Hämorrhoidalleiden (Hämorrhoiden)
Krankheitsbild
Hämorrhoidalleiden entsteht, wenn die normalen Gefäßpolster (Plexus haemorrhoidalis) im Analkanal krankhaft vergrößert sind und Symptome verursachen. Diese Gefäßpolster dichten zusammen mit dem Schließmuskel den Enddarm ab – erst bei ausgeprägter Schwellung, Schleimhautvorfall oder Entzündungen spricht man von einer Erkrankung.
Typische Beschwerden umfassen:
- Juckreiz und Brennen im Afterbereich
- Nässen, Stuhlschmieren und manchmal analer Hautausschlag
- Schmerzlose, hellrote Blutungen beim oder nach dem Stuhlgang
- Druckgefühl, Fremdkörpergefühl oder das Gefühl unvollständiger Entleerung
- Schmerzen treten meist nur bei Komplikationen, z. B. Thrombosen, Fissuren oder Entzündungen, auf
Die häufigsten Auslöser sind chronische Verstopfung mit starkem Pressen, langes Sitzen, Übergewicht, genetisch bedingte Bindegewebsschwäche sowie hormonelle Einflüsse, zum Beispiel in Schwangerschaft oder Wochenbett.
Das Ziel der Selbstmedikation ist eine rasche Linderung der Symptome wie Juckreiz und Schmerzen, die Unterstützung der Selbstheilung, die Verhinderung von Komplikationen und die Verbesserung der lokalen Hautverhältnisse. Eine Rückbildung ausgeprägter oder prolabierender Hämorrhoiden ist durch Selbstmedikation nicht zu erwarten.
Wichtig: Selbstmedikation ist nur bei leichten Verlaufsformen (Grad I–II) und fehlenden Warnzeichen sinnvoll. Blut im Stuhl oder starke Schmerzen müssen immer ärztlich abgeklärt werden.
Pharmazeutische Anamnese
Für die Auswahl der passenden Therapieoption in der Selbstmedikation klärst du folgende Punkte im Beratungsgespräch:
- Beschwerdebild: Was genau liegt vor? (Juckreiz, Brennen, Nässen, Blutung, Schmerzen, Schwellung)
- Dauer und Verlauf: Seit wann bestehen die Beschwerden? Haben sie sich verändert oder verschlechtert?
- Schweregrad: Sind die Symptome eher leicht, mäßig oder stark? Beeinträchtigen sie den Alltag?
- Begleitsymptome: Fieber, ausgeprägte Schmerzen, tastbare Knoten, veränderte Stuhlgewohnheiten, Gewichtsverlust?
- Vorerkrankungen: Gibt es Darmerkrankungen, frühere Analerkrankungen, Gerinnungsstörungen?
- Risikogruppen: Schwangerschaft, Stillzeit, Alter, Kinder, bekannte Immunsuppression?
- (Selbst-)Medikation: Welche Arzneimittel werden aktuell eingenommen? Finden sich bereits Analgetika, blutverdünnende Arzneimittel oder kortisonhaltige Präparate in Gebrauch?
Durch die strukturierte Anamnese erkennst du Warnzeichen, Differenzialdiagnosen und entscheidest, ob und welche Selbstmedikation möglich ist.
Nichtmedikamentöse Basismaßnahmen
Die wichtigste Basis ist die Stuhlregulation:
- Ausreichende Flüssigkeitsaufnahme (mind. 1,5–2 Liter/Tag, außer bei Gegenanzeigen)
- Ballaststoffreiche Ernährung: Obst, Gemüse, Vollkornprodukte
- Bewegung zur Förderung der natürlichen Darmtätigkeit
- Gewichtsnormalisierung bei Übergewicht
- Defäkationsverhalten optimieren: Pressen vermeiden, möglichst kurz auf der Toilette verweilen
- Sanfte Analhygiene (kein übermäßiges Waschen, keine reizenden Seifen)
- Sitzbäder (z. B. mit lauwarmem Wasser, ggf. Kamille) können Juckreiz und Reizungen kurzfristig lindern
Arzneimittel
Lokalanästhetika
Wirkmechanismus
Lokale Anästhetika blockieren spannungsabhängige Natriumkanäle in Nervenendigungen. Dadurch wird die Erregungsleitung unterbrochen und die Empfindung für Schmerzen und Juckreiz im Analbereich kurzfristig reduziert. Sie adressieren ausschließlich die Symptomlinderung und wirken nicht kausal auf das Hämorrhoidalleiden.
Arzneistoffe
- Lidocain
- Polidocanol
- Cinchocain
Typischerweise als Salben, Zäpfchen, Cremes oder Analtampons verfügbar. Oft in Kombinationspräparaten enthalten.
Beratung
- Anwendung je nach Präparat meist 2–3× täglich nach dem Stuhlgang und Analhygiene dünn auftragen
- Kurzfristige Anwendung (meist max. 5–7 Tage, siehe Packungsbeilage)
- Achtung auf Sensibilisierungen/Kontaktallergien: Bei Hautreaktionen absetzen!
- Nicht bei offenen Wunden anwenden
- Anwendung bei Schwangeren und Stillenden nur mit besonderer Vorsicht und nach Rücksprache
- Bei Kindern kontraindiziert
Adstringenzien (Gerbstoffe)
Wirkmechanismus
Adstringierende Substanzen führen zur Eiweißfällung und Verdichtung der oberflächlichen Haut- und Schleimhautschichten, vermindern die Sekretion und wirken schwach antientzündlich. Dies führt zu einer gewissen Trockenlegung und Beruhigung gereizter Analschleimhaut.
Arzneistoffe
- Hamamelisrinde (Hamamelis virginiana)
- Eichenrinde (Quercus robur)
- Zinkoxid, Basisches Bismutgallat
Verabreicht als Salben, Cremes, Sitzbäder oder Zäpfchen.
Beratung
- Je nach Präparat 2–3× täglich lokal anwenden, insbesondere nach dem Stuhlgang
- Kontakt mit Schleimhäuten und offenen Läsionen vermeiden (evtl. Reizungen)
- Häufigkeit und Dauer gemäß Packungsbeilage, in der Regel auch für Schwangere und Stillende nach Rücksprache möglich
- Kontaktallergien möglich
Glukokortikoide (niedrig dosiert, lokal)
Wirkmechanismus
Topische Glukokortikoide wie Hydrocortison schwächen lokale Entzündungsprozesse ab, reduzieren Schwellung, Juckreiz und Brennen, indem sie an nukleäre Glukokortikoid-Rezeptoren binden und so die Bildung von Entzündungsmediatoren hemmen. Sie wirken vorübergehend, heben aber die Grunderkrankung nicht auf.
Arzneistoffe
- Hydrocortison (max. 0,5–1 % in Salben oder Zäpfchen)
Beratung
- Nur kurzfristig (max. 7 Tage), ansonsten Gefahr von Hautatrophie und lokalen Nebenwirkungen
- Dünn auftragen nach Stuhlgang/Analhygiene
- Nicht großflächig, nicht auf offene Läsionen
- Kontraindikation: bakterielle, virale oder Pilzinfektion, Schwangerschaft nur nach Rücksprache
- Kinder: Anwendung in der Regel kontraindiziert
Systemische Venentonika (Supportiv)
Wirkmechanismus
Venentonika wie Flavonoide oder Saponine stärken Gefäßwände, vermindern Flüssigkeitsaustritt und Ödeme sowie Mikroentzündungen, was zu einer Schwellungsminderung beitragen kann. Aufgrund der begrenzten Datenlage ist ihr Nutzen individuell unterschiedlich.
Arzneistoffe
- Rutosid (ein Flavonoid)
- Aescin (aus Rosskastanie)
- Troxerutin
Verabreichung als Tabletten oder Kapseln.
Beratung
- Einnahme jeweils mit ausreichend Wasser, gemäß Packungsbeilage
- Wirkungseintritt meist erst nach Tagen bis Wochen
- In Schwangerschaft/Stillzeit Anwendung kritisch beurteilen, ggf. ärztliche Rücksprache notwendig
- Mögliche Nebenwirkungen: Magen-Darm-Beschwerden, selten Überempfindlichkeitsreaktionen
- Keine Selbstmedikation bei Kindern
Ab wann zum Arzt?
- Warnzeichen: Starke Schmerzen, Fieber, ausgeprägte Blutung, anhaltendes Nässen, eitrige Sekretion, tastbarer harter Knoten, ausgeprägter Schleimhautvorfall
- Dauer: Beschwerden >7 Tage oder häufig wiederkehrend
- Erstmanifestation oder unklare Symptomatik
- Blut im Stuhl – immer abklärungsbedürftig, insbesondere in Kombination mit Gewichtsverlust, Leistungsabfall, veränderten Stuhlgewohnheiten oder Anämiezeichen
- Risikogruppen: Kinder, Schwangere, ältere Menschen, Immunsupprimierte
- Zustand nach erfolgloser Selbstmedikation oder Verschlechterung der Beschwerden
Zusammenfassung
| Zentrale Symptome | Wirkstoffklassen | Kernaussagen zur Beratung |
|---|---|---|
| Juckreiz, Brennen | Lokalanästhetika (z. B. Lidocain) | Lokal und kurzzeitig anwenden, allergische Reaktionen beachten |
| Hellrote Blutung | Adstringenzien (z. B. Hamamelis) | Kombinierbar, besonders bei nässenden Läsionen |
| Nässen, Fremdkörpergefühl | Glukokortikoide (Hydrocortison) | Nur maximal 7 Tage, nicht auf offene Läsionen, nicht bei Kindern |
| Perianale Reizung | Venentonika (Aescin, Rutosid) | Systemisch nur nach Aufklärung, Wirkung meist verzögert |
| Nichtmedikamentös: Stuhlregulation, Analhygiene, Sitzbäder | ||
| Blutung, starke Schmerzen, Kinder/Jugendliche: immer ärztlich abklären |
Jede anhaltende oder wiederkehrende Blutung aus dem Analkanal sowie starke Schmerzen beim Stuhlgang müssen immer einer ärztlichen Abklärung zugeführt werden.
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