Kopfläuse (Pediculosis capitis)
Krankheitsbild
Kopfläuse (Pediculosis capitis) sind Ektoparasiten, die ausschließlich auf der menschlichen Kopfhaut leben und dort Blut saugen. Besonders betroffen sind Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter, Übertragungen finden fast immer durch direkten Kopf-zu-Kopf-Kontakt statt. Ein Befall hat keinen Bezug zu mangelnder Hygiene, sondern ist ein alltägliches Problem.
Das wichtigste Leitsymptom ist starker Juckreiz, ausgelöst durch eine allergische Reaktion auf den Speichel der Läuse. Typischerweise nisten die Tiere und ihre Eier (Nissen) im Nacken und hinter den Ohren.
Klinisch relevant sind: - Juckreiz und Kratzen, oft mit Hautirritationen oder -entzündungen durch bakterielles Eindringen - Sichtbare Nissen, die als helle oder bräunliche Hüllen eng am Haarschaft kleben - Gelegentlich Nachweis lebender Läuse beim Auskämmen
Nach ca. einer Woche schlüpfen aus den Eiern neue Larven, deshalb ist für eine effektive Behandlung die Wiederholung der Anwendung erforderlich, um nachgeschlüpfte Läuse zu erfassen.
Therapieziele: - Effektive Abtötung aller lebenden Läuse und ihrer Eier - Symptomlinderung (Juckreiz, Hautläsionen verhindern) - Verhinderung der Ausbreitung im sozialen Umfeld
Die Selbstmedikation kann eine zuverlässige Elimination der Läuse sicherstellen. Die Behandlung bakterieller Sekundärinfektionen oder eine persistierende Symptomatik geht jedoch über den Rahmen der Selbstmedikation hinaus.
Pharmazeutische Anamnese
Für die sichere Zusammenarbeit und Arzneimittelwahl ist eine gezielte Anamnese zentral. Folgende Punkte solltest du aktiv abfragen:
- Art und Dauer des Juckreizes: Wann begonnen? Seit wie vielen Tagen?
- Bisherige Maßnahmen: Wurde schon ein Läusemittel verwendet? Wenn ja, welches, wie oft, wann zuletzt?
- Nachweis lebender Läuse: Wurden tatsächlich lebende Läuse gesehen oder nur Nissen? (Nissen können leere Hüllen sein!)
- Enge Kontaktpersonen: Gibt/gab es Kopfläuse im Umfeld (Familie, Kindergartengruppe, Schule)?
- Schweregrad und Begleiterscheinungen: Entzündete, nässende oder eitrige Stellen? Fieber/Symptome einer Allgemeininfektion?
- Vorerkrankungen, Allergien: Insbesondere Hauterkrankungen der Kopfhaut
- Alter: Besonderheiten bei Säuglingen/Kleinkindern beachten!
- Schwangerschaft/Stillzeit: Hier sind bevorzugt physikalisch wirkende Mittel indiziert, ggf. ärztliche Rücksprache nötig.
- Aktuelle Medikation: Vor allem topische Arzneimittel auf der Kopfhaut
Deine Entscheidung zur Produktauswahl und weiteren Maßnahmen hängt entscheidend von diesen Antworten ab.
Nichtmedikamentöse Basismaßnahmen
Mehrere unterstützende, aber nicht primär wirksame Maßnahmen sind sinnvoll:
- Nasses Auskämmen: Mit einem engzinkigen Läusekamm Haare Strähne für Strähne systematisch (idealerweise unter Verwendung einer Pflegespülung) auskämmen, um Läuse und Nissen zu entfernen. Mehrfach pro Woche über mindestens zwei Wochen.
- Reinigung persönlicher Gegenstände: Kämme, Haarbürsten, Haargummis und Kopfbedeckungen gründlich reinigen (z.B. auskochen oder in heißem Wasser > 60°C mindestens 5 min), Textilien in der Maschine waschen (mind. 60°C) oder 3 Tage luftdicht aufbewahren.
- Hygiene: Normale Reinigung im Haushalt genügt; Insektizidsprays sind nicht erforderlich und nicht empfehlenswert.
- Information des sozialen Umfelds: Enge Kontaktpersonen und ggf. Betreuungseinrichtungen informieren, damit gegebenenfalls eine Behandlung aller Betroffenen koordiniert werden kann.
Arzneimittel
Zur Behandlung der Kopfläuse stehen in der Selbstmedikation zwei zentrale Wirkprinzipien zur Verfügung:
Wirkmechanismus
Physikalisch wirkende Präparate
Diese Mittel basieren meist auf Dimeticon oder anderen Silikonölen. Sie umhüllen die Läuse und verschließen deren Atemöffnungen. Dadurch sterben die Parasiten an Ersticken/Dehydratation ab.
Da sie rein physikalisch wirken, tritt keine Resistenzbildung auf. Die Substanzen werden kaum über die Haut aufgenommen und gelten als gut verträglich.
Therapeutische Wirkung: Abtötung der beweglichen Läuse und der Eier im Haar (je nach Präparat mit variabler Wirksamkeit gegen Eier).
Stellenwert: Mittel der ersten Wahl aufgrund fehlender systemischer Nebenwirkungen und Resistenzproblematik.
Neurotoxisch wirkende Insektizide (z. B. Permethrin)
Diese Präparate greifen in das Nervensystem der Läuse ein (Blockade spannungsabhängiger Natriumkanäle), sodass Lähmungen und der Tod der Parasiten eintreten.
Stellenwert: Alternative bei Unverträglichkeit, Therapieversagen oder fehlendem Ansprechen auf physikalisch wirkende Mittel. Resistenzentwicklung ist ein zunehmendes Problem.
Arzneistoffe
Physikalisch wirkende Präparate
- Dimeticon (verschiedene Konzentrationen, meist als Shampoo oder Lösung)
- Cyclomethicon, andere Silikon- oder Mineralölpräparate
Typische Darreichungsformen: Lösung, Gel, Spray, Shampoo. Diese gibt es als Arzneimittel und Medizinprodukte.
Neurotoxisch wirkende Insektizide
- Permethrin (1% zur topischen Anwendung, Creme oder Lösung)
Weniger gebräuchlich, da Resistenzraten steigen und mehr Nebenwirkungen möglich sind.
Beratung
- Vollständiges Benetzen: Das gesamte trockene Haar inkl. Kopfhaut muss gründlich und großzügig mit dem Präparat bedeckt werden.
- Einwirkzeit: Nach Vorgabe des jeweiligen Produkts, meist zwischen 10 und 60 Minuten.
- Ausspülen und nasses Auskämmen: Nach der Einwirkzeit sorgfältiges Ausspülen (ggf. mit Shampoo) und anschließend systematisches Auskämmen mit einem Läusekamm zur Entfernung abgestorbener Läuse und Nissen.
- Wiederholungsbehandlung: Immer nach 8–10 Tagen erneut die Behandlung durchführen, um nachgeschlüpfte Läuse zu erfassen.
- Anwendungsdauer: Häufig genügt die Behandlung mit Wiederholung, insgesamt ca. 2 Wochen Verlaufskontrolle empfohlen.
- Nebenwirkungen: Physikalische Mittel sind meist gut verträglich; gelegentlich lokale Hautreizungen. Permethrin kann Brennen oder Jucken verursachen.
- Kontraindikationen: Permethrin nicht bei Allergie gegen Chrysanthemen oder Pyrethroide, Vorsicht bei Schwangerschaft/Stillzeit, Kleinkindern unter 2 Jahren.
- Wechselwirkungen: Selten relevant bei den zugelassenen topischen Mitteln, aber übermäßige Anwendung oder Kombination mehrerer Mittel vermeiden.
- Risikogruppen: Für Säuglinge und Kleinkinder, Schwangere und Stillende wird Dimeticon bevorzugt empfohlen; ggf. Anwendung nach ärztlicher Rücksprache.
- Kontaktpersonen: Alle engen Kontaktpersonen sollten auf Befall kontrolliert und ggf. mitbehandelt werden, um Reinfektionen zu vermeiden.
- Gemeinschaftseinrichtungen: Information an Kita/Schule zur Koordination weiterer Maßnahmen.
- Prophylaxe: Keine prophylaktische Anwendung von Läusemitteln empfohlen; regelmäßige Kontrollen bei engen Kontakten.
Die konsequente Durchführung der Wiederholungsanwendung nach 8–10 Tagen und das strukturierte nasse Auskämmen nach jeder Anwendung sind entscheidend, um nachschlüpfende Läuse zu erfassen und einen Therapieerfolg zu sichern.
Ab wann zum Arzt?
- Warnzeichen: Nässende, eitrige, stark gerötete Hautstellen (Verdacht auf bakterielle Superinfektion)
- Allgemeinsymptome: Fieber, Lymphknotenschwellung oder Krankheitsgefühl
- Verschlechterung: Keine Besserung trotz korrekter und wiederholter Anwendung
- Anhaltende Unsicherheit: Befall bei Säuglingen, sehr kleinen Kindern, in Schwangerschaft oder Stillzeit
- Unklare Diagnose: Nur Nissen, aber keine lebenden Läuse nachweisbar, Unsicherheit beim Handling
- Risikogruppen: Immunsupprimierte, Patienten mit chronischen Hauterkrankungen
- Wiederholte Reinfestation trotz korrekter Durchführung und Mitbehandlung des Umfelds
- Nebenwirkungen: Starke Reaktionen auf die angewendeten Präparate
In diesen Fällen sollte immer eine ärztliche Abklärung erfolgen, ggf. mit Spezialtherapie oder Behandlung von Komplikationen.
Zusammenfassung
| Zentrale Symptome | Wichtige Wirkstoffklassen | Kernaussagen zur Beratung |
|---|---|---|
| - Starker Juckreiz | - Physikalisch: Dimeticon (Mittel 1. Wahl) | - Haare und Kopfhaut vollständig benetzen |
| - Nissen im Haar | - Neurotoxisch: Permethrin (nur Reserve) | - Einwirkzeit und wiederholte Anwendung (8–10 Tage) beachten |
| - Sichtbare Läuse | - Nasses Auskämmen nach jeder Behandlung | |
| - Hautirritationen | - Kontaktpersonen kontrollieren/mitbehandeln | |
| - Kontakt zu Schule/Kita, Rückkehr nach Erstbehandlung möglich | ||
| - Übertriebene Umweltmaßnahmen vermeiden | ||
| - Zum Arzt bei Therapieversagen, Infektion, besonderen Risiken |
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