Husten (trocken und produktiv)

Krankheitsbild

Husten ist ein angeborener Schutzreflex der Atemwege, der das Ziel hat, Schleim und Fremdkörper aus Luftröhre und Bronchien zu entfernen. Aus pharmazeutischer Sicht ist es wichtig, zwischen trockenem (unproduktivem) und produktivem Husten zu unterscheiden.

Ein trockener Husten (Reizhusten) tritt vor allem zu Beginn viraler Infektionen oder durch Reizung auf und ist nicht von Auswurf begleitet. Typischerweise ist der Husten stoßartig, schmerzhaft und erschöpfend, ohne dass Schleim abgehustet wird.

Im weiteren Verlauf, etwa bei einer akuten Bronchitis, wird der Husten oft produktiv: Der Körper produziert Sekret (Sputum), das abgehustet werden soll („Reinigung der Bronchien“).

Die Hauptauslöser in der Selbstmedikationspraxis sind unkomplizierte Infekte der oberen Atemwege. Auch Rauchen, Schadstoffe und bestimmte Arzneimittel können Husten verursachen.

Therapeutisches Ziel der Selbstmedikation sind in erster Linie die Symptomlinderung und Unterstützung der Selbstheilung durch Förderung des Sekretabtransports oder Reduktion des quälenden Reizhustens. Eine ursächliche Therapie gibt es in der Selbstmedikation meist nicht.

Selbstmedikation kann Husten nur symptomatisch behandeln. Bei Anzeichen für schwerere oder chronische Erkrankungen ist eine ärztliche Abklärung zwingend.

Pharmazeutische Anamnese

Vor der Auswahl eines Arzneimittels ist eine systematische Anamnese entscheidend. Typische Fragen im Beratungsgespräch sind:

  • Wann und wie begann der Husten? Ist er eher trocken oder ist Auswurf vorhanden?
  • Wie lange besteht der Husten bereits?
  • Wie stark ist die Beeinträchtigung? Gibt es nächtlichen Hustenreiz oder stört der Husten den Schlaf?
  • Welche Farbe und Konsistenz hat der Auswurf (falls vorhanden)? Ist Blut beigemengt?
  • Gibt es Begleitsymptome wie Fieber, Atemnot, Brustschmerzen, Halsschmerzen, Heiserkeit?
  • Bestehen chronische Krankheiten (Asthma, COPD, Herzerkrankungen, Nierenerkrankungen)?
  • Besteht Schwangerschaft oder wird gestillt?
  • Welche Arzneimittel werden eingenommen? Gibt es Wechselwirkungen, z. B. mit ACE-Hemmern?
  • Wie alt ist der Patient bzw. die Patientin (besondere Vorsicht bei Kindern und älteren Menschen)?
  • Wurde bereits eine Selbstmedikation versucht? Welche Maßnahmen wurden bereits ergriffen?

Aus diesen Antworten ergibt sich, ob eine Selbstmedikation angezeigt ist oder dringend ein Arztbesuch empfohlen werden muss.

Nichtmedikamentöse Basismaßnahmen

  • Verzicht auf Rauchen und Meidung von Schadstoffen oder Staub
  • Frische Luft, regelmäßiges Lüften, ausreichende Luftfeuchtigkeit in Wohnräumen
  • Ausreichende, aber an die individuelle Situation angepasste Flüssigkeitszufuhr (keine Überwässerung bei Herz-/Nierenerkrankungen)
  • Inhalationen mit warmem Wasserdampf oder isotoner Kochsalzlösung zur Befeuchtung der Schleimhäute
  • Vermeidung stark reizender Zusätze (z. B. bestimmte ätherische Öle bei Kindern oder Asthmatikern)
  • Gutes Hygieneverhalten: Husten in die Armbeuge, häufiges Händewaschen
  • Evtl. Nutzung von Honig zur Linderung des Reizhustens (Verbot bei Kindern <1 Jahr)
  • Schonung, moderate körperliche Aktivität (kein Leistungssport während Beschwerden)

Arzneimittel

Wirkmechanismus

Antitussiva (Hustenstiller, zentral wirkend)

Unterdrücken den Hustenreflex im Gehirn, v. a. auf Höhe des Hustenzentrums im Hirnstamm. Geeignet zur Behandlung von quälendem, trockenem Husten, insbesondere nachts, wenn Husten den Schlaf erheblich stört. Sie verhindern jedoch den Sekrettransport – daher nicht bei produktivem Husten anwenden.

Expektoranzien/Mukolytika (Schleimlöser)

Setzen am Sekret in den Bronchien an: Sie sollen zähes Sekret verflüssigen (mukolytisch) oder die Schleimproduktion und den Sekrettransport unterstützen (sekretolytisch bzw. sekretomotorisch). Ziel ist ein effizienterer Abtransport von Schleim.

Phytotherapeutika

Enthalten pflanzliche Extrakte mit sekretolytischen, sekretomotorischen oder reizlindernden Eigenschaften. Einige wirken mild entzündungshemmend oder spasmolytisch. Schleimstoffdrogen (z. B. Eibisch, Spitzwegerich) legen sich schützend über die gereizte Schleimhaut.

Arzneistoffe

Wirkstoffklasse Beispielwirkstoffe Typische Darreichungsformen Besonderheiten
Antitussiva (zentral) Dextromethorphan, Pentoxyverin Tropfen, Säfte, Tabletten, Lutschtaler Reizung dämpfend, ZNS-Nebenwirkungen
Expektoranzien Ambroxol, Acetylcystein, Bromhexin Tabletten, Säfte, Brausetabletten Begrenzte Leitlinien-Empfehlung
Phytotherapeutika Thymian, Efeu, Pelargonium, Schleimstoffe (z. B. Eibisch, Spitzwegerich) Säfte, Tropfen, Tees, Lutschpastillen Pflanzliche Kombinationen üblich

Ambroxol und Acetylcystein gehören zu den am häufigsten eingesetzten Mukolytika. Dextromethorphan ist der im OTC-Bereich gängigste Hustenstiller. Für Kinder, Schwangere und Stillende sind viele Präparate je nach Wirkstoff nicht zugelassen oder nur beschränkt empfehlenswert.

Beratung

  • Antitussiva dürfen bei produktivem Husten nicht eingesetzt werden, da das Risiko eines gefährlichen Sekretstaus besteht.
  • Niemals Hustenstiller und Schleimlöser ohne klares Therapieschema kombinieren (z. B. Schleimlöser morgens, Hustenstiller nur nachts und nur nach Rücksprache).
  • Anwendung streng zeitlich begrenzen: Antitussiva nur so lange wie wirklich nötig (max. wenige Tage). Expektoranzien nicht prophylaktisch und nicht bei trockenem Husten verwenden.
  • Einnahme bei Mukolytika möglichst mit ausreichend Flüssigkeit und nicht spät am Abend, um nächtlichen Husten zu vermeiden.
  • Wirkungseintritt: Antitussiva wirken meist innerhalb einer halben bis einer Stunde, Mukolytika zeigen Wirkung nach 1–2 Tagen.
  • Wichtige Nebenwirkungen: Antitussiva können müde machen, Schwindel auslösen, in seltenen Fällen zur Abhängigkeit führen. Mukolytika können zu Magen-Darm-Beschwerden und (selten) Hautreaktionen führen.
  • Kontraindikationen: COPD, schwere Bronchialerkrankungen, Kinder (< 6 Jahre bei vielen Hustenstillern), Schwangerschaft/Stillzeit (individuell prüfen), bekannte Unverträglichkeiten, schwere hepatische/renale Insuffizienz.
  • Wechselwirkungen: Dextromethorphan ist Substrat von CYP2D6 und CYP3A4 – relevante Interaktionen mit Antidepressiva (insb. MAO-Hemmern), anderen ZNS-dämpfenden Arzneistoffen und serotonergen Substanzen (Serotoninsyndrom!).
  • Bei pflanzlichen Präparaten: Allergiepotential beachten, insbesondere bei Efeu, Thymian, Pelargonium.
  • Bei Kindern, Schwangeren, älteren Personen und schweren Vorerkrankungen stets besonders zurückhaltend beraten.
TipPraxis-Tipp

Patient*innen mit produktivem Husten sollten explizit darauf hingewiesen werden, keine Hustenstiller eigenständig einzunehmen. Nur bei eindeutiger nächtlicher quälender Hustenlast und nach vollständiger Aufklärung ist eine sehr kurzfristige, klar getrennte Anwendung (z. B. Mukolytikum morgens, Antitussivum in Ausnahmefällen zum Schlafen) denkbar.

Ab wann zum Arzt?

  • Husten länger als 2–3 Wochen ohne Besserung
  • Hohes Fieber, starkes Krankheitsgefühl, deutliche Abgeschlagenheit
  • Schmerzen in der Brust, Atemnot oder Kurzatmigkeit
  • Blutiger oder grün-gelber Auswurf, Zyanose
  • Säuglinge, Kleinkinder, ältere Menschen, Schwangere, Menschen mit schweren Grunderkrankungen
  • Warnzeichen wie zunehmende Atemnot, lautes Atemgeräusch oder Pfeifen
  • Massive nächtliche Unruhe durch Husten trotz medikamentöser Behandlung
  • Verdacht auf Arzneimittelnebenwirkungen (z. B. ACE-Hemmer-induzierter Husten)
  • Bedenken hinsichtlich möglicher schwerwiegender Ursachen (Pneumonie, Lungenembolie, Tumor, unklarer chronischer Husten)

Eine sofortige ärztliche Vorstellung ist immer sinnvoll, wenn das Befinden schnell schlechter wird oder wenn Unsicherheit über den Charakter des Hustens besteht.

Zusammenfassung

Zentrale Symptome Wichtige Wirkstoffklassen Kernaussagen zur Beratung
Trocken (unproduktiv), Reiz-, Kratz-, schmerzhafter Husten Antitussiva (z. B. Dextromethorphan) Kurze Anwendung bei quälendem Reizhusten, keine Gabe bei produktivem Husten, Nebenwirkungen & Wechselwirkungen (ZNS, CYP, Serotonin) beachten
Produktiv (schleimig), Auswurf, Bronchialsekret Mukolytika/Expektoranzien (z. B. Ambroxol, Acetylcystein) Förderung des Abhustens, keine Kombination mit Antitussiva ohne ärztliche Rücksprache, Risiken: GI-Beschwerden, selten Hautreaktionen
Mischformen; Reizung, Trockenheit, chronisch-rezidivierend Phytotherapeutika (z. B. Thymian, Efeu, Pelargonium), Schleimstoffe (Eibisch, Spitzwegerich) Pflanzliche Mittel als Alternative oder Ergänzung; Allergien, Hinweise für Kinder/Schwangere beachten
Warnzeichen: Luftnot, Fieber, blutiger Auswurf, Persistenz – – – Bei Red Flags oder fehlender Besserung nach 1–2 Wochen: ärztliche Abklärung notwendig

Feedback

Melde Fehler oder Verbesserungsvorschläge zur aktuellen Seite über dieses Formular ❤️. Als Dankeschön verlosen wir nach dem 1. Staatsexamen 3x 50 € unter allen Teilnehmenden 💰. Jedes konstruktive Feedback erhöht deine Gewinnchancen. Es gelten unsere Teilnahmebedingungen.