Beratung von Patienten, Ärzten und anderen Gesundheitsberufen

Zielgruppenorientierte Beratung: Grundstrukturen und Ablauf

Die Beratung in der Apotheke und an pharmazeutischen Informationsstellen richtet sich je nach Fragestellung an unterschiedliche Personengruppen: Patient:innen, Ärzt:innen sowie weitere Gesundheitsberufe wie Pflegende. Eine zentrale Aufgabe ist es, jede Anfrage strukturiert und passend für die jeweilige Zielgruppe zu bearbeiten.

Zunächst muss der Informationsbedarf präzise geklärt werden:

  • Wer stellt die Anfrage – Patient:in, Angehörige, Ärzt:in, Pflegekraft?
  • Welche Hintergründe oder Vorkenntnisse bestehen?
  • Welche Art von Antwort wird erwartet (allgemeinverständlich vs. wissenschaftlich fundiert)?
  • Gibt es zeitliche Dringlichkeit?

Für patientenorientierte Anfragen sind meist zusätzliche Angaben erforderlich:

  • Alter, Geschlecht, Gewicht (z.B. für Dosierungsfragen)
  • Bestehende Erkrankungen und Allergien
  • Begleitmedikation und bekannte Unverträglichkeiten
  • Besondere Umstände: Schwangerschaft, Stillzeit, Dialyse, Lebensgewohnheiten

Datenschutz beachten: Es dürfen nur die zwingend nötigen Informationen erhoben und verarbeitet werden. Die Weitergabe personenbezogener Daten nach außen (z.B. an ärztliches Personal oder Informationszentren) erfolgt möglichst pseudonymisiert und immer nur nach ausdrücklicher Einwilligung.

Rollen und Verantwortlichkeiten in der Beratung

Die Beratung rund um Arzneimittel und deren korrekte Anwendung ist grundsätzlich ein Aufgabenbereich des Apothekers bzw. der Apothekerin. Weitere pharmazeutische Mitarbeitende dürfen nur innerhalb schriftlich festgelegter Befugnisse informiert werden und haben bei komplexeren Anfragen die Pflicht, eine Apothekerin/einen Apotheker einzubeziehen. Für die Bewertung wissenschaftlicher Literatur, die finale Einschätzung arzneimittelbezogener Probleme und die Freigabe der Antwort ist stets der/die approbierte Apotheker:in verantwortlich.

Typische Beratungsanlässe sind:

  • Arzneimittelauswahl, Dosierung und Anwendung
  • Wechselwirkungen (Interaktionen), Nebenwirkungen, Kontraindikationen
  • Medikationsfehler, Intoxikationen, Therapieoptimierung
  • Rückfragen zu Galenik, Freiverkauf und Besonderheiten der Arzneimittelversorgung

Ablauf einer strukturierten Beratung

Das Beratungsgespräch folgt einem klaren Ablauf, der die Arzneimitteltherapiesicherheit in den Mittelpunkt stellt:

  1. Erfassen der Anfrage (Wer fragt? Was ist das Anliegen? Welche Angaben sind notwendig?)
  2. Informationssammlung (Patientendaten, Begleitmedikation, Anwendungssituation)
  3. Recherche, Bewertung und ggf. Absprache im Team (Evidenzbasierte Abklärung, ggf. Rücksprache)
  4. Adressatengerechte Beantwortung (Patientenverständlich oder fachsprachlich formuliert, essentielles Wissen betont)
  5. Dokumentation (Anfrage, Informationsweg, Quellen, Antwort sowie ggf. Einwilligungen stets dokumentieren)
  6. Nachbereitung und Feedback (Sicherstellen des Verständnisses und ggf. Qualitätskontrolle, Nachfragen)

Ein strukturierter Beratungsbogen oder eine passende elektronische Lösung kann die systematische Erfassung und Dokumentation unterstützen.

Kommunikation: Techniken und Fallstricke

Der Beratungserfolg wird wesentlich durch die kommunikative Kompetenz bestimmt. Hier unterscheiden sich direkte und indirekte Kommunikationswege:

Face-to-Face-Gespräch

Vorteile sind nonverbale Hinweise wie Mimik und Gestik, die es ermöglichen, Unsicherheiten oder Verständnisprobleme direkt zu erkennen und zu klären. Diskretion ist besonders im Handverkauf wichtig. Mit wenig Publikum und ungestörter Atmosphäre lässt sich ein vertrauliches Gespräch führen.

Telefon, E-Mail, Messenger

Hier fehlen viele der oben genannten Hinweise. Daher sind Rückfragen, kurze Zusammenfassungen und explizite Verständnischecks wichtig. Im Telefonat solltest du mit klaren, kurzen Sätzen arbeiten, am Gesprächsende alles Wichtige zusammenfassen und den Sachverhalt ggf. schriftlich bestätigen. Bei sensiblen Daten immer auf angemessene Sicherheitsstandards (z.B. verschlüsselte E-Mails) achten.

TipTipps für das Beratungsgespräch
  • Gesprächsbeginn mit einer einfachen Frage erleichtert den Einstieg
  • Offene Fragen (z.B. „Wie nehmen Sie das Arzneimittel ein?“) liefern umfangreiche Informationen; sie brauchen jedoch mehr Zeit und sind anfällig für Missverständnisse
  • Geschlossene Fragen (z.B. „Hatten Sie schon Nebenwirkungen?“) sind hilfreich bei Zeitdruck oder eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit
  • Erklären lassen statt einfach abfragen: Lass die Anwendung oder Einnahme vom Patienten erklären und korrigiere nötigenfalls gezielt, aber freundlich!
  • Bei Sprachbarrieren und Sinneseinschränkungen einfache Sprache, kurze Sätze und ggf. visuelle Hilfsmittel nutzen

Inhalt und Qualität der Information

Je nach Fragestellung in der Beratung erfolgt eine unterschiedliche Tiefe der Informationsvermittlung. Der Patient benötigt meist konkrete Hinweise zur sicheren Anwendung, zu Warnhinweisen und zu möglichen Nebenwirkungen. Ärztinnen und Ärzte sowie andere medizinische Berufe erwarten geprüfte, evidenzbasierte und praxisrelevante Informationen, z.B. Literaturstellen, Studienergebnisse oder konkrete Dosierungsempfehlungen.

Die Beratung muss so gestaltet sein, dass Risiken (z.B. Interaktionen, Kontraindikationen) angesprochen, aber auch die Selbstbestimmung respektiert wird. Insbesondere bei Unsicherheiten soll auch deutlich gesagt werden, wenn keine final belastbare Aussage getroffen werden kann.

Tabellarische Übersicht: Typische Inhalte und Besonderheiten je nach Zielgruppe

Zielgruppe Inhaltsschwerpunkt Besonderheiten
Patient:in Anwendung, Dosierung, Risiken Laienverständlich, Fokus auf sichere Anwendung, Diskretion
Ärztin/Arzt Arzneimittelwahl, Evidenz, Interaktion Fachlich fundiert, Literaturquellen, Entscheidungshilfen
Pflegepersonal Handhabung, Verabreichung, Stabilität Klar, praxisorientiert, ggf. Hinweise zur Dokumentation

Datenschutz und Dokumentation

Beim Umgang mit personenbezogenen Gesundheitsdaten gelten strenge Vorgaben. Daten dürfen nur verarbeitet werden, wenn sie für die Beratung erforderlich sind und bei Weitergabe wird möglichst anonymisiert oder pseudonymisiert. Sensible Daten erfordern erhöhte Schutzmaßnahmen (z.B. verschlüsselte Kommunikation).

Die wichtigsten Grundsätze:

  • Notwendige Daten erheben, Speicherung auf das erforderliche Maß beschränken
  • Einwilligung bei Weitergabe erfassen, möglichst keine identifizierenden Informationen weiterleiten
  • Dokumentation aller wesentlichen Schritte: Anfrage (inkl. dringlichkeit), Informationsweg, Quellen, Antwort und Einwilligungen
  • Löschung personenbezogener Daten spätestens nach drei Jahren

Eine strukturierte und datenschutzkonforme Dokumentation ermöglicht später die Nachvollziehbarkeit und gibt Sicherheit in eventuellen Rückfragen oder Prüfungen.

TipQualitätssicherung der Beratung
  • Nutze mehrere, unabhängige und aktuelle Quellen, kennzeichne diese für Nachvollziehbarkeit
  • Führe, wenn möglich, ein 4-Augen-Prinzip oder stichprobenartige Prüfungen durch
  • Frage nach, ob alle Inhalte verständlich waren; Feedback nutzen, um Beratungsqualität und Arbeitsabläufe zu verbessern
  • Im Zweifelsfall Fehlerquellen analysieren und nach Recherche anpassen – Kontinuierliche Fortbildung einplanen!

Patientenautonomie und professionelle Haltung

Die Beratung dient der Unterstützung, aber die Letztentscheidung bleibt beim Patienten. Eine Einwilligung ist notwendig, bevor Daten an Dritte (z.B. behandelnde Arztpraxis) weitergegeben werden. Maßnahmen wie Rückruf oder Rücksprache mit dem Arzt erfolgen niemals gegen den erklärten Willen des Patienten – Ausnahme: akute Notfälle.

Respektvolle Kommunikation ist grundlegend: Reklamiere Beschwerden nicht ab, sondern reagiere lösungsorientiert. Das Erkennen und Ansprechen von Unsicherheiten, Erwartungen und möglichen Missverständnissen erhöht die Sicherheit und Zufriedenheit maßgeblich.

Besondere Aufmerksamkeit ist erforderlich, wenn Verständnisschwierigkeiten drohen. Hier hilft der Einsatz von Hilfsmitteln (Schreibblock, Übersetzer, Piktogramme etc.) und der Fokus auf das Wesentliche: sichere, einfache Information und persönlicher Kontakt.

Weitergabe und Weitervermittlung

Kann eine Anfrage mit den Mitteln der Apotheke nicht zeitnah beantwortet werden, erfolgt nach dokumentiertem Rechercheweg eine gezielte Weiterleitung an spezialisierte Informationsstellen oder Kompetenzzentren. Die Rückmeldung dieser Stellen wird wiederum fachlich geprüft und an die anfragende Person adressatengerecht zurückgemeldet.

Zusammenfassung

  • Beratung erfolgt strukturiert, zielgruppenorientiert und nachvollziehbar; immer Sicherheitsaspekte beachten
  • Ausgangspunkt jeder Anfrage: vollständige Erfassung der Fragestellung, nötige Daten und des Vorwissens
  • Kommunikation ist aktiv, verständlich, empathisch und professionell; Methodenwahl je nach Zielgruppe
  • Datenschutz und Dokumentation sind Pflicht; Weitergabe personenbezogener Daten nur mit Einwilligung und Schutzmaßnahmen
  • Kompetenzen und Verantwortlichkeiten im Team klar festlegen, komplexe Antworten bleiben in der Verantwortung der Apotheker:in
  • Unterstützung der Patientenautonomie und Respekt im Umgang, auch in kritischen Beratungssituationen
  • Feedback nutzen, um Beratungsqualität und Arbeitsabläufe zu verbessern

Die Beratung von Patient:innen, Ärzt:innen und weiteren Gesundheitsberufen ist ein zentrales Element der qualitätsgesicherten Arzneimittelversorgung und im Alltag der Apotheke unverzichtbar – mit dem Ziel, die Arzneimitteltherapie so sicher und wirksam wie möglich zu gestalten.

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