
- Vorsicht bei gleichzeitiger Einnahme gerinnungshemmender Arzneimittel (Verstärkung der Blutungsneigung)
- Schwangerschaft und Stillzeit: Nach aktueller Datenlage kurzzeitig vertretbar, jedoch im Zweifel immer Rücksprache mit Arzt
Orale Analgetika (nur bei Bedarf)
Wirkmechanismus
Schmerzlinderung durch systemische Hemmung von Prostaglandinsynthese (NSAR) oder zentrale Analgesie über Hemmung der Prostaglandinbildung im ZNS (Paracetamol).
Arzneistoffe
- Ibuprofen Tabletten (bei stärkeren, nicht anders kontrollierbaren Schmerzen)
- Paracetamol Tabletten (bei Unverträglichkeit oder Kontraindikationen gegen NSAR)
Beratung
- Ausschließlich kurzzeitig (max. wenige Tage), niedrigstmögliche Dosierung
- Einnahme zu oder nach den Mahlzeiten (NSAR) zur Verträglichkeitsverbesserung
- Nebenwirkungen: NSAR – Magenbeschwerden, Blutungsneigung, kardiovaskuläre Risiken; Paracetamol – Lebertoxizität bei Überdosierung
- Kontraindikationen NSAR: Ulkus, Asthma, schwere kardiale/nierenische Einschränkungen, Schwangerschaft ab 3. Trimenon
- Paracetamol: Nicht bei Leberinsuffizienz, Alkoholmissbrauch
- Interaktionen beachten (z. B. NSAR und Antikoagulanzien)
- Bei Kindern und Schwangeren: Dosierung und Wirkstoffauswahl individuell anpassen
Ab wann zum Arzt?
- Starke oder zunehmende Schmerzen, insbesondere unter Belastung
- Deutliche Schwellung/Verfärbung, großflächiges Hämatom
- Gelenkinstabilität, Bewegungseinschränkung oder sichtbare Fehlstellungen
- Taubheit, Gefühlsstörungen, Durchblutungsstörungen im betroffenen Areal
- Keine Besserung nach spätestens 3–5 Tagen trotz Selbstmedikation
- Verdacht auf Knochenbeteiligung (z. B. starke Druckempfindlichkeit über dem Knochen, Krepitation)
- Vorerkrankungen mit erhöhter Blutungsneigung, Einnahme von Antikoagulanzien
- Kinder <6 Jahre, Schwangere im 3. Trimenon oder Stillzeit sollten individuell beurteilt werden
Immer die sichere Versorgung im Blick behalten! Bei Unsicherheiten, „komischem Gefühl“ oder eindeutigen Warnzeichen lieber einmal zu viel als zu wenig zur ärztlichen Abklärung raten.
Zusammenfassung
| Symptomatik | Wirkstoffklassen | Zentrale Beratungsaspekte |
|---|---|---|
| Schmerzen, Schwellung, Hämatom nach Trauma (Prellung, Zerrung, Distorsion) | Topische NSAR (Diclofenac, Ibuprofen) Heparinpräparate Orale Analgetika (Ibuprofen, Paracetamol) |
PECH-Regel sofort umsetzen Gele/Salben dünn auftragen, nicht auf offene Wunden Orale Analgetika nur kurzzeitig und gezielt Warnzeichen kennen und beachten Anwendungsdauer: max. 7 Tage, ansonsten ärztliche Abklärung Schwangere, Kinder, Risikopatienten individuell beurteilen |
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