Hygiene in der Apotheke

Gesetzliche Grundlagen und Bedeutung

Hygiene stellt in der Apotheke eine Grundvoraussetzung dar, damit Arzneimittel sicher und qualitativ hochwertig hergestellt, geprüft und abgegeben werden können. Damit schützt sie nicht nur Patientinnen, Patienten und Personal, sondern gewährleistet auch die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften (z.B. Apothekenbetriebsordnung, GMP-Prinzipien, berufsständische Leitlinien).

Verpflichtend ist ein Hygienekonzept, das regelmäßig angepasst und dokumentiert wird. Ziel ist stets, Kontaminationen, Kreuzinfektionen und Qualitätsmängel zu verhindern – sowohl beim Umgang mit Arzneimitteln als auch im Personenschutz.

Kernelemente eines wirksamen Hygienekonzepts

Ein stringentes Hygienemanagement stützt sich auf folgende Grundpfeiler:

  • Schriftlicher Hygieneplan mit klaren Zuständigkeiten, Tätigkeiten sowie Angaben zu verwendeten Reinigungs- und Desinfektionsmitteln.
  • Gefährdungsbeurteilung, um Risiken zu erkennen und geeignete technische, organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen abzuleiten.
  • Fortlaufende Schulung und Unterweisung des gesamten Personals.
  • Dokumentationspflicht aller relevanten Maßnahmen, inklusive Reinigung, Desinfektion, ggf. Sterilisation und mikrobiologischer Kontrollen.

Reinigung, Desinfektion, Sterilisation: Begriffsabgrenzung

Um Fehler in der Praxis zu vermeiden, ist die Unterscheidung dieser Begriffe zentral:

Maßnahme Ziel und Anwendung Beispiel in der Apotheke
Reinigung Entfernung von Schmutz, Reduktion von Keimen, aber keine spezifische Abtötung Wischen von Arbeitsflächen vor Beginn einer Rezeptur
Desinfektion Inaktivierung/Reduktion von Krankheitserregern auf ein sicheres Maß Flächendesinfektion nach Kontamination, Händedesinfektion
Sterilisation Abtötung aller Mikroorganismen und Sporen Aufbereitung von Instrumenten für sterile Zubereitungen
TipMerke den Unterschied!
  • Reinigung: mechanische Entfernung (Schmutz und Keime)
  • Desinfektion: Krankheiterreger werden so dezimiert, dass keine Infektion mehr erfolgt
  • Sterilisation: vollständige Keimfreiheit, unerlässlich für sterile Rezepturen

Personalhygiene

Um Infektionsübertragungen und Produktkontaminationen zu vermeiden, gelten folgende Standards:

  • Schutzkleidung (z.B. Kittel, bei Bedarf Handschuhe, Mund- und ggf. Augenschutz)
  • Konsequente Händehygiene, immer vor Tätigkeitsbeginn, nach Kontamination, Toilettengang und Kundenkontakt
  • Verhaltensregeln: Essen, Trinken, Rauchen und Schminken nur in ausgewiesenen Pausenräumen; Haare zusammenbinden, Schmuck an Händen/Unterarmen ablegen

Händedesinfektion – Schritt-für-Schritt

Richtiges Vorgehen ist entscheidend für den Erfolg der Händedesinfektion:

  1. Hände sind trocken; ausreichende Menge Desinfektionsmittel verwenden
  2. Mindestens 30 Sekunden vollständig und gründlich einreiben – besonders Fingerspitzen, Daumen, Nagelfalze, Handgelenke
  3. Kein Schmuck an Hand und Unterarm, Hände frei von sichtbarem Schmutz
  4. Einwirkzeit beachten – erst danach weitere Tätigkeiten durchführen
TipTipp aus dem Beratungsalltag

Frage dich selbst und Kolleginnen: Würdest du dir die Hände vor der Herstellung einer Rezeptur oder vor dem Anfassen von pharmazeutischen Geräten auch tatsächlich nach Lehrbuch reinigen und desinfizieren? Gewohnheiten sind häufig die größte Schwachstelle!

Bei Arbeitsunfähigkeit oder Anzeichen ansteckender Erkrankungen ist das Personal von sensiblen Tätigkeiten auszuschließen. Dies muss organisatorisch klar geregelt sein.

Betriebshygiene und Raumkonzepte

Eine optimale Raumgestaltung verhindert Kreuzkontaminationen und unterstützt effiziente Reinigungswege:

  • Getrennte Bereiche für unreine/reine Tätigkeiten (etwa Kundenbereich vs. Herstellung)
  • Hygienisch einwandfreie Gestaltung der Arbeitsflächen (glatte, leicht zu reinigende Materialien)
  • Feste Reinigungs- und Desinfektionszyklen für alle Bereiche, insbesondere Rezeptur, Defektur, Labor und Lager
  • Sauberkeitskontrollen durch Sichtprüfung und ggf. mikrobiologische Tests

Bei der Auswahl von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln gilt: Verwende je nach Fläche, Material und Erregerspektrum ein geeignetes, zugelassenes Präparat und beachte Konzentration, Einwirkzeit sowie Arbeitssicherheitshinweise.

Desinfektionsmittel und Wirkstoffgruppen

Zu den im Apothekenbetrieb relevanten Desinfektionsmittelgruppen zählen:

Wirkstoffgruppe Kurzbeschreibung Typische Anwendungsgebiete Beispielwirkstoff
Alkohole Denaturierung von Proteinen, rasche Wirkung Händedesinfektion, Flächen Ethanol, Isopropanol
Aldehyde Breit wirksam, auch sporizid, aber toxisch Instrumente, Flächen Formaldehyd, Glutaraldehyd
Sauerstoffabspalter (Perverbindungen) Oxidative Wirkung Flächen, Instrumente (teils) Wasserstoffperoxid
Phenole Denaturierung, aber bedenklich für Umwelt und Gesundheit Spezielle Flächen, selten Chlorxylenol

Nicht jeder Wirkstoff ist für jede Anwendung zugelassen – beachte unbedingt die Produktangaben! Insbesondere dürfen alkoholbasierte Präparate zur Flächendesinfektion nur verwendet werden, wenn der Hersteller dies vorsieht.

Hygiene bei der Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln

In herstellungssensiblen Bereichen wie Rezeptur und Defektur gelten besonders hohe Anforderungen:

  • Risikoorientierte Planung der Hygienemaßnahmen
  • Validierte Verfahren für Reinigung und ggf. Sterilisation von Arbeitsmitteln (Spatel, Becher, Abfüllgefäße)
  • Hygienisch einwandfreie Bereitstellung und ggf. Einmalverwendung der Verpackungen
  • Lückenlose Dokumentation von Reinigung, Desinfektion, ggf. Sterilisation – auch zur Rückverfolgung bei pharmazeutischen Problemen

Für sterile Herstellung sind spezielle Räume (z.B. Laminar-Flow-Arbeitsplätze) und umfassende Kontrollen (z.B. Partikelmonitoring) zu etablieren.

Gefährdungsbeurteilung, Schulungen und Dokumentation

Das gesamte Hygienekonzept basiert auf der systematischen Bewertung der Tätigkeitsrisiken. Daraus folgen klare Betriebsanweisungen sowie gezielte Schulungen. Die wichtigsten Dokumente:

  • Hygieneplan: Wer? Wann? Was? Womit? Wie? (Gebäudeteile, Arbeitsmittel, Sanitärbereiche, herstellungsnahe Zonen)
  • Sicherheitsdatenblätter für alle verwendeten Reinigungs- und Desinfektionsmittel; daraus ergeben sich Hinweise zu Dosierung, Schutzmaßnahmen und Entsorgung
  • Nachweis der Durchführung, etwa durch Reinigungsprotokolle oder Checklisten

Kontrollmaßnahmen wie mikrobiologisches Monitoring helfen, die Praxistauglichkeit und Wirksamkeit des Hygieneplans zu überprüfen.

Sonderfälle und Anpassungsbedarf

Hygienekonzepte sind dynamisch und müssen an neue Gegebenheiten angepasst werden: bei baulichen Veränderungen, erhöhter Kundenzahl, besonderen Infektionslagen (z.B. Pandemien), aber auch nach Feststellung von Schwachstellen im eigenen System.

Der Einsatz von Desinfektionsmitteln ist stets unter Berücksichtigung der Anwendersicherheit und Materialverträglichkeit zu wählen – “so viel wie nötig, so wenig wie möglich” lautet hier die Devise.

Zusammenfassung

  • Hygiene in der Apotheke ist essenziell, um Arzneimittelqualität und Patientenschutz zu sichern.
  • Reinigung, Desinfektion und Sterilisation unterscheiden sich hinsichtlich Ziel und Anwendung – diese Unterschiede musst du genau kennen und im Alltag umsetzen.
  • Der Apotheke ist ein dokumentiertes, risikobasiertes Hygienekonzept vorgeschrieben, das regelmäßige Schulungen, klare Zuständigkeiten und lückenlose Dokumentation umfasst.
  • Personal- und Betriebshygiene müssen klar geregelt sein – das betrifft Schutzkleidung, Händehygiene, Raumkonzepte und Arbeitsmittel.
  • Für die Auswahl und Anwendung von Desinfektionsmitteln ist das Wirkspektrum, der Verwendungszweck sowie die Arbeitssicherheit entscheidend.
  • Hygiene in der Apotheke ist ein kontinuierlicher Prozess: Kontrollen und die laufende Anpassung von Maßnahmen sichern langfristig die Qualität pharmazeutischer Dienstleistungen.

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