COPD

Hintergrund und Krankheitsbild

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) zählt zu den häufigsten und bedeutsamsten chronischen Atemwegserkrankungen. Sie ist geprägt durch eine dauerhafte, meist progrediente Verengung der Atemwege, bedingt durch eine Kombination aus chronischer Bronchitis und/oder Lungenemphysem. Im Alltag stehen bei den betroffenen Patient:innen Luftnot, Husten, Auswurf und vor allem das Risiko von Exazerbationen im Vordergrund.

Typische Symptome und Verlauf

  • Dyspnoe (Belastungs- und Ruhedyspnoe)
  • Chronischer Husten mit oder ohne Auswurf
  • Häufig rezidivierende Infekte der unteren Atemwege
  • Exazerbationen (Phasen plötzlicher Verschlechterung)

Die COPD verläuft schubweise, mit symptomfreien oder stabilen Phasen und akuten Verschlechterungen, die zusätzliche medizinische Versorgung erfordern.

Therapieziele und Grundprinzipien

Ziel der Behandlung ist die Symptomkontrolle, die Prävention von Exazerbationen, der Erhalt der Lebensqualität sowie die Verlangsamung des Krankheitsfortschritts. In der Apotheke bist du zentraler Ansprechpartner für Symptommanagement, Adhärenzförderung, Geräteschulungen und die Prävention von Komplikationen.

Die wichtigsten Säulen der Therapie sind:

  • Rauchstopp (Tabakentwöhnung)
  • Optimale Nutzung der inhalativen Medikation
  • Impfprävention
  • Management von Komorbiditäten

Pharmakotherapie bei COPD

Inhalative Bronchodilatatoren

Die Dauertherapie basiert fast immer auf der inhalativen Gabe von Bronchodilatatoren:

Wirkstoffgruppe Wirkung Einnahmebeispiele
Beta2-Agonisten (SABA/LABA) Entspannung der bronchialen Muskulatur, schnelle Symptomlinderung (SABA), langanhaltende Wirkung (LABA) SABA: Salbutamol, LABA: Formoterol
Anticholinergika (SAMA/LAMA) Hemmung des Parasympathikus, Bronchodilatation; v.a. lang wirksam SAMA: Ipratropium, LAMA: Tiotropium
Kombinationen Synergistische Effekte auf Bronchien Tiotropium + Olodaterol

Kurzwirksame Beta2-Agonisten (SABA) und kurzwirksame Anticholinergika (SAMA) dienen zur Akut- und Bedarfsbehandlung, sind bei häufigem Gebrauch aber keine geeignete Monotherapie. Bei fortbestehenden Beschwerden werden entweder langwirksame Beta2-Agonisten (LABA) oder langwirksame Anticholinergika (LAMA) als Dauertherapie eingesetzt – oft auch als Kombination.

Inhalative Corticosteroide (ICS)

ICS kommen bei COPD gezielt zum Einsatz, und zwar insbesondere bei: - häufigen Exazerbationen trotz optimaler Bronchodilatation, - Hinweisen auf eine steroidansprechende Entzündung (z.B. erhöhte Eosinophilenzahlen, Asthma-Komponente).

Weniger sinnvoll ist ICS bei sehr niedrigen Eosinophilen oder wiederholten Pneumonien unter dieser Therapie. Ein kontrollierter Absetzversuch sollte in solchen Fällen erwogen werden.

Achtung: Nach Inhalation immer den Mund spülen, um lokale Nebenwirkungen (z. B. Soor) zu vermeiden.

PDE4-Hemmer

Oral wirksame Phosphodiesterase-4-Hemmer (Roflumilast) werden als Zusatztherapie hauptsächlich bei schwerer, chronisch bronchitischer COPD und häufiger Exazerbation verwendet.

Wichtige Nebenwirkungen, die du aktiv im Gespräch erfragen und dokumentieren solltest:

  • Gastrointestinale Beschwerden
  • Gewichtsverlust
  • Schlafstörungen
  • Psychische Veränderungen

Weitere Medikamente

  • Systemische Glucocorticoide: Nicht zur Langzeitbehandlung geeignet (Risiko für Osteoporose, Diabetes, Infekte); nur als Kurzzeittherapie bei Exazerbation.
  • Mukolytika: Selektiv bei starker Verschleimung und überwiegend bronchitischer Symptomatik, nicht zur kurzfristigen Akutbehandlung.
  • Antibiotika: Nur in eng umschriebenen Fällen zur Exazerbationsprophylaxe, da Resistenz-, Interaktions- und Nebenwirkungsrisiko! Strenges Antibiotic Stewardship ist gefordert.
  • Antitussiva: Nur kurzfristig und zurückhaltend bei quälendem Reizhusten ohne Auswurf.

Inhalationstechnik und Gerätemanagement

Ein zentrales Thema in der Apotheke ist die sichere und effektive Anwendung der Inhalationsgeräte. Fehler bei der Anwendung zählen zu den häufigsten Ursachen für Therapieversagen und unnötige Therapieeskalationen.

TipPraktische Tipps zur Inhalationstechnik
  • Kläre immer, mit welchem Gerät der Patient arbeitet.
  • Prüfe, ob der Patient ausreichend inspiratorischen Fluss für Pulverinhalatoren hat.
  • Achte auf Koordination und Handkraft (besonders bei Dosieraerosolen).
  • Berücksichtige kognitive und visuelle Einschränkungen.
  • Reduziere parallele Nutzung zu vieler Gerätetypen – das minimiert Fehlerquellen.

Durch eine strukturierte Einweisung, Demonstration und Rückdemonstration aller Schritte (inkl. Ausatmen vor Inhalation, korrekte Einatmungsweise, Atemanhaltephase, Hygiene und Mundspülung nach Steroiden) kannst du die Anwendungssicherheit maximieren.

Bei Gerätewechsel ist eine erneute Schulung zwingend notwendig. Prüfe immer, ob der neue Gerätetyp zum Patienten passt und gib Rückmeldung an die verordnende Arztpraxis, falls du Bedenken hast.

Beratung, Monitoring und Verlaufskontrolle

Im Patientenkontakt solltest du regelmäßig folgende Punkte aktiv ansprechen:

  1. Aktuelle Beschwerden: Dyspnoe, Husten, Auswurf
  2. Gebrauch der Bedarfsmedikation: wie oft? Veränderungen?
  3. Nächtliche Symptome
  4. Veränderungen der körperlichen Belastbarkeit
  5. Zahl und Schwere der Exazerbationen seit dem letzten Kontakt
  6. Notfallbehandlungen (Antibiotika, systemische Steroide)
  7. Nebenwirkungen oder Probleme mit Arzneimitteln

Auf diese Weise kannst du frühzeitig Übergebrauch, Therapieversagen oder Nebenwirkungen erkennen und eingreifen, ggf. in enger Abstimmung mit der ärztlichen Betreuung.

Warnzeichen einer Exazerbation

  • Plötzliche, ausgeprägte Zunahme von Dyspnoe, Husten oder Sputum
  • Auftreten von Fieber, neuer oder stärkere Brustschmerz, Zyanose, Verwirrtheit, Hinweise auf Pneumonie oder Lungenembolie

In diesen Fällen sollte immer eine ärztliche Abklärung erfolgen.

Rauchstopp und Prävention

Der Verzicht auf Tabakrauch ist die mit Abstand wirksamste Maßnahme, um das Fortschreiten der Erkrankung zu bremsen. In der Apotheke besteht deine Aufgabe in der:

  • wiederholten, motivierenden Gesprächsführung
  • Auswahl und sicheren Anwendung von Nikotinersatzpräparaten
  • Erfassung und Unterstützung der Tabakentwöhnung auch bei Rückfällen

Alternativprodukte zum Rauchen (E-Zigaretten, Tabakerhitzer) sind allenfalls als sekundäre Option zu betrachten und sollten kritisch besprochen werden.

Impfungen und Komorbiditäten

COPD-Patient:innen profitieren besonders von der jährlichen Grippeimpfung sowie der Pneumokokken-Impfung. Prüfe zudem, ob alle STIKO-empfohlenen Impfungen gemäß Lebensalter und Vorerkrankung aktuell sind.

Weitere wichtige Komorbiditäten sind kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes mellitus, Osteoporose, Depressionen und Angststörungen, Schlafstörungen und Niereninsuffizienz. Bei Polypharmazie ist eine strukturierte Interaktionsprüfung besonders wichtig.

Wichtig: Beta-Blocker dürfen bei klarer kardiologischer Indikation nicht aus genereller Angst vor Bronchokonstriktion pausiert oder abgesetzt werden – hier ist eine interdisziplinäre Rücksprache sinnvoll.

Besondere Betreuungssituationen

Sauerstofflangzeittherapie oder nichtinvasive Beatmung sind Spezialtherapien, in die du im Apothekenalltag immer mehr eingebunden wirst – besonders hinsichtlich Adhärenz, Alltagsroutinen, Hygienemaßnahmen, Brand- und Sicherheitsaspekten. Wichtige Ansprechpartner sind hier auch spezialisierte Hilfsmittelanbieter.

Nach Klinikentlassung zählt der Medikationsabgleich zu den entscheidenden Aufgaben — Doppelverordnungen, Gerätewechsel, kurzfristige Übergangsmedikation und unklare Arztanordnungen müssen klar adressiert werden; bei Unsicherheiten sollte Rücksprache mit Ärzt:innen oder anderen Fachstellen erfolgen.

Interaktionen und arzneimittelbezogene Probleme

Typische Interaktionsquellen und Risiken findest du u.a. bei:

  • Anticholinergika (Kombination = additive Nebenwirkungen: Mundtrockenheit, Harnverhalt, Obstipation)
  • Beta-Agonisten (Vorsicht bei kardiovaskulären Erkrankungen! Gefahr von Tachykardien, Rhythmusstörungen)
  • Mögliche Interaktionen bei Antibiotika (insbesondere Makrolide/Chinolone: QTc-Verlängerung, CYP-bedingte Interaktionen) und systemischen Steroiden (Immun- und Stoffwechselrisiken)

Achte immer auf die Gesamtliste der verordneten Arzneimittel und besonderen Risikoprofile in der individuellen Situation.

Zusammenfassung

  • COPD ist eine fortschreitende Atemwegserkrankung mit relevanter Beeinträchtigung von Lebensqualität und Prognose.
  • Die Dauertherapie stützt sich auf individualisierte Bronchodilatation, Adhärenzkontrolle und den gezielten Einsatz weiterer Wirkstoffe je nach Symptomatik und Exazerbationsrisiko.
  • Die Apotheke spielt eine zentrale Rolle in der Schulung der Inhalationstechnik, bei Adhärenz und Monitoring, Impfausweis, Interaktionskontrolle und bei Gesprächen zur Raucherentwöhnung.
  • Besonders zu beachten sind Warnzeichen für Exazerbationen, die sichere Anwendung und Schulung von Inhalationssystemen, das strukturierte Monitoring und die Beratung zu Lifestylefaktoren.
  • Eine enge Zusammenarbeit mit Ärzt:innen und ggf. weiteren Gesundheitsfachberufen ist für den optimalen Verlauf entscheidend.

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