Kopfschmerzen (Spannungskopfschmerzen)

Krankheitsbild

Spannungskopfschmerzen sind die häufigste Kopfschmerzform und zeichnen sich klinisch durch einen dumpfen, drückenden, meist beidseitigen Schmerz aus, der oft wie ein Band um den Kopf empfunden wird (“pressend, nicht pulsierend”). Typischerweise fehlen Übelkeit, Erbrechen und stärkere Licht- oder Lärmempfindlichkeit. Es handelt sich um primäre Kopfschmerzen, das heißt, sie treten ohne zugrunde liegende organische Ursache auf. Pathophysiologisch werden Verspannungen und eine veränderte Schmerzwahrnehmung diskutiert.

Auslöser können Stress, Schlafmangel, Muskelverspannungen, körperliche Fehlhaltungen oder Veränderungen im Tagesrhythmus sein. Ziel der Selbstmedikation ist die akute Symptomlinderung und Unterstützung der Selbstheilung, solange keine Warnzeichen (Red Flags) vorliegen. Die primäre Aufgabe ist es, den Schmerz kontrollierbar zu machen und die Funktionsfähigkeit wiederherzustellen. Entscheidend ist die klare Abgrenzung zu Migräne, sekundären Kopfschmerzen (z. B. durch Infektionen, Bluthochdruck, Trauma) oder medikamentenbedingten Kopfschmerzen, bei denen die Ursache im Vordergrund steht und eine ärztliche Abklärung erforderlich ist.

Pharmazeutische Anamnese

Vor der Abgabe von Analgetika sollten folgende Aspekte abgeklärt werden:

  • Art und Lokalisation: Dumpf-drückender, beidseitiger Schmerz spricht für Spannungskopfschmerz, einseitiger oder pulsierender Schmerz eher für Migräne.
  • Dauer und Häufigkeit: Wie lange bestehen die Beschwerden und wie oft treten sie auf? Kommt es zu häufigen Kopfschmerztagen (>10/Monat)?
  • Schweregrad: Wie stark beeinträchtigt der Schmerz den Alltag?
  • Begleitsymptome: Fehlen Übelkeit, Licht- oder Lärmsensitivität? Gibt es Warnsymptome wie Sehstörungen, Lähmungen, Fieber oder Nackensteife?
  • Vorerkrankungen: Bekannte Grunderkrankungen (z. B. Leber-, Nierenprobleme, Gerinnungsstörungen, Asthma)?
  • Risikokonstellationen: Schwangerschaft, Stillzeit, Alter, Kinder und Jugendliche?
  • Aktuelle Arzneimitteltherapie: Besteht bereits eine längerfristige (Selbst-)Medikation mit Analgetika? Gibt es mögliche Wechselwirkungen?

Diese Informationen sind entscheidend, um die Eignung einer Selbstmedikation sicher einzuschätzen und um einen gefährlichen Verlauf oder mögliche Kontraindikationen frühzeitig zu erkennen.

Nichtmedikamentöse Basismaßnahmen

Nichtmedikamentöse Empfehlungen unterstützen die Arzneimitteltherapie und können Beschwerden reduzieren oder einem Wiederauftreten vorbeugen:

  • Stressabbau, regelmäßige Pausen, Entspannungsverfahren (z. B. progressive Muskelrelaxation)
  • Ausreichend Schlaf und Einhaltung eines stabilen Tagesrhythmus
  • Korrekte Flüssigkeitszufuhr
  • Ausdauersport oder regelmäßige Bewegung
  • Vermeidung von übermäßigem Koffeinkonsum oder starkem Koffeinentzug
  • Ernährung: regelmäßige Mahlzeiten, keine spezifischen Eliminationsdiäten notwendig
  • Führen eines Kopfschmerztagebuchs zur Erkennung von Mustern und Triggern
  • Lokale Kühl- oder Wärmeanwendung im Nacken-Schulter-Bereich
  • Pfefferminzöl lokal auf Schläfen/Stirn (ergänzend möglich)
  • Vorsicht bei manuellen Maßnahmen im HWS-Bereich, nur in fachkundige Hände

Arzneimittel

Wirkmechanismus

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)

NSAR wie Ibuprofen, Acetylsalicylsäure (ASS), Naproxen oder Diclofenac hemmen die Cyclooxygenasen (COX-1/COX-2) und damit die Bildung proinflammatorischer Prostaglandine. Sie wirken schmerzlindernd, entzündungshemmend und fiebersenkend. Ziel ist die Unterdrückung der Schmerzleitung und der Prostaglandin-vermittelten Sensibilisierung der Nozizeptoren, was die Hauptsymptome bei Spannungskopfschmerzen deutlich mindern kann.

Diese Wirkstoffgruppe stellt die Standardtherapie für akute Spannungskopfschmerzen in der Selbstmedikation dar.

Paracetamol

Paracetamol wirkt überwiegend zentral analgetisch und antipyretisch, eine nennenswerte antientzündliche Komponente fehlt. Der exakte Wirkmechanismus ist nicht eindeutig geklärt, vermutlich wird die Prostaglandinsynthese im ZNS moduliert. Paracetamol ist eine Option, wenn NSAR ungeeignet sind (z. B. Unverträglichkeit, Kontraindikationen wie GI-Blutung oder Asthma).

Ergänzende und adjuvante Optionen

Pyrazolon-Derivate (z. B. Phenazon, Propyphenazon) werden selten und meist nur bei Unverträglichkeit der vorgenannten Analgetika genutzt, da sie ein ungünstigeres Nebenwirkungsprofil (insbes. Blutbildveränderungen) aufweisen und die Evidenz vergleichsweise schwach ist.

Koffein, als Adjuvans in Kombinationspräparaten, kann die schmerzlindernde Wirkung verstärken, erhöht aber auch das Risiko für Nebenwirkungen (z. B. Schlaflosigkeit) und Kopfschmerzen bei Entzug/Übergebrauch.

Arzneistoffe

  • Ibuprofen: Tabletten, Kapseln, Saft (Dosis: Erwachsene meist 200–400 mg, max. 1200 mg/d in Selbstmedikation)
  • Paracetamol: Tabletten, Kapseln, Zäpfchen, Saft (Dosis: Erwachsene 500–1000 mg, max. 4 g/d; Einzeldosis und Tageshöchstdosis unbedingt beachten!)
  • Acetylsalicylsäure (ASS): Tabletten, Brausetabletten (Einzeldosis typ. 500–1000 mg, max. 3 g/d)
  • Naproxen: Tabletten (Einzeldosis typ. 250–500 mg, max. 750–1000 mg/d)
  • Diclofenac: Tabletten, selten als Gel zur lokalen Anwendung (dann nicht wirksam bei Kopfschmerzen)
  • Pyrazolonderivate: Nur bei Unverträglichkeit, Vorsicht wegen Nebenwirkungen
  • Kombipräparate mit Koffein: Auf kombinierten Effekt und Risiko für Übergebrauch achten

Typische Applikationsformen sind Tabletten, Kapseln oder, insbesondere für Kinder, Säfte und Zäpfchen.

Beratung

  • Arzneimittel nur zur Akutbehandlung einsetzen, nicht länger als nötig. Maximal 10 Einnahmetage pro Monat, sonst droht Analgetika-Übergebrauchskopfschmerz.
  • Einnahme am besten frühzeitig im Schmerzanfall, nicht auf nüchternen Magen (NSAR!).
  • Paracetamol ist das Mittel der Wahl bei Unverträglichkeit von NSAR, Schwangerschaft (nach Rücksprache) oder Magenproblemen. Leberschädigung bei Überdosierung möglich! Keine Kombination mit anderen paracetamolhaltigen Arzneimitteln.
  • NSAR (z. B. Ibuprofen, ASS, Naproxen, Diclofenac) können Magenbeschwerden, selten Ulcera auslösen. NSAR vermeiden bei Magenulcus, Blutungsneigung, Asthma, Niereninsuffizienz oder schweren Herzproblemen.
  • ASS vermeiden im Kindes- und Jugendalter bei fieberhaften Infekten (Reye-Syndrom), während der Schwangerschaft (letztes Drittel!) und bei Blutungsstörungen.
  • NSAR führen bei Flüssigkeitsmangel und reduzierter Nierenfunktion schneller zu Nierenschäden.
  • Warnung vor Kombination mehrerer Analgetika ohne Rücksprache.
  • Kombinationspräparate mit Koffein können Übergebrauchskopfschmerz fördern, aber kurzfristig die Wirkung steigern.
  • Pfefferminzöl nur äußerlich anwenden (Schläfen, Stirn), Augenkontakt vermeiden, Kinder unter 6 Jahren nicht verwenden (Gefahr von Atemproblemen).
  • Bei älteren Menschen, Schwangeren (v. a. im letzten Trimenon keine NSAR) und bei chronischen Erkrankungen ist besondere Vorsicht und Rücksprache mit dem Arzt geboten.
TipAnalgetika-Übergebrauchskopfschmerz

Wird ein Schmerzmittel an mehr als 10 Tagen im Monat eingenommen, kann sich ein eigenständiger medikamentenbedingter Kopfschmerz entwickeln. Es droht ein Teufelskreis aus Kopfschmerz und steigender Schmerzmitteleinnahme. Deshalb gezielt und kontrolliert Analgetika einsetzen und über diese Gefahr aufklären!

Ab wann zum Arzt?

  • Erstsymptom plötzlicher, starker oder noch nie erlebter Kopfschmerz
  • Neuauftreten neurologischer Symptome: Lähmungen, Sprach- oder Sehstörungen, Bewusstseinsveränderungen
  • Starke Schmerzen mit Nackensteife, Fieber, anhaltendem Erbrechen, Schwindel, Bewusstseinsverlust
  • Kopfschmerz nach Trauma/Unfall
  • Nächtliche Schmerzspitzen, die aus dem Schlaf wecken
  • Schwangere, Wöchnerinnen (Risikosituationen)
  • Kinder und Jugendliche unter 12 Jahren
  • Zunahme der Schmerzhäufigkeit: Bei Kopfschmerzen an mehr als 10 Tagen/Monat oder regelmäßigem Gebrauch von Analgetika
  • Keine Besserung oder progrediente Verschlechterung trotz Selbstmedikation nach spätestens 3 bis 5 Tagen
  • Vorerkrankungen mit erhöhter Blutungsneigung, Asthma, Leber-, Nieren- oder Herzerkrankungen
  • Unsicherheit in der Zuordnung der Beschwerden

Zusammenfassung

Zentrale Symptome Wichtige Wirkstoffklassen Kernaussagen zur Beratung
Beidseitig, dumpf-drückend NSAR (Ibuprofen, ASS, Einnahme frühzeitig, max. 10 Tage/Monat, Warnzeichen für Arztbesuch
Kopfschmerz, ohne Aura Naproxen, Diclofenac) NSAR nicht bei Ulcus, Asthma, Niereninsuffizienz
Keine Übelkeit/Erbrechen Paracetamol Paracetamol bevorzugt bei Magenproblemen/Schwangerschaft, Leberrisiko
Keine neurologischen Defizite Pyrazolonderivate (selten) ASS nicht für Kinder/Jugendliche, keine Dauereinnahme
Koffein (Kombi, adjuvant) Übergebrauch vermeiden, Kombipräparate mit Vorsicht einsetzen
Typische Trigger: Pfefferminzöl (topisch) Bei Unsicherheit oder Warnzeichen ärztlich abklären
Stress, Schlafmangel, Nichtmedikamentöse Maßnahmen ergänzen, Kopfschmerztagebuch führen
Verspannung

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