Antibiotika
Grundlagen: Bedeutung und Einordnung von Antibiotika
Antibiotika sind eine der zentralen Arzneistoffgruppen in der täglichen Apothekenpraxis. Sie dienen zur Behandlung bakterieller Infektionen und stellen sowohl aus pharmakologischer als auch aus therapeutischer Sicht besondere Anforderungen an Beratung und Betreuung. Falscher oder unsachgemäßer Einsatz führt nicht nur zu Therapieversagen, sondern auch zur Entwicklung von Resistenzen – ein Problem von weltweiter Bedeutung.
Antibiotika unterscheiden sich in ihrem Wirkmechanismus, Wirkspektrum, ihrer Pharmakokinetik und dem Nebenwirkungsprofil. Für die sichere Anwendung in der Praxis ist ein fundiertes Verständnis dieser Unterschiede unverzichtbar.
Wirkmechanismen und Vertreter
Der Wirkmechanismus bestimmt, gegen welche Bakterien und Infektionen ein Antibiotikum wirksam ist. Die wichtigsten Angriffspunkte sind:
Zellwandsynthesehemmung
→ typische Vertreter: β-Laktam-Antibiotika (z. B. Amoxicillin, Cefuroxim)
Wirkung: Hemmen die bakterielle Zellwandbildung und führen zum Absterben der Bakterien (bakterizid).Hemmung der bakteriellen Proteinsynthese
→ typische Vertreter: Makrolide (z. B. Clarithromycin), Tetrazykline (z. B. Doxycyclin), Aminoglykoside (z. B. Gentamicin)
Wirkung: Unterbinden die Proteinbiosynthese und stoppen so das Bakterienwachstum (meist bakteriostatisch).Hemmung der DNA-/RNA-Synthese
→ typische Vertreter: Fluorchinolone (z. B. Ciprofloxacin)
Wirkung: Blockieren die Replikation und Transkription der bakteriellen Erbsubstanz.Hemmung des Folsäurestoffwechsels
→ typische Vertreter: Sulfonamide, Trimethoprim (z. B. Cotrimoxazol)
Wirkung: Stören die Nukleinsäure- und Proteinsynthese der Bakterien.
| Wirkstoffgruppe | Wirkmechanismus | Beispiel-Arzneistoff |
|---|---|---|
| β-Laktam-Antibiotika | Zellwandsynthesehemmung | Amoxicillin, Cefuroxim |
| Makrolide | Hemmung der Proteinsynthese | Clarithromycin |
| Tetrazykline | Hemmung der Proteinsynthese | Doxycyclin |
| Fluorchinolone | Hemmung der DNA-Replikation | Ciprofloxacin |
| Sulfonamide/Trimethoprim | Hemmung des Folsäurestoffwechsels | Cotrimoxazol |
Plausibilitätsprüfung und Rezeptkontrolle
Im Apothekenalltag müssen folgende Aspekte bei Antibiotikaverordnungen sorgfältig geprüft werden:
- Indikation und Erreger: Liegt eine bakterielle Infektion vor? Gibt es Hinweise auf eine virale Ursache?
- Dosierung und Therapiedauer: Stimmen sie mit der Leitlinie und der Patientenindikation überein? Besonders kritisch bei Kindern, älteren Menschen und Niereninsuffizienz.
- Nieren- und Leberfunktion: Viele Antibiotika erfordern eine Anpassung der Dosis bei Einschränkung dieser Organe.
- Alter des Patienten: Manche Antibiotika, wie Tetrazykline, sind bei Kleinkindern kontraindiziert.
- Bekannte Allergien: Unbedingt nach Penicillin- bzw. β-Laktam-Allergien fragen. Gegebenenfalls gezielt nach Symptomen früherer Reaktionen (z. B. Hautausschlag, Anaphylaxie) erkundigen.
Besonders wichtig ist die Sensibilität bei der Abgabe von Reserveantibiotika oder bei ungewöhnlichen Dosierungen. In unsicheren Fällen ggf. Rücksprache mit dem verschreibenden Arzt.
Patientenberatung: Tipps für die Abgabe und Anwendung
Eine strukturierte und zielgerichtete Beratung erhöht nicht nur die Sicherheit, sondern fördert auch die Adhärenz. Zentrale Punkte:
- Einnahmezeitpunkt: Gleichmäßige Einnahmeabstände sichern einen konstanten Wirkspiegel (z. B. alle 8 oder 12 Stunden).
- Nahrungsmitteleinflüsse: Manche Antibiotika sollen vor, andere zu oder nach dem Essen eingenommen werden. Bei Tetrazyklinen und Fluorchinolonen sind Wechselwirkungen mit Milchprodukten, Calcium- oder Magnesiumpräparaten relevant.
- Therapiedauer: Antibiotika immer wie verordnet einnehmen – nicht eigenmächtig früher absetzen, auch wenn die Symptome bereits abgeklungen sind.
- Vergessene Dosis: Nicht „doppeln“! Im Zweifel die Einnahme nachholen, sofern nicht kurz vor der nächsten planmäßigen Einnahme.
- Nebenwirkungen: Besonders häufig sind gastrointestinale Störungen (Übelkeit, Durchfall), Photosensibilisierung (z. B. Doxycyclin), allergische Reaktionen (u. a. Exanthem, Anaphylaxie), Pilzinfektionen und potenziell die antibiotikaassoziierte Diarrhö mit Clostridioides difficile.
- Alkohol & Begleitmedikation: Bei manchen Antibiotika sollte Alkohol gemieden werden (z. B. Metronidazol). Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen und Lebensmitteln gezielt ansprechen.
Wichtige Interaktionen bestehen mit: - oralen Antikoagulanzien (z. B. Phenprocoumon, Warfarin): verstärkte Blutungsneigung unter Makroliden, Fluorchinolonen etc. - Hormonalen Kontrazeptiva: verminderte Wirksamkeit durch Störungen der Darmflora (vor allem bei gleichzeitigen Durchfällen). - QT-Zeitverlängerung: zusätzliche Risiken bei Kombination mit anderen QT-Zeit-verlängernden Arzneistoffen, etwa bei Makroliden oder Fluorchinolonen.
Nebenwirkungen und besondere Risiken
Antibiotika können spezifische, teils schwerwiegende Nebenwirkungen verursachen. In der Beratung solltest du gezielt folgende Risiken ansprechen:
- Allergische Reaktionen: Häufig bei Penicillinen und Cephalosporinen; Symptome reichen von Hautausschlägen bis zur Anaphylaxie.
- Gastrointestinale Beschwerden: Übelkeit, Erbrechen, Durchfall – häufig gesamte Darmflora betroffen. Bei schweren, anhaltenden Durchfällen (v. a. Clostridioides difficile-Infektion) ärztliche Abklärung empfehlen.
- Photosensibilität: Besonders bei Tetrazyklinen und Fluorchinolonen – Sonnenschutzmaßnahmen und Meiden von Solarien empfehlen.
- Pilzinfektionen: Durch Störung der gesunden Flora können z. B. Soorinfektionen auftreten.
- Vorsichtsmaßnahmen bei Schwangerschaft, Stillzeit und Kindern: Einige Antibiotika sind kontraindiziert oder nur mit strikter Nutzen-Risiko-Abwägung einsetzbar.
Rationaler Umgang, Antibiotic Stewardship und Resistenzaufklärung
Der bewusste und zielgerichtete Einsatz von Antibiotika ist entscheidend, um Resistenzentwicklungen zu vermeiden. Apotheker:innen können maßgeblich zur Verbesserung des Antibiotikagebrauchs beitragen:
- Unnötige Therapien (z. B. bei viralen Infekten) und überlange Einnahmedauern erkennen und hinterfragen.
- Falsche Dosierung und zu breite bzw. zu enge Therapieschemata identifizieren.
- Patienten über den richtigen Umgang mit Antibiotika, Therapietreue und die Bedeutung zur Vermeidung von Resistenzen aufklären.
- Bei Auffälligkeiten Rücksprache mit Arzt oder Ärztin suchen und interprofessionell zusammenarbeiten, um Therapiesicherheit und -erfolg zu gewährleisten.
Einzelfallbetrachtung und die konsequente Orientierung an aktuellen Leitlinien sind dabei essenziell. Die Aufklärung über Antibiotikaresistenzen und der verantwortungsvolle Umgang fördern das Bewusstsein für dieses gesamtgesellschaftliche Thema.
Zusammenfassung
- Antibiotika wirken gezielt gegen Bakterien und unterscheiden sich in ihrem Wirkmechanismus und Wirkspektrum.
- Die rezeptprüfende Plausibilitätskontrolle ist essenzieller Bestandteil der Apotheker:innen-Tätigkeit – dabei sind Dosierung, Allergien, Patientendaten und Interaktionen zu prüfen.
- Die richtige Einnahme, mögliche Nebenwirkungen und die vollständige Durchführung der Therapie sollten in der Beratung konsequent angesprochen werden.
- Antibiotika-interaktionen sind klinisch bedeutsam und betreffen u. a. orale Antikoagulanzien, Kontrazeptiva und Arzneistoffe mit QT-Zeitverlängerung.
- Nebenwirkungen umfassen allergische Reaktionen, gastrointestinale Beschwerden und Antibiotika-assoziierte Diarrhö.
- Apotheker:innen leisten einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung von Resistenzen durch gezielte Patientenaufklärung und einen sachgerechten Umgang gemäß den Grundsätzen des Antibiotic Stewardship.
Feedback
Melde Fehler oder Verbesserungsvorschläge zur aktuellen Seite über dieses Formular ❤️. Als Dankeschön verlosen wir nach dem 1. Staatsexamen 3x 50 € unter allen Teilnehmenden 💰. Jedes konstruktive Feedback erhöht deine Gewinnchancen. Es gelten unsere Teilnahmebedingungen.
✓ Vielen Dank! Dein Feedback wurde erfolgreich gesendet.