Gesundheitsförderung und Prävention

Begriffsbestimmung: Gesundheitsförderung und Prävention

Gesundheit umfasst weit mehr als das bloße Ausbleiben von Krankheiten. Sie bezeichnet das körperliche, psychische und soziale Wohlbefinden. In der öffentlichen Apotheke bedeutet Gesundheitsförderung, Patienten in die Lage zu versetzen, aktiv für ihre Gesundheit einzutreten – durch Aufklärung, Motivation und den Zugang zu geeigneten Maßnahmen.

Während Gesundheitsförderung auf die Stärkung von Ressourcen, Fähigkeiten und Gesundheitskompetenz zielt, bedeutet Prävention die Vermeidung, Früherkennung oder Begrenzung von Krankheiten und deren Folgen. Die Bereiche überschneiden sich in der Praxis häufig, lassen sich aber für das strukturierte Arbeiten gut unterscheiden.

Präventionsstufen: Einordnung und Beispiele

Prävention gliedert sich nach Zielsetzung und Zeitpunkt üblicherweise in drei Stufen:

  • Primärprävention: Verhindert das Auftreten von Krankheiten durch Risikoreduzierung (z.B. Impfungen, Lebensstilberatung).
  • Sekundärprävention: Früherkennung und möglichst frühe Behandlung von Erkrankungen, um eine Verschlimmerung zu verhindern (z.B. Screening, Blutdruckmessung).
  • Tertiärprävention: Begrenzung von Folgeschäden und Komplikationen bei bereits bestehenden Erkrankungen (z.B. Schulung bei Diabetes zur Vermeidung von Spätfolgen).

Die nachfolgende Tabelle gibt einen schnellen Überblick:

Präventionsstufe Ziel Typisches Apothekenbeispiel
Primärprävention Krankheitsentstehung verhindern Impfberatung, Ernährungs- und Bewegungsberatung
Sekundärprävention Früherkennung, Progression begrenzen Blutdruckmessung, Risiko-Screening
Tertiärprävention Folgeschäden vermeiden, Lebensqualität stärken Schulung chronisch Kranker, Adhärenzförderung

Rechtliche Rahmenbedingungen und apothekenübliche Präventionsaufgaben

Prävention und Gesundheitsförderung sind als Teil der apothekenüblichen Dienstleistungen rechtlich klar umgrenzt. Die wichtigsten Grundlagen bilden das Sozialgesetzbuch, das Infektionsschutzgesetz sowie die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO).

Zu den typischen pharmazeutischen Aufgaben zählen:

  • Beratung zu gesunder Lebensführung (Ernährung, Bewegung, Stress, Schlaf)
  • Information zu staatlichen Vorsorge- und Impfangeboten
  • Durchführung einfacher Messungen (z.B. Blutdruck, Blutzucker, Cholesterin), sofern keine Diagnosestellung erfolgt
  • Förderung der Arzneimittelsicherheit (z.B. Adhärenz, Interaktionscheck)
  • Erkennen arzneimittelbezogener Probleme, rechtzeitige Weiterleitung an einen Arzt bei Warnzeichen

Die Beratung und alle Messungen erfolgen immer innerhalb der gesetzlichen Grenzen: Kein Ersatz ärztlicher Diagnostik, sondern Begleitung und Information im Rahmen der kompetenten Arzneimittelversorgung.

TipRolle der Apotheke

In der Apotheke dürfen Gesundheitschecks und Screenings nur zur Orientierung und zur Motivation für eine ärztliche Abklärung angeboten werden. Bei auffälligen Werten oder Warnsymptomen muss eine kompetente Weiterleitung zum Arzt erfolgen.

Strukturierte Beratung in der Präventionspraxis

Das strukturierte Vorgehen in der Präventionsberatung umfasst folgende Schritte:

  1. Anliegen und Risikofaktoren erfassen: Nachfragen zu Lebensstil, Vorerkrankungen, aktuellen Beschwerden, Medikationsplan, Familienanamnese und individuellen Anliegen.
  2. Risikoeinschätzung: Gibt es Warnzeichen oder Besonderheiten, die an einen Arzt weitergeleitet werden sollten? Typische Warnzeichen sind unerklärliche Gewichtsabnahme, schwere Müdigkeit, anhaltende Beschwerden, Verdacht auf Nebenwirkungen, komplexe Polymedikation oder besondere Situationen (z.B. Schwangerschaft, Kindheit, Multimorbidität).
  3. Auswahl evidenzbasierter Maßnahmen: Vermittlung nicht-medikamentöser Empfehlungen wie Bewegung oder Ernährungsumstellung, Information zu staatlichen Vorsorgeprogrammen, ggf. Arzneimittelberatung (Dosierung, Anwendung, Wechselwirkungen).
  4. Klare Nutzen-Risiko-Kommunikation: Laienverständlich erklären, welche Empfehlungen warum sinnvoll sind und wo gegebenenfalls Grenzen liegen.
  5. Dokumentation: Beratungsverlauf und besondere Vorkommnisse werden gemäß Apotheken-QMS festgehalten.

Typische Präventionsangebote und ihre Umsetzung in der Apotheke

Lebensstilberatung

Zu den häufigsten Themen der Lebensstilberatung gehören:

  • Bewegung: Motivation und realistische Tipps für den Alltag*
  • Ernährung: Grundsätze ausgewogener Ernährung, ggf. Produkte zur Nährstoffergänzung*
  • Gewichtskontrolle: Hinweise zu gesunder Gewichtsreduktion
  • Tabakentwöhnung: Information über Hilfsmittel und Motivationstechniken
  • Alkoholreduktion: Risiken erläutern und Unterstützungsangebote aufzeigen
  • Schlaf und Stressbewältigung: Tipps zur Schlafhygiene, Entspannungstechnik empfehlen

*Bei Bedarf kann die Beratung auch den Bezug zu bestimmten Arzneistoffen/Arzneimittelgruppen herstellen (z.B. Wechselwirkungen bei Grapefruit mit Statinen oder bestimmte Vitamine bei veganer Ernährung).

Gesundheitschecks und Screenings

Blutdruckmessung, Blutzucker-Schnelltest oder Cholesterinmessung sind häufig nachgefragte Leistungen. Sie dürfen in der Apotheke nach festgelegtem Standard und nur orientierend durchgeführt werden.

Wichtige Punkte hierbei:

  • Kunden vorab über Zweck und Aussagekraft der Messung aufklären.
  • Werte laienverständlich erklären, keine medizinische Diagnose stellen.
  • Bei Grenzwerten oder Auffälligkeiten deutlich zur ärztlichen Abklärung raten.
  • Standardisierte Protokollführung und Dokumentation gewährleisten.

Impfprävention

Die STIKO-Empfehlungen liefern die Grundlage für Impfberatung in der Apotheke. Deine Aufgaben:

  • Informationen zu Impfabständen, Auffrischungen und Impflücken vermitteln.
  • Kunden auf ausstehende oder empfohlene Impfungen hinweisen.
  • Nach aktueller Rechtslage (ab 2024) dürfen Apotheken bestimmte Impfungen – z.B. gegen Grippe oder COVID-19 – auch selbst durchführen. Hierzu zählt Voraussetzungserfüllung (Schulungen, Notfallmanagement, Einhaltung der Indikationsstellung nach ärztlichem Ermessen und Dokumentation).
  • Bei Unsicherheiten oder Kontraindikationen: immer Rücksprache mit dem behandelnden Arzt.

Arzneimitteltherapiesicherheit

Großen Stellenwert nimmt die Schulung zur korrekten Arzneimittelanwendung sowie das Erkennen und Vermeiden von arzneimittelbezogenen Problemen ein:

  • Adhärenz fördern (z.B. Einnahmepläne, Dosierhilfen erklären)
  • Mögliche Interaktionen oder Nebenwirkungen besprechen (z.B. NSAR und Blutdruck, Statine und CYP-Inhibitoren)
  • Auf Risiken bei Selbstmedikation hinweisen

Grenzen der Apothekertätigkeit

  • Keine ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung
  • Bei Warnsymptomen, Therapieversagen, besonderen Risikogruppen oder Unsicherheit → immer an Arzt verweisen
  • Durchführung von Screenings und Check-Ups nur im Rahmen der rechtlichen Vorgaben
  • Klare Trennung zwischen freiwilligem Service und ärztlich delegierten Aufgaben beachten (z.B. COVID-Testung, Impfungen)

Qualitätsmanagement und Dokumentation

Alle Präventionsleistungen müssen qualitätsgesichert erfolgen:

  • Anwendung standardisierter Verfahren
  • Regelmäßige Schulungen, vor allem für neue Serviceangebote
  • Dokumentation gemäß Apothekenbetriebsordnung (insbesondere bei Messungen/Impfungen)
  • Klare Kommunikation der eigenen Kompetenzgrenzen gegenüber dem Kunden
TipTypische Beratungsfragen im Apothekenalltag
  • Welche Impfungen sind für Erwachsene/Kinder aktuell empfohlen?
  • Ist meine Blutdruckmessung in der Apotheke ausreichend, oder sollte ich zum Arzt?
  • Welche Arzneimittel beeinflussen den Stoffwechsel/Blutzucker?
  • Wie kann ich gesund abnehmen, ohne Nahrungsergänzungsmittel zu überdosieren?

Zusammenfassung

  • Gesundheitsförderung und Prävention sind zentrale Aufgaben der Apotheke und beinhalten sowohl Lebensstilberatung als auch Früherkennung und Begleitung bei Erkrankungen.
  • Unterscheide zwischen Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention und wähle präventive Maßnahmen abhängig von der individuellen Risikosituation des Kunden.
  • Rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen bestimmen, welche Präventionsmaßnahmen in der Apotheke möglich sind.
  • Stets Hinweise auf die Grenzen der eigenen Tätigkeit geben und in kritischen Fällen eine ärztliche Mitbeurteilung einfordern.
  • Klare, strukturierte Kommunikation, Dokumentation und stetige Fortbildung sichern die Qualität der Präventionsarbeit in der Offizin.

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