Pharyngitis / Halsschmerzen
Krankheitsbild
Halsschmerzen sind ein häufiges Symptom im Rahmen akuter Infektionen der oberen Atemwege. Die häufigste Ursache ist eine Entzündung des Rachens (Pharyngitis), seltener sind Kehlkopf (Laryngitis) oder Mandeln (Tonsillitis) beteiligt. Meist liegen virale Infektionen vor, dagegen sind bakterielle Auslöser (insbesondere Streptokokken) deutlich seltener.
Typische Leitsymptome:
- Kratzen, Brennen oder Schmerzen im Hals, oft verstärkt beim Schlucken
- Häufig begleitet von weiteren Erkältungssymptomen (z. B. Schnupfen, Husten, Heiserkeit, leichtes Fieber)
- Manchmal auch Rötung des Rachens, gelegentlich geschwollene Lymphknoten
Die Pathophysiologie ist geprägt durch die lokale Entzündung der Schleimhäute und die vermehrte Sensibilisierung der Schmerzrezeptoren.
Häufige Auslöser sind Virusinfekte (z. B. Rhinoviren, Coronavirus, Influenza). Seltener treten bakterielle Infektionen (v. a. β-hämolysierende Streptokokken Gruppe A) auf, die für Komplikationen wie Scharlach verantwortlich sein können.
Ziele der Selbstmedikation:
- Symptomkontrolle: Linderung von Schmerzen und Schluckbeschwerden
- Unterstützung der Selbstheilung
- Verbesserung des subjektiven Wohlbefindens
Grenzen der Selbstbehandlung bestehen u. a. bei schwerwiegenden Symptomen, V. a. bakteriellen Infektionen, Immunsuppression oder Komplikationen.
Pharmazeutische Anamnese
Folgende Aspekte sind gezielt abzuklären, bevor Therapievorschläge gemacht werden:
- Seit wann bestehen die Beschwerden und wie haben sie sich entwickelt?
- Wie stark sind die Schmerzen, gibt es Probleme beim Schlucken?
- Gibt es hohes Fieber (> 38,5°C), ausgeprägte Schluck- oder Atemprobleme?
- Bestehen Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Hautausschlag, Lymphknotenschwellung, Mundöffnungsprobleme, Mundgeschwüre?
- Sind Vorerkrankungen, insbesondere Immunschwäche, Diabetes oder bekannte Allergien, vorhanden?
- Alter des Patienten, Schwangerschaft oder Stillzeit?
- Welche Arzneimittel, auch rezeptfrei, werden aktuell eingenommen?
- Gab es vergleichbare Beschwerden in letzter Zeit?
Die Antworten entscheiden über den weiteren Verlauf: Ist eine Selbstmedikation vertretbar oder sollte ärztlicher Rat eingeholt werden?
Nichtmedikamentöse Basismaßnahmen
- Viel trinken, bevorzugt warme oder lauwarme Getränke (z. B. Tee)
- Befeuchtung der Schleimhäute durch regelmäßiges Trinken, Inhalationen oder befeuchtete Raumluft
- Stimmschonung, lautes Sprechen und Flüstern vermeiden
- Auf Tabakrauch, Alkohol und scharfe bzw. stark gewürzte Speisen verzichten
- Bei Schmerzen beim Schlucken: weiche Kost bevorzugen
- Lutschtabletten oder Bonbons ohne spezielle Wirkstoffe fördern den Speichelfluss
- Gründliche Mund- und Zahnpflege zum Erhalt der Mundgesundheit
Arzneimittel
Lokalanästhetika
Wirkmechanismus
Lokalanästhetika blockieren spannungsabhängige Natriumkanäle an den Nervenendigungen der Schleimhäute und unterbrechen die Schmerzweiterleitung lokal. Dadurch tritt eine rasche Linderung direkt an der entzündeten Stelle ein. Die Krankheitsursache bleibt dabei unbeeinflusst.
Arzneistoffe
- Benzocain, Lidocain, Tetracain (in Lutschtabletten, Sprays, Lösungen)
- Auch Ambroxol wirkt lokal betäubend mit leichter antiphlogistischer Eigenschaft
Nicht geeignet für kleine Kinder wegen gesteigertem Risiko von Nebenwirkungen, va. Methämoglobinämie.
Beratung
- Anwendung nach Bedarf, aber möglichst auf wenige Tage begrenzt
- Lutsch-/Spray-Anwendung nicht vor den Mahlzeiten, da Taubheitsgefühl die Schluckkontrolle beeinträchtigen kann
- Nebenwirkungen: Taubheit, lokale Überempfindlichkeitsreaktionen, sehr selten Methämoglobinämie (insbesondere unter Benzocain)
- Überdosierung vermeiden (Dosis laut Packungsbeilage einhalten)
- Ungeeignet bei Schleimhautwunden
- Nicht in Schwangerschaft/Stillzeit ohne ärztliche Rücksprache
Lokale Antiphlogistika
Wirkmechanismus
Ambroxol, Flurbiprofen oder Benzydamin wirken zusätzlich entzündungshemmend. Sie hemmen Entzündungsprozesse durch verschiedene Mechanismen und können die Schleimhautschwellung und Schmerzen reduzieren.
Arzneistoffe
- Ambroxol: Lutschtabletten, Sprays (lokalanalgetisch und mild antiphlogistisch)
- Flurbiprofen: Lutschtabletten, Lutschkapseln, Sprays (als NSAID)
- Benzydamin: Lutschtabletten, Spray, Lösung
Ambroxol besonders bei akuten Reizungen mit Hustenreiz, Flurbiprofen stärker schmerzlindernd, Benzydamin auch entzündungshemmend.
Beratung
- Anwendung für einen kurzen Zeitraum empfohlen
- Taubheitsgefühl, Geschmacksstörungen, lokale Hautreaktionen möglich
- Benzydamin: Mögliche Unverträglichkeiten (Allergien, besonders bei Asthmatikern)
- Keine Anwendung bei Kindern unter 6 Jahren
- In Schwangerschaft/Stillzeit strenge Nutzen-Risiko-Abwägung
Systemische Analgetika / NSAR
Wirkmechanismus
Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), z. B. Ibuprofen, hemmen die Prostaglandinsynthese (COX-Hemmung) und wirken somit systemisch schmerzstillend und entzündungshemmend. Paracetamol ist schmerzlindernd und fiebersenkend, jedoch schwächer im Entzündungsansatz.
Arzneistoffe
- Ibuprofen: Tabletten, Saft (insbesondere bei stärkeren Schmerzen und Fieber)
- Paracetamol: Tabletten, Saft, Zäpfchen (bei leichten Schmerzen, v. a. bei Unverträglichkeiten gegen NSAR)
- ASS spielt in der Selbstmedikation bei Halsschmerzen keine Rolle, da Risiken überwiegen
Beratung
- Dosierung streng nach Alter, Gewicht und Packungsbeilage (Überdosierung vermeiden!)
- Ibuprofen nach Möglichkeit nach dem Essen einnehmen, um Magenreizung zu vermeiden
- Gefahr von Magen-Darm-Ulzera, Blutungsneigung, Niereninsuffizienz, Asthmaauslösung bei NSAR, Interaktionen mit Antikoagulanzien
- Paracetamol: Leberinsuffizienz und Tageshöchstdosis beachten
- Schwangerschaft: Ibuprofen ab 3. Trimenon kontraindiziert, Paracetamol in niedriger Dosis nur nach Beratung
- Stillzeit: Kurzzeitige Gabe von Ibuprofen eher möglich als von Paracetamol in hoher Dosis
- Bei Kindern: Dosierung nach Körpergewicht und Packungsangabe
Antiseptika und Desinfizientien
Wirkmechanismus
Antiseptika sollen lokal im Mund/Rachenraum Keime (Bakterien, Pilze, Viren) abtöten oder inaktivieren. Die klinische Wirksamkeit gegen typische Erreger akuter Halsschmerzen ist jedoch begrenzt.
Arzneistoffe
- Chlorhexidin, Hexetidin, Cetylpyridiniumchlorid in Lutschtabletten/Sprays/Gurgellösungen
Geringer und zeitlich begrenzter Nutzen bei akuter viral bedingter Pharyngitis.
Beratung
- Kurzfristige Anwendung als Ergänzung möglich, 1-2x täglich (nicht über eine Woche hinaus)
- Keine Wirkung auf Viren nachgewiesen
- Nebenwirkungen: Allergien, Schleimhautreizung, Beeinträchtigung der physiologischen Keimflora möglich
- Nicht dauerhaft verwenden
- Nicht bei Kindern unter 6 Jahren ohne ärztliche Rücksprache
Schleimstoffe, Befeuchter, pflanzliche Zusätze
Wirkmechanismus
Schleimstoffe (zum Beispiel Isländisch Moos, Malve, Eibisch) legen sich als schützender Film auf die Schleimhäute und können das Kratzen kurzfristig lindern.
Arzneistoffe
- Lutschpastillen, Tinkturen oder Tees auf pflanzlicher Grundlage
Einsatzziel ist die symptomatische Befeuchtung/Trockenheitslinderung.
Beratung
- Nach Bedarf anwenden, Überdosierung selten problematisch
- Häufig als Add-on sinnvoll, insbesondere bei Trockenheit/Kratzen
- Keine kausale Therapie, sondern rein symptomatisch
- Allergien auf pflanzliche Inhaltsstoffe beachten
Ab wann zum Arzt?
- Hohes Fieber (> 38,5°C) oder deutlich verschlechterter Allgemeinzustand
- Stark einseitige Schmerzen oder deutlich schmerzhafte Lymphknotenschwellung
- Starke Schluck- oder Atembeschwerden, Mundöffnungseinschränkung
- Eitrige Beläge, Ulzera, starker Mundgeruch
- Hautausschlag (z. B. bei Scharlach)
- Beschwerden länger als 7 Tage ohne Besserung oder mit Verschlechterung
- Immunsuppression, chronische Grunderkrankungen, Schwangere, kleine Kinder
- Auftreten von Blutungen (z. B. Zahnfleisch), Verdacht auf Mononukleose oder andere Differenzialdiagnosen
- Auftreten schwerer Nebenwirkungen der Arzneimittel (z. B. allergische Reaktion)
Zusammenfassung
| Zentrale Symptome | Wichtige Wirkstoffklassen | Kernaussagen zur Beratung |
|---|---|---|
| Halsschmerzen, Kratzen, Brennen, ggf. Fieber, häufig bei Infekten | Lokalanästhetika (Benzocain, Lidocain, Ambroxol), NSAR (Ibuprofen), Paracetamol, Schleimstoffe, Antiphlogistika, Antiseptika | Lokal wirkende Arzneimittel nur kurzfristig verwenden, systemische Analgetika bei stärkeren Schmerzen bevorzugen, Anwendung stets auf wenige Tage begrenzen, Warnzeichen für Arztkontakt erklären, Arzneimittelanamnese beachten, Kinder und Schwangere besonders berücksichtigen, Antibiotika nicht indiziert, differenzialdiagnostische Hinweise und Abgrenzung beachten. |
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