Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck
Ziele und Rahmenbedingungen der Risikoerfassung
Die standardisierte Risikoerfassung bei hohem Blutdruck ist eine zentrale Dienstleistung in der Apotheke. Sie umfasst neben der Durchführung und Dokumentation einer qualitätsgesicherten Blutdruckmessung auch die patientenorientierte Beratung sowie die Anleitung zur korrekten Selbstmessung. Damit leistest du einen wichtigen Beitrag zur Früherkennung und Betreuung von Personen mit arterieller Hypertonie.
Die Blutdruckmessung sollte in einem ruhigen, abgeschirmten Beratungsraum erfolgen, um vertrauliche Gespräche und eine störungsfreie Messung zu ermöglichen. Ein validiertes Oberarmmessgerät mit Prüfsiegel (z. B. Deutsche Hochdruckliga, ESH, AAMI) ist Standard in der Apotheke. Zur Sicherung eines zuverlässigen Ergebnisses gelten strenge Standards, die durch die Standardarbeitsanweisungen (SOPs) der Bundesapothekerkammer (BAK) und aktuelle Leitlinien vorgegeben werden.
Vorbereitung und Durchführung der Messung
Vor der Messung ist eine strukturierte Vorbereitung entscheidend:
- Der Patient sitzt mindestens fünf Minuten ruhig, mit abgestütztem Rücken und entspanntem, auf einer Tischplatte abgelegtem Arm.
- Das Gespräch sollte während der Ruhephase und der Messung unterbleiben, ebenso sind Smartphone und andere Ablenkungen tabu.
- Belastungen, Koffein, Nikotin und Alkohol sollten mindestens eine Stunde vor der Messung vermieden werden.
Vor Beginn fragst du gezielt nach Faktoren, die das Messergebnis verfälschen können:
- Herzrhythmusstörungen, insbesondere Vorhofflimmern
- Herzschrittmacher
- ausgeprägte arteriosklerotische Veränderungen
- fortgeschrittene Schwangerschaft
Bei solchen Risikokonstellationen kann die oszillometrische Messung fehleranfällig sein und eine manuelle Messung nach Riva-Rocci (auskultatorisch mit Stethoskop) wird empfohlen.
Die richtige Manschettengröße ist unerlässlich: Miss den Oberarm- oder Handgelenksumfang und nutze eine passende Manschette laut Herstellerangaben. Zu kleine oder zu große Manschetten liefern falsche Werte.
Bei der Anwendung:
- Die Manschette wird am freien Oberarm (ohne enge Ärmel, Uhr, Schmuck) angebracht.
- Der untere Rand liegt etwa 3 cm oberhalb der Ellenbeuge, der Schlauch zeigt zur Handfläche/Mittelfinger.
- Handgelenksgeräte sind korrekt auf Herzhöhe zu positionieren (Tisch abstützen, Unterarm leicht gebeugt). Nur für passende Umfänge geeignet!
Bei allen Methoden gilt: Während der Messung nicht sprechen oder bewegen!
Standardisierter Messablauf
Führe grundsätzlich drei Messungen am selben Arm durch. Zwischen den Messungen sollten 1–2 Minuten vergehen, wobei sichergestellt werden muss, dass die Manschette komplett entlüftet ist (bei manuellen Geräten). Bei auskultatorischer Messung beträgt die Ablassgeschwindigkeit etwa 2–3 mmHg/Sekunde.
Für den Messarm gilt:
- Ist kein bevorzugter Arm bekannt, wird initial an beiden Armen gemessen.
- Besteht eine systolische Differenz ≥10 mmHg, sollte künftig am Arm mit dem höheren Wert gemessen werden.
- Ist die Differenz geringer, empfiehlt sich meistens die Messung am Arm mit geringerer Muskelmasse (bei Rechtshändern meist links).
Die wichtigsten Messregeln zusammengefasst:
| Schritt | Durchführung |
|---|---|
| Ruhephase | ≥ 5 Min. entspannt sitzen |
| Manschettenanbringung | korrekte Größe, 3 cm oberhalb Ellenbeuge |
| Positionierung | Arm gestützt, Manschette auf Herzhöhe |
| Gespräche/Ablenkungen | vermeiden vor und während der Messung |
| Anzahl Messungen | 3, im Abstand von 1–2 Minuten |
| Dokumentation | alle Werte, Durchschnitt 2./3. Messung |
Dokumentation & Bewertung
Die Dokumentation umfasst:
- Name des Patienten, Datum und Uhrzeit
- Vorerkrankungen, relevante Arzneimitteltherapie (v. a. Antihypertensiva), Raucherstatus
- verwendeter Messarm, Gerätetyp, ggf. Manschettengröße
- systolische und diastolische Werte, Puls für alle drei Messungen
- Durchschnittswert aus 2. und 3. Messung (Basis für Risikoeinschätzung)
- Hinweise auf Arrhythmien, falls auffällig
- Empfehlung nach Ampelschema (z. B. BAK-Standard); bei Diskrepanz zählt immer die höhere Risikokategorie
Wichtiger Hinweis: Blutdruckwerte oberhalb von 180/110 mmHg sind ein sofortiger ärztlicher Notfall und werden nicht in ein Risikoschema eingeordnet!
Die Daten werden dem Patienten als Dokumentationsbogen mitgegeben, relevante Durchschnittswerte ggf. in einen Blutdruckpass eingetragen und (mit Einwilligung) in der Patientendatei der Apotheke hinterlegt. Für Apothekenmessgeräte ist eine regelmäßige messtechnische Kontrolle im 2-Jahres-Rhythmus Pflicht.
Weise Patienten immer auf die Wahl eines validierten, automatischen Blutdruckmessgeräts hin. Eine Einweisung in der Apotheke – inklusive Durchführung einer Probemessung nach Anleitung – fördert die korrekte Anwendung zu Hause. Nach Möglichkeit wird der Arm für die heimische Routine festgelegt und dokumentiert. Erkläre, dass Blutdruckwerte Schwankungen unterliegen, und vereinbare persönlich sinnvolle Messhäufigkeiten: Zu Beginn oder nach Umstellung 2× täglich vor Arzneimitteleinnahme, bei stabiler Einstellung reicht häufig 1 Messtag pro Woche mit je 2 Messungen morgens und abends.
Häufige Fehlerquellen – Worauf solltest du achten?
- Falsche Manschettengröße (führt zu systematischen Messfehlern)
- Arm/Handgelenk nicht auf Herzhöhe
- Gespräche, Bewegung oder Kälte während der Messung
- Körperliche Belastung, emotionale Belastung oder zu kurze Ruhephase
- Medikamente oder Genussmittel unmittelbar vor der Messung
- Unbekannte oder ignorierte Einflussfaktoren (z. B. Arrhythmien, arterielle Verschlusskrankheit)
Besonders kritisch: Bei Nachweis von Arrhythmien oder bei anderen Störfaktoren immer Rücksprache mit dem betreuenden Arzt und ggf. Nutzung der auskultatorischen Methode.
Kommunikation und Information an den Patienten
Im Beratungsgespräch klärst du folgende Punkte ab:
- Bestehen Vorerkrankungen wie Diabetes, Nierenerkrankungen oder Herzerkrankungen?
- Werden blutdrucksenkende Arzneimittel eingenommen?
- Gibt es gängige Fehlerquellen beim Patienten (z. B. Messgewohnheiten, Umgang mit Gerät)?
- Bei auffälligen Werten: Bestehen Beschwerden wie Kopfschmerz, Übelkeit, Sehstörungen, Luftnot oder Brustschmerz?
Führe strukturiert durch das Gespräch, nimm dir Zeit für Erklärungen und dokumentiere alle relevanten Informationen sorgfältig.
Qualitätsanforderungen und rechtliche Hinweise
Nur qualifiziertes pharmazeutisches Personal darf die Blutdruckmessung in der Apotheke durchführen. Strikte Hygiene, sorgfältiger Datenschutz und die Einhaltung aller Dokumentationspflichten sind dabei ebenso wichtig wie der Nachweis messtechnisch geprüfter Geräte. Die Maßnahme ist ausdrücklich keine ärztliche Diagnostik oder Therapie, sondern dient der Risikoerfassung, Therapiebegleitung und Beratung.
Zusammenfassung
- Durchführung der Blutdruckmessung nach strikten Standards (entspannter Patient, geeigneter Raum, validiertes Gerät, korrekte Manschette)
- Drei Messungen mit richtigen Abständen, Durchschnitt aus 2. und 3. Wert als Entscheidungsbasis
- Dokumentation sämtlicher relevanter Daten, Mitgabe eines Dokumentationsbogens/BP-Passes
- Individuelle Beratung zur Selbstmessung, Anleitung zur richtigen Anwendung und Interpretation
- Aufklärung über kritische Werte und sofortige ärztliche Weiterleitung bei Notfällen (>180/110 mmHg)
- Stets die höheren Risikokategorien priorisieren, bei Unsicherheiten ärztliche Rückkopplung wählen
- Regelmäßige Kontrolle der Geräte sowie kontinuierliche Fortbildung und Qualitätssicherung im Apothekenteam
Mit fundierter und empathischer Beratung unterstützt du Patienten aktiv beim Management ihres Blutdrucks und verhinderst potenzielle Risiken frühzeitig!
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