Asthma
Hintergrund und Krankheitsbild
Asthma ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Atemwege, die zu einer variablen und oft reversiblen Verengung der Bronchien führt. Typische Beschwerden sind Atemnot, anfallsartiger Husten, Giemen (pfeifende Atemgeräusche) und ein Engegefühl in der Brust. Die Symptome schwanken häufig in ihrer Intensität und treten besonders nachts oder am frühen Morgen auf.
Asthma kann sich in jedem Alter manifestieren. Die Ursachen sind vielfältig, meist liegen eine allergische Veranlagung und/oder unspezifische bronchiale Überempfindlichkeit vor. Zentral ist die Unterscheidung von Asthma bronchiale gegenüber anderen chronischen Atemwegserkrankungen, insbesondere der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD).
Therapieziele und Grundprinzipien
Die Therapie zielt darauf ab, Beschwerden zu lindern, Entzündungen zu hemmen, Exazerbationen (akute Verschlechterungen) zu vermeiden und eine möglichst niedrige, aber wirksame Arzneistoffbelastung zu gewährleisten.
Das etablierte Prinzip der Asthmatherapie ist stufenweise aufgebaut:
- Die Arzneimitteltherapie richtet sich nach dem Grad der Asthmakontrolle und der Häufigkeit von Beschwerden.
- Bei schlechter Kontrolle sollte vor jeder Therapieeskalation geprüft werden, warum die Kontrolle unzureichend ist – etwa durch Fehler in der Inhalationstechnik, mangelnde Adhärenz, vermehrte Triggerexposition (z.B. Allergene, Infekte), Begleiterkrankungen (Rhinitis, Adipositas, psychische Belastungen) oder ein falsch klassifiziertes Asthmabild.
Pharmakologische Therapie
Inhalative Glukokortikoide (ICS)
ICS sind das Rückgrat der Asthma-Langzeittherapie. Sie wirken antientzündlich, reduzieren die Schleimhautüberempfindlichkeit und senken das Risiko für Exazerbationen deutlich.
Beispiel: Budesonid, Fluticason
- Anwendung bevorzugt per Inhalation, um systemische Nebenwirkungen zu minimieren.
- Nach jeder Einnahme sollte eine Mundspülung zur Reduktion lokaler Nebenwirkungen (z.B. Mundsoor, Heiserkeit) erfolgen.
Beta-2-Sympathomimetika
- Kurz wirksame Beta-2-Agonisten (SABA): Salbutamol, Fenoterol – für die Bedarfstherapie (Anfallsspray/Reliever). Schneller Wirkungseintritt, bronchienerweiternd.
- Lang wirksame Beta-2-Agonisten (LABA): Formoterol, Salmeterol – nicht als Monotherapie, sondern immer kombiniert mit ICS. Formoterol eignet sich aufgrund raschem Wirkeintritt teilweise auch zur Bedarfstherapie (z.B. MART-Konzept).
Lang wirksame Antimuskarinerge Bronchodilatatoren (LAMA)
Tiotropium oder Glycopyrronium können bei unzureichender Kontrolle als Zusatz zu ICS/LABA eingesetzt werden. Sie wirken über eine Hemmung von muskarinergen M3-Rezeptoren und führen so zu Bronchiodilatation.
Leukotrienrezeptorantagonisten
Montelukast ist vor allem bei Kindern, geriatrischen Patienten und Unverträglichkeit von ICS sowie bei allergischem Asthma eine Option. Sie reduzieren Entzündungsreaktionen, können aber selten psychische Nebenwirkungen (wie Schlafstörungen oder Stimmungsschwankungen) verursachen, die in der Beratung anzusprechen sind.
Systemische Glukokortikoide
Orale Kortikosteroide (z.B. Prednisolon) sind bei drohender oder bestehender Exazerbation notwendig, sollten als Dauertherapie aber nur als letzter Ausweg eingesetzt werden. Hier ist eine engmaschige Überwachung auf systemische Nebenwirkungen (Blutzucker, Blutdruck, Osteoporose, Infektanfälligkeit) essentiell.
Biologika
Bei schwerem, durch konventionelle Therapie nicht kontrollierbarem Asthma stehen Antikörpertherapien zur Verfügung:
| Wirkstoffbeispiel | Zielstruktur | Indikation |
|---|---|---|
| Omalizumab | IgE | Allergisches Asthma |
| Mepolizumab | IL-5 (eosinophile Entzündung) | Eosinophiles Asthma |
| Dupilumab | IL-4/IL-13 (epitheliale Entzündung) | Schweres Asthma mit eosinophilem Muster |
Solche Therapien werden fachärztlich initiiert und überwacht. Aufgaben in der Apotheke: Schulung zur Injektion, Kontrolle auf Nebenwirkungen, Lagerung und koordinierende Zusammenarbeit.
Verständlich erklären: Die Langzeittherapie verhindert durch Entzündungshemmung langfristig Asthmabeschwerden und senkt das Risiko von Verschlechterungen. Die Bedarfstherapie dient dem raschen Lösen akuter Beschwerden. Eine ausschließliche Verwendung des Relievers (z.B. Salbutamol) ohne antientzündliche Therapie erhöht das Risiko für schwere Verläufe!
Anwendung und Inhalationstechnik
Die korrekte Anwendung von Inhalationssystemen ist entscheidend für die Wirksamkeit. Falsche Technik (z.B. zu schneller Fluss bei Dosieraerosolen, fehlendes Ausatmen vor der Inhalation) kann zu unzureichender Arzneistoffdeposition und schlechter Kontrolle führen. Gerätewahl richtet sich nach Motorik und Kognition des Patienten; bei Kindern sind Dosieraerosole mit Spacer und frühzeitiger Wechsel von Maske auf Mundstück Goldstandard.
Fehlanwendungen sind ein häufiger Grund für Therapieversagen – bei jeder Abgabe aktiv eine Demonstration einfordern und ggf. korrigieren!
Unbeaufsichtigter Gerätewechsel kann eine Ursache für Entgleisungen sein. Wenn ein Austausch notwendig ist, immer Schulung und Überprüfung.
Akutsituation: Asthmaanfall in der Apotheke
Warnzeichen, die eine sofortige ärztliche Notfallversorgung erfordern:
- Sprechdyspnoe (nur einzelne Wörter möglich)
- Lippen-/Nagelbettzyanose (bläuliche Verfärbung)
- Erschöpfung, Bewusstseinsstörung
- fehlende/verschwindende Atemgeräusche
In leichteren Fällen:
- Anwendung von SABA (z.B. Salbutamol) als Dosieraerosol, möglichst mit Spacer.
- Bei schwerem Verlauf zusätzlich kurzwirksames Anticholinergikum (z.B. Ipratropiumbromid) und frühzeitig orale Glukokortikoide laut ärztlicher Vorgabe.
- Sauerstoffgabe bei Hypoxie (in der Apotheke meist nicht möglich).
- Kein routinemäßiger Einsatz von Antibiotika!
Wichtig: Jeder Asthmapatient sollte einen persönlichen schriftlichen Aktionsplan besitzen, der klare Eskalationsschritte (Bedarfstherapie, ggf. orale Steroide, wann ärztliche Hilfe rufen) enthält.
Interaktions- und Sicherheitsmanagement
Bedenkliche Arzneimittel und Risikofaktoren:
- Betablocker, auch topisch (z.B. Augentropfen): können Asthmabeschwerden verschlechtern.
- NSAR (z.B. ASS, Ibuprofen): Auslösung von Asthmaanfällen möglich, insbesondere bei entsprechender Disposition.
- Übergebrauch von Bedarfssprays = Warnsignal für inadäquate Langzeitkontrolle.
- Wiederholte orale Kortikosteroidgaben deuten auf schwer kontrollierbares Asthma.
Impfungen nach Empfehlung (insbesondere gegen Influenza und Pneumokokken) sind essentiell, um infektbedingte Exazerbationen zu vermeiden.
Nichtmedikamentöse Maßnahmen und Beratung
Zentrale Tipps für die pharmazeutische Beratung:
- Rauchstopp — aktives und passives Rauchen meiden!
- Bewegung und moderates Training bei stabiler Erkrankung
- Gewichtsreduktion bei Adipositas
- Allergenvermeidung bei nachgewiesener Sensibilisierung (häufig z.B. Hausstaub, Schimmel)
- Überprüfung und ggf. Sanierung feuchter oder verschimmelter Wohnbereiche
- Unterstützung beim Ausstellen individueller Aktionspläne
Bei allergischer Ursache kann eine allergenspezifische Immuntherapie sinnvoll sein (ärztlich zu prüfen).
Besondere Situationen: Asthma in Schwangerschaft und Kindheit
In der Schwangerschaft konsequente, möglichst inhalative Fortführung der wirksamen Therapie. Eigenmächtiges Absetzen ist zu vermeiden — unkontrolliertes Asthma schadet Mutter und Kind stärker als die gängigen Erhaltungstherapien. Im Asthmaanfall ist frühzeitige Sauerstoffgabe und ärztliche Abklärung indiziert.
Für Kinder: Angepasste Gerätesysteme, z.B. Dosieraerosol mit Inhalationshilfe und Entscheidung zwischen Maske und Mundstück.
Strukturierte pharmazeutische Betreuung
- Kurzabfragen zu aktuellen Beschwerden und Kontrolle bei jeder Abgabe
- Konstruktive Rückfragen zur Adhärenz und Trigger
- Aktives Monitoring von Nebenwirkungen und Interaktionen
- Sicherstellen der richtigen Inhalationstechnik
- Rücksprache mit Ärzt:innen bei Unsicherheiten oder kritischem Verlauf
- Unnötige Gerätewechsel vermeiden und patientenindividuelle Einweisungen dokumentieren
Zusammenfassung
- Asthma ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Atemwege mit individuellen Verlaufsmustern.
- Therapieziele sind Symptomfreiheit, Exazerbationsvermeidung und Reduktion der Arzneistofflast.
- Inhalative Glukokortikoide sind Basis der Langzeittherapie, Bedarfstherapie nur ergänzend!
- Richtiges Inhalationsgerät nach Fähigkeiten und Situation auswählen, Technik aktiv schulen.
- Bei akuter Verschlechterung: Warnzeichen erkennen, Aktionsplan bereitstellen, ggf. Notfallversorgung einleiten.
- Wichtig: Devicewechsel kritisch begleiten, Nebenwirkungen früh erkennen, Impfstatus kontrollieren.
- Nichtmedikamentöse Maßnahmen stärken die Therapie.
- In besonderen Lebensphasen (z.B. Schwangerschaft, Kindheit) auf Sicherheit der Therapie achten und keine eigenen Änderungen vornehmen lassen.
Mit strukturierter Beratung, Technikschulung und Sicherheitsmanagement kann Asthma in der Apotheke qualitativ hochwertig und aktiv begleitet werden.
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