Orale Candidose (Mundsoor)

Krankheitsbild

Die orale Candidose („Mundsoor“) ist eine häufige, meist lokal begrenzte, Pilzinfektion der Mund- und Rachenschleimhaut. Auslöser ist in den meisten Fällen Candida albicans, eine Hefe, die als Teil der normalen Mundflora vorkommen kann. Klinisch wird Mundsoor bei Vorliegen bestimmter Risikofaktoren relevant:

  • Leitsymptome: Abwischbare, weißlich-gelbliche Beläge auf Zunge, Gaumen, Wangenschleimhaut; manchmal nur Rötung (bei Prothesenträgern); mundbrennen, pelziges Gefühl, Geschmacksstörungen, seltener Schmerzen oder Schluckbeschwerden.
  • Pathophysiologie: Eine Störung des lokalen Gleichgewichts (z. B. gestörte Mukosa, Reduzierung der bakteriellen Normalflora oder Immunsuppression) ermöglicht übermäßiges Pilzwachstum.
  • Ursachen: Häufige Auslöser sind Prothesen, mangelnde Mundhygiene, Antibiotikatherapie, Inhalationsglukokortikoide (ohne Mundspülung), Diabetes mellitus, Xerostomie (Mundtrockenheit durch anticholinerge Arzneistoffe), Säuglingsalter, Immunsuppression (Alter, Chemotherapie, HIV).
  • Therapieziele: Linderung der Beschwerden, Rückbildung der Beläge und Schleimhautläsionen, Vermeidung der Ausbreitung und Reduktion der Rückfallgefahr durch Ausschalten von Risikofaktoren.

Eine Behandlung in der Selbstmedikation ist nur bei eindeutigem, unkompliziertem Verlauf angebracht. Systemische Therapien, schwerer Verlauf, rezidivierende oder besonders gefährdete Patienten gehören in ärztliche Behandlung.

Pharmazeutische Anamnese

Vor Therapiebeginn müssen folgende Punkte gezielt abgeklärt werden, um eine sichere und zielführende Empfehlung abzugeben:

  • Art, Dauer und Verlauf: Wie äußern sich die Beschwerden (Belag/Rötung/Brennen)? Wie lange bestehen sie bereits? Gab es bereits ähnliche Episoden?
  • Schweregrad und Beeinträchtigung: Sind Schluckbeschwerden, Schmerzen oder Einschränkungen beim Essen/Trinken vorhanden?
  • Begleitsymptome: Treten Fieber, allgemeines Krankheitsgefühl oder Befall außerhalb der Mundhöhle auf?
  • Vorerkrankungen/Risikofaktoren: Diabetes, Krebs, HIV, bekannte Immunschwäche, anhaltende Mundtrockenheit, kürzliche Antibiotika- oder Steroidtherapie, Tragen von Zahnersatz?
  • Alter, Schwangerschaft, Stillzeit: Besonders bei Säuglingen, Schwangeren oder Stillenden gibt es Einschränkungen bei der Auswahl.
  • Medikation: Vor allem Inhalationsglukokortikoide, Anticholinergika, Diabetesmedikation und andere Immunsuppressiva. Einnahme weiterer Arzneimittel (auf Interaktionen prüfen, vor allem bei Azol-Antimykotika).

Die Anamnese ist unerlässlich, um eine eigenständige Therapieentscheidung zu treffen, Risikopatienten zu erkennen und gegebenenfalls an den Arzt zu verweisen.

Nichtmedikamentöse Basismaßnahmen

Begleitend zur gezielten medikamentösen Therapie sind folgende Maßnahmen für den Heilungserfolg entscheidend:

  • Konsequente Mund- und Zahnhygiene: Mehrmaliges tägliches Zähneputzen, Verwendung von milden Zahnpasten, regelmäßige Zungenreinigung.
  • Prothesen- und Gerätehygiene: Prothesen, Zahnspangen und, bei Kindern, Sauger/Flaschenkappen regelmäßig und gründlich reinigen bzw. sterilisieren.
  • Vermeidung fördernder Faktoren: Nach Inhalation von Glukokortikoiden immer den Mund spülen. Bei Mundtrockenheit (z. B. infolge Medikamente) für ausreichende Speichelbefeuchtung sorgen.
  • Ernährung: Zuckerarme Ernährung unterstützt die Kontrolle der Hefebesiedelung.
  • Hygienische Maßnahmen bei Säuglingen: Keine Sauger/Beißringe ablecken, Spielsachen regelmäßig reinigen.

Antiseptische Mundspüllösungen können unterstützend verwendet werden, ersetzen aber keine antimykotische Therapie.

Arzneimittel

Polyen-Antimykotika

Wirkmechanismus

Polyen-Antimykotika wie Nystatin binden spezifisch an Ergosterol in der Pilzmembran und führen durch Störung der Membranstruktur zu einem „Leck“ in der Zellhülle. Dies zerstört die Pilzzellen direkt. Die Wirkung bleibt dabei fast ausschließlich lokal, da Nystatin praktisch nicht aus dem Magen-Darm-Trakt aufgenommen wird.

Arzneistoffe

  • Nystatin (Suspension, Lutschtabletten, Mundgel): Goldstandard bei unkompliziertem Mundsoor; geeignet für alle Altersgruppen inkl. Säuglingen, sowie in Schwangerschaft/Stillzeit.
  • Weitere Polyene (Amphotericin B lokal) sind i. d. R. ärztliche Therapieoptionen.

Beratung

  • Anwendung: Suspension, Gel oder Lutschtablette im Mund für etwa 1–2 Minuten einwirken lassen, nicht sofort schlucken oder ausspucken; Einnahme 4x täglich nach Mahlzeiten bzw. Zähneputzen.
  • Dauer: 7–14 Tage, mind. 2 Tage über komplette Beschwerdefreiheit hinaus.
  • Wirkungseintritt: Innerhalb weniger Tage erwartet.
  • Nebenwirkungen: Selten lokale Irritationen, allergische Reaktionen extrem selten.
  • Kontraindikationen: Überempfindlichkeit gegen Nystatin.
  • Wechselwirkungen: Keine relevanten Interaktionen, da keine systemische Aufnahme.
  • Hinweise Risikogruppen: Auch für Schwangere, Stillende, Säuglinge geeignet (je nach Zubereitung; Dosierung beachten).

Azol-Antimykotika

Wirkmechanismus

Azole wie Miconazol hemmen die Ergosterolsynthese in Pilzen und greifen so ebenfalls die Zellmembran an, allerdings indirekt. Dies führt zum Absterben der Hefepilze. Miconazol wird bei lokaler Anwendung teilweise resorbiert, was Einfluss auf Therapie und Interaktionspotenzial hat.

Arzneistoffe

  • Miconazol (Mundgel): Als Alternative, insbesondere wenn eine Ausbreitung vermutet wird.
  • Weitere Azole (Fluconazol systemisch) sind ärztlichen Therapien vorbehalten.

Beratung

  • Anwendung: Gel wird 4x täglich nach dem Putzen sorgfältig im Mund verteilt und möglichst lang auf der Schleimhaut gehalten.
  • Dauer: 7–14 Tage, Therapie noch mind. 2 Tage nach Abklingen der Symptome weiterführen.
  • Wirkungseintritt: Erste Besserung meist nach 2–4 Tagen.
  • Nebenwirkungen: Gelegentlich Irritation, selten allergische Reaktionen. Systemische Nebenwirkungen bei umfangreicher Anwendung möglich.
  • Kontraindikationen: Überempfindlichkeit, Leberschäden, gleichzeitige Therapie mit bestimmten Arzneistoffen (u. a. Statine, orale Antikoagulanzien, einige Antikonvulsiva).
  • Wechselwirkungen: Miconazol hemmt CYP-Enzyme, relevante Wechselwirkungen mit zahlreichen Arzneistoffen (z. B. oralen Antikoagulanzien, Statinen, bestimmten Psychopharmaka). Unbedingt Medikationscheck!
  • Hinweise Risikogruppen: In Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Multimedikation Rücksprache mit dem Arzt.

Analgetika/Lokalanästhetika zur Begleittherapie

Bei schmerzhaften Verläufen können kurzzeitig Paracetamol oder Ibuprofen eingenommen werden. Lokalanästhetische Mundgele sind nur zur symptomatischen Linderung geeignet, nicht zur Monotherapie.

Ab wann zum Arzt?

Folgende Situationen erfordern eine ärztliche Abklärung und schließen Selbstmedikation aus:

  • Sehr schmerzhafte Verläufe, ausgeprägte Schluckbeschwerden, Fieber oder Zeichen einer Ausbreitung
  • Wiederholte oder langanhaltende Episoden, Therapieversagen oder keine Besserung nach 5–7 Tagen trotz korrekter Anwendung
  • Patienten mit erheblicher Immunsuppression, unklarer Ursache, Säuglinge mit Risikokonstellationen
  • Verdacht auf andere Ursachen (bakterielle oder virale Infektionen, untypische Schleimhautveränderungen)
  • Bekannte Arzneistoffunverträglichkeiten oder relevante Wechselwirkungen bei bestehender Therapie
  • Schwangerschaft/Stillzeit bei geplanter Anwendung von Azolen

Ein systemischer Therapiebeginn gehört immer in ärztliche Hand.

Zusammenfassung

Zentrale Symptome Beläge, Brennen, pelziges Gefühl, teils Rötung (ohne Belag), ggf. Schluckbeschwerden
Wichtige Wirkstoffklassen Polyene (Nystatin), Azole (Miconazol)
Kernaussagen zur Beratung - Lokal und ausreichend lange anwenden (7–14 Tage, 2 Tage über Beschwerdefreiheit hinaus)
- Korrekte Mund-/Prothesenhygiene ist essentiell
- Bei Polyenen keine relevanten Interaktionen, bei Azolen potentiell erhebliche Interaktionen und Vorsicht bei Multimedikation
- Nach Inhalationskortikoiden immer Mund spülen
- Säuglinge, Schwangere, Immungeschwächte: ärztliche Rücksprache bei Unsicherheiten
- Arztbesuch bei schwerem Verlauf, fehlender Besserung oder Risikofaktoren erforderlich

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